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Zur Einstimmung eine Kurzfassung für „nur Band III-Leser“. Sloterdijk möchte in diesem dritten Band der Erwartung nachkommen, dass dieser ohne Vorkenntnisse aus den ersten Bänden zu lesen sei. Sein gesamtes Vorhaben der drei Bände sei auch am besten von seinem abschließenden Pol her zu überblicken.

Band I –Blasen- ist die große Basis-Erzählung zur ersten Sphäre in der für uns alle, alles beginnt, eine geschützte Innen-Brüter-Sphäre, sorgsam abgeschottet und sie doch spürend, die schon lange vor mir wogenden-tobenden Außen-Sphären. Und doch entwickelt sich im Innen ein Lauscher an der Wand, in dem Drängendes wächst -ein Zug ins Außen-. Hin zu einem In-der-Welt-sein, d. h. einem Leben im Außen, das Innenwelten trägt.

Sphäre ist "der" Grundbegriff, der sich über die drei Bände in topologische (Lage, Ort), anthropologische (menschliche Entwicklung), immunologische (umfassend: mich/uns „schützend“) und semiologische (Sprache, Zeichen) Bedeutungsaspekte verzweigt.

Das nahe Zusammen-Sein von Menschen mit Menschen stiftet ein bisher zu wenig beachtetes Interieur, eine Mikrosphäre. Ein empfindlich und lernfähiges, ein seelen- räumliches –wenn man will moralisches-Immunsystem in dem die Wir-Immunität gegenüber der Ich-Immunität das tiefere Phänomen verkörpert.

Das "Wir-Gefühl" –minimal die Zwei- ist die Basis, das tiefere Gefühl, gegenüber der Eins des "Individualismus", weil wir schon in den neun Monaten nicht alleine sind. Ein AUCH -das werdende Kind- umhegt-versorgt von einem MIT -der Plazenta-, unser erstes direktes "Gegenüber", bilden „zu zweit“ die erste und "ideale" Sphäre. Meine stille, fast vergessene, lebenslange Sphären-Blaupause. Vielleicht ist sie es, wenn man sagt, oder wenn ich glaube: Ich sei von allen guten Geistern verlassen.

„Nichts ist im Großen was nicht im Kleinen angelegt ist.“

Eine wie Sloterdijk selber sagt: spekulative Philosophie zu der eine „neue“ Sprachsensibilität gehört, deren Evidenz aber seit langem Formen annimmt. Schon Sokrates lehrte Mäeutik -Hebammenkunst-, längst vergessene Traditionen begruben die Plazenta im Garten unter einem Lebensbaum und in unseren Tagen war es Alfred A. Tomatis, der die wiedererkennbare Mutterstimme „vom ersten Tag an“ zu einer verbreiteten Therapieform entwickelte. Außerdem Hannah Arendt über die Geburtlichkeit, Ludwig Janus „Das Seelenleben des Ungeborenen“ oder Tatiana Shchyttsova „Jenseits der Unbezüglichkeit Geborensein“ um nur einige zu nennen.

Auch Hermann Schmitz mit seiner Neuen Phänomenologie.

Damit verbunden sind seine Ausführungen über das sphärenbedürftige, diese aber (mit)erzeugende, (mit) gestaltende und von Sphären (mit)geformte Wesen, das wir zu schnell, kaum hinterfragt, als Mensch voraussetzen. Selbst unräumliche Verhältnisse wie Sympathie und Verstehen lassen sich in quasi räumliche Verhältnisse übersetzen. Gleichzeitig macht die notwendige, unumgehbare Nähe mit anderen, anfällig für die Auslösung von Primäragressionen.

„Das Bekannte ist selten das Erkannte“. (Hegel) Deshalb wagt er sich mit assoziativem Sprachwerkzeug, tastend, erahnend, mit neuen und frischen Worten an das allen Menschen wiederfahrende Grundereignis – der Werdensklausur in der Mutter- heran. Jede Geburt bringt einen neuen Raumdesigner aus art-typischen Gründen hervor, ist eine Chance zu einem Weltaufgang.

Das nahe Zusammen-Sein von Menschen mit Menschen stiftet ein bisher zu wenig beachtetes Interieur, eine Mikrosphäre. Ein empfindlich und lernfähiges, ein seelen-räumliches –wenn man will moralisches-Immunsystem in dem die Wir-Immunität gegenüber der Ich-Immunität das tiefere Phänomen verkörpert.

Aus dem „Grundstudium von Innen“ kommend wird ein jeder in den Praxisschock gestellt. Ein geburtliches Wesen, dass von nun an ein Leben im Außen mit einem –nur ihm gehörenden- inneren Geheimnis über den idealen Raum führen muss. Im Idealfall gut behütet, ergänzt und inspiriert von „reichen“ Müttern, Vätern und hoffentlich einigen Begleitern mehr. Bald wird es als „reiche Daseinsfürsorge“ im „reichen Sozialstaat“ eine zeitragende Rolle spielen. Gott darf uns verlassen, nur der „Sozialstaat“ nicht. Der antwortet auch konkret.

Die tätowierte Feinfühligkeit, der innere Seismograf für die Abweichungen neuer Räume vom ersten wird im Außen sein Urbegleiter bleiben. Manches mal stört die Fliege an der Wand, oder der Partner, oder der Nachbar, oder die Regierung, gar die ganze komplizierte Welt. Erwachsenwerden bedeutet von nun an, auch in Anders-Räumen klar zu kommen, ein gutes Leben zu führen. Wenn nicht, „platzen“ Blasen.

Das tut es von Beginn an nicht im „freien“ auch nicht natürlich instinktiv mit der Natur. Schon gar nicht alleine, sondern eigenwillig Ergänzungsbedürftig, mit der bleibenden Erinnerung an seinen inneren Begleiter und der ersten traumhaften Sphäre mit ihm.

Das wird ihn wach und unruhig halten und ihm Gestaltungsdrang, -wunsch, -wille, -kraft, -macht als ein typisches Wesensmerkmal "einflüstern". Sie bilden die Basis seiner permanenten Unruhe, Sorge und Hoffnungsdelirien.

Das Zusammenleben von Menschen in einer Welt/ auf einer Erde, entwickelt sich in Sphären. Das ist das Natürliche am Menschen.

Der Mensch ist folglich ein Sphärenwesen. Er überträgt sein Gespür der prä- und perinatalen innen -sphäre, auf alle folgenden postnatalen außen-sphären: Familie, Freunde, Sippe, Dorf, Schule, Beruf, Stadt, Welt. Sie bleibt ihm -Vor-bewußt- der tägliche Begleiter, weil er nicht anders kann, als im ständigen Soll-Ist-Abgleich von innen- und außensphäre seinen Standort in der Welt der Vielfalt zu verorten.

Aus der Differenz entsteht sein inneres, schwankendes Gefühl der Passung und sein Entschluss, diese zu akzeptieren, zu verändern oder am Missverhältniss zu kranken.

Die Größe der Differenz schwankt mit den Komponenten der Sphäre und deren jeweiligem individuellen Bedeutungskranz. Die wesentlichen Komponenten sind:

- topologische (Lage, örtlich, Struktur),

- anthropologische (menschliche Entwicklung),

- immunologische (im weitesten Sinne „schützend“) und

- semiologische (Sprache, Zeichen).

In jedem Fall ist er ein Lebewesen, dass auf Nähe und Teilhabe angelegt ist, auch wenn es entgegen aller Freundschaft, Liebe, Verstehen, Konsens, gelegentlich die Primäragrressionen freisetzt. Sie sind füreinander erreichbar und doch einander transzendent.

Band I ist eine Tauchfahrt in den Abgrund der ontologischen Nervosität für Mitseiende, Andere und Äußere.

Band II beschreibt die Konsequenzen aus dieser Einsicht in die ekstatisch-surreale Natur des erlebten und bewohnten Raums. Eine Erzählung über die Expansion des Seelischen im Zug von imperialen und kognitiven Weltbesetzungen: von der familiären Grundsituation in der Hütte über das Dorf, die Stadt zum Imperium ins finite Universum bis es sich im unbewohnbaren grenzenlosen Raum verliert.

Immer der Frage nachgehend, wie die Psyche Teilhabe am Unzerstörbaren zu finden meint oder -der bergungssuchenden- suggeriert wird: kognitiv und architektonisch.

Wie der anonyme plazentale Genius und der Fötus das erste Paar bilden, so Gott und Seele, wahlweise Kosmos und Einzelintellekt, das letzte.

Die klassische Metaphysik zerbricht daran, dass sie die Sache des Lebens verteidigen will -das naturgemäß nur in der Endlichkeit eines individuierten Immunsystems aufgehoben ist- aber jedes einzelne Leben verneint und private Immuninteressen ignoriert.

Die klassische Metaphysik musste an ihrer inneren Unmöglichkeit, an ihrem eigenen Widerspruch scheitern. Im Widerstreit zwischen Infinität und Immunität wurde und wird auch heute der Urstreit des Denkens, das philosophisch sein möchte, manifest.

Der Band II schließt mit der Erzählung über die dreifache Globalisierung: die erste, die Metaphysische beginnend mit dem „Einen-Schönen-Kugeldenken“, der zweiten, der terrestrischen mit der Welteroberung durch „Weltumsegelung“ in der das Geld –besser der Kredit- an Bord von Schiffen geht und mit Mehrwert rückzahlbar zurückkommt und der dritten, der telekommunikativen, der Weltdurchdringung durch elektronische Simultaneität vom heimischen Sofa aus. Letztere brächte die Menschheit nach Marshall McLuhan in eine supertribalistische „psychische Gemeinschaft“.

Der Band III legt eine Theorie des gegenwärtigen Zeitalters vor unter dem Gesichtspunkt, dass das „Leben“ sich multifokal, multiperspektivisch und heterarchisch entfaltet.

Multifokal: der eine Gott ist sprachlos geworden und viele Stimmen bemühen sich um die Nachfolge;

Multiperspektivisch: die Augen gehen weniger zum Himmel, sondern blicken -oft genug entleert- aus und in alle Richtungen;

Heterarchisch: „Oben“ und „Unten“ haben ihr Amt niedergelegt, nun will jeder „König“ sein.

Nun artikuliert sich das Leben auf ineinander verschachtelten simultanen Bühnen, es produziert und verzehrt sich in vernetzten Werkstätten. Doch was das entscheidende ist: Es bringt den Raum, indem es ist und der in ihm ist, jeweils erst hervor.

Unter der Metapher des Schaums umschreibt Sloterdijk das als eine Republik der Räume.

Weder bei den traditionellen Religionen noch bei den Metaphysikern war die Sache des Lebens- des unschlüssigen Lebens- nicht wirklich in guten Händen. Sie verordneten immer nur das Placebo der Hingabe an eine himmlische Verfassung.

Die alteuropäische Denk- und Lebensform Philosophie ist unleugbar erschöpft. Was folgt: Biosophie? Atmosphärentheorie? Immun- und Kommunsysteme? Theorie der Örter? der Situationen? der Immersionen? der Netzwerke? eine globale Wissensgesellschaft? eine neue Weltreligion?

Noch gibt es keine eindeutigen Favoriten. Aber wo man noch den Verlust an Form beklagt, stellen sich doch Gewinne an Beweglichkeit ein.

Schaum-Welt-Komfort

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