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air / condition
Оглавлениеsurrealismus gehorcht dem imperativ:
modern besetzen will symbolische
dimensionen einnehmen
sein Ziel
schöpferische prozesse explizit machen
ihre quellgebiete technisch aufzuschließen
bewußte existenz
kontexttauchen in multi-mileu-gesellschaften
lieben „taucherausrüstungen“
soziale raumkapseln physisch-mentaler-immunität
sicherungen gegen systemische risiken technischer atmosphären
der technische zugang zum anderen Element ist alleine noch offen
phobischen zirkel:
angstüberwindung durch angsterzeugende technik
doch angst liefert auch schub für den fortgang vergeblicher prozesses
vornehmer:
sie fordert grundlagenforschung innovation in permanenz
die ästhetische moderne ein verfahren der gewaltanwendung
weder gegen personen noch sachen sondern
gegen ungeklärte kulturverhältnisse
ein prozeß der kein zurück zum bisher implizit
voraussetzbaren erlaubt
denn indoors-situationen benötigen zwingend
unterstützende „luftversorgungssystem“
atembare Luft wo auch immer:
physikalisch metaphorisch
atmen-notwendigkeit soweit die lunge reicht
in kulturellen motivations- und sorgenräumen
homo sapiens: zögling der luft
kulturwissenschaften des 20.jhrdt
von der beatmung sinn-abhängiger lebewesen
durch informierende und imperative milieus
technisch-naturwissenschaftlich-militärisch-juristisch-
architektonisch-bildnerische aspekte genießen
schwer einholbare vorsprünge vor kulturtheoretische begriffsbildung
am weitesten ausgearbeitet und alltagsrelevante
der wettebericht die „klimatologische lagebesprechung“
großkommunen werden dorfartige nachbarschaften
„das“ für die jahreszeit nicht das passende wetter ist
massen verwandeln sich zwischen heiligabend
und epiphanias zu wetterdissidenten
wetter läßt sich in rein naturwissenschaftlicher
haltung darstellen ohne rückgriff auf eine
transzendente intelligenz
der gott neuzeitlicher europäer ist klima-inaktiv
meterologie im bündnis mit progressiver subjektivierung
des wetters:
klimatische gegebenheiten beziehen sich immer mehr
auf die bevölkerungen denen das wetter in bezug auf ihre projekte
nicht gleichgültig ist
neuzeitliche menschen sind wetterklienten und wettermitverursacher
erlauben sich jetzt einzelurteile wo frühere stummer ergebenheit war
europäische kulturen - klimamächte -
im wetter begegnet man eigenen aktivitäten
als atmosphärendesigner und klimawärter
bitte nicht verwechseln mit heideggers „hüter des seins“
hier begegnet man der spur
eines zivilisatorischen projekts:
des erleichterten zugangs zu fossilen brennstoffen
den objektiven stützen der frivolität
ohne sie keine globale konsumgesellschaft
keinen automobilismus keinen weltmarkt für fleisch und mode
es gilt auch ohne natürlich-primären treibhauseffekt
eiswüste und leben:
nebeneffekt klimatischer verwöhnung
die verwöhnten leichtsinnig genug
ihre verwöhnung aufs spiel zu setzen
setzten auf risiko:
anthropogene übererwärmung
oder
zwischeneiszeit
vom 18. – 20. jhrdt die „entdeckung des offenkundigen“
ein zweiter griff nach popularisierung vormals
herrschaftlich-luxeriösen-frivolen
und aromatechnischen modifikation der atmosphäre
der übergang ins offensive air design
die verspätete einsicht:
menschliches In-der-welt-sein ist immer ohne ausnahme
in-der-iuft-sein
die gestaltung von atemumgebungen dehnt innenarchitektur auf
unmerkliche lebensmilieu des gas- und aroma-envierement aus
konsum und ereignisgesellschaft wird in treibhaus-passagen erfunden
wohnsucht sagt Benjamin
der unwiederstehliche trieb in beliebigen umgebungen „ein gehäuse zu prägen“
das „überzeitliche“ bedürfnis der uterus-simulation
das 20. Jhrd. großbauten un-wohnlich wohnlich
von häuslichkeit freigesprochen
Canetti lobt an Broch:
das vermögen jeden menschen ökologisch aufzufassen:
jede person eine singuläre existenz in eigener atemluft
von unverkennbarer klimahülle umgeben
in einen persönlichen „atemhaushalt“ eingegliedert
die vielfalt unserer welt zum guten teil auch aus der
vielfalt unserer atemräume
entfremdungsmotiv der moderne:
die atmosphärische getrenntheit einschluß in eigene „atemhaushalte“
schwererreichbarkeit durch die
andergestimmten andersumhüllten andersklimatisierten
zerspaltenheit der sozialen welt
in füreinander unzugänglichen eigensinn-zonen
ist das moralische analogon zur mikroklimatischen
„zersplitterung der atmosphären“
die ihrerseits einer zersplitterung der „wertewelt“ entspricht
Canetti erkennt in Broch:
den prophetischen warner
von einer menschheits-gefährdung ohne beispiel
im metaphorisch-physikalischen sinn
vom atmosphärischen her droht:
der wehrlosigkeit des atems
luft: die letzte allmende
sie kommt allen zu
auch der ärmste darf von ihr nehmen
dieses letzte uns allen gemeinsam
soll uns alle gemeinsam vergiften
der atmoterrorismus des ersten weltkrieg
habe sich nach innen gewendet
aus der gemeinsam geatmeten luft
dem äther des kollektiven
wird künftig die wahnverfallende gemeinschaft
den giftkrieg gegen sich selber führen ...soweit Broch
dämmerzustände
trendbefolger bewegen sich unter trance
toxische kommunion hält zusammen
identität durch gemeinsame bedrohtheit in der luft
totalitäre zirkuläre kommunikation
sie ist erfüllt von siegesträumen
gekränkter massen
rauschhaften emperie-fernen selbsterhöhungen
das verlangen nach erniedrigung ihrer gegner folgt wie ein schatten
leben im medienstaat
aufenthalt in von erlebnisgiften animierten gaspalast
die einzelnen: „schlafwandler“ im „sozialen tagtraum“ ihrer organisation
wie ferngesteuert zu bewegen sammeln sich unter parolen
und fahnen wie miteigentümer an luftschlössern
Brochs prophylaxe der mitgerissenheit:
lebbare rationalität eines „offenen systems“
alias demokratie oder gewaltenteilung der paniken und hysterien:
eine besiegung des siegs
und den siegestaumel ersetzen durch siegestrauer