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Fruchtbare Schäume – Mythologisches Zwischenspiel
ОглавлениеSobald man vor die Epoche volksontologisch und substanzmetaphysisch motivierter Schaumverachtung zurückgeht, zeigt sich die Relevanz der Figur des „fruchtbaren Schaums“.
Hesiod hat um 700 vor Christus, in der Erzählung von der Schaumgeburt der Göttin Aphrodite, die Liaison von Schaumgeburt und generativer Potenz für die westliche Überlieferung unvergesslich gemacht. Dem Dichter gelingt das Denkbild eines Schaums, dem nicht nur Formkraft zukommt, sondern auch Geburtsfähigkeit und generative Wirksamkeit zu Schönem, Reizvollem, Vollendetem.
Auch im altindischen Mythos vom Beschluss der himmlischen den Ozean durch Verquirlung zum Schäumen zu bringen, um daraus den Nektar der Unsterblichkeit zu gewinnen. In den indischen Erzählungen wird deutlich, dass sie eine Handlung präsentieren der unter alchemistischen Zügen ein unverkennbarer Produktions -charakter zukommt: aus der Erzeugung aus Schaum tritt die Erzeugung von Schaum hervor. Die Analogie zur Butterzubereitung drängt sich hier auf – zumal in einer Kultur die Gussspenden aus Butter ins Opferfeuer zur Götterehrung einbrachte.
Das Lufteinschlagen in die Substanz dient der Ausfällung des Substanziellen aus der Substanz. In dieser ersten Theorie wird man den magischen Zugriff auf das Wesen des Wesens wagen, um die Macht aus der Macht herauszufiltern.
Auch der ägyptische Schöpfungsmythos kannte das Bild eines kosmischen Speichelschaums. Der Mund des Gottes Atum wird als erster Regungsherd oder Urgefäß bezeichnet in dem Feuchtigkeit und Luft erzeugt und ineinander verschränkt wurden, bis beides den Mund verließ, um alle weiteren Kreaturen hervorzubringen.
Nicht erste Unterscheidungen und „Es-werde-Befehle“ kamen aus dem Göttermund, sondern eine schaumige, bimaterielle prima materia.
Immerhin bereiten solche Ansätze von ferne her einen Begriff von Aphrogenie vor, der ermutigt, nicht nur nach Göttererzeugung zu fragen, sondern auch nach einer Mensch-entstehung aus Luftigem, Schwebendem, Gemischtem, Inspirierten. Es bleibt im folgenden zu zeigen, dass Schaum -in einem zu konsolidierendem Sinne des Wortes- die Matrix der humanen Tatsache insgesamt bildet. Wir sind der Stoff, aus dem die Schäume gemacht sind.