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Naturschäume, Aphrosphären

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Im physikalischen Kontext versteht man unter Schäume Vielkammersysteme von Gaseinschlüssen in feste und flüssige Materialien, deren Zellen durch filmartige Wände voneinander getrennt sind. Der belgische Physiker Joseph Antoine Ferdinand Plateau formulierte wichtige bis heute anerkannte Gesetze für die Geometrie der Schäume die ein Minimum an Ordnung in das scheinbare Chaos schaumartiger Blasenansammlungen trugen.

Die Ecken werden durch drei exakte Filmwände gebildet; je zwei davon bilden einen Winkel von 120 Grad; genau vier Ecken konvergieren in einem Punkt. Die Existenz von Seifenhäuten beruht auf eine Oberflächenspannung des Wassers die schon von da Vinci festgehalten wurde. Der Brite Ch.Vernun Boys stellte die optischen Eigenschaften von nassen und trockenen Schäumen in einer Farbenlehre dar. Dadurch zogen die Wunder des Regenbogens in viktorianische Kinderzimmer.

Im 20. Jhdt trat die Zeit in die Analyse des Schaums ein. Wir lernten, dass Schäume Prozesse sind und dass im Inneren des Vielzellenchaos unaufhörliche Sprünge, Umschichtungen und Reformatierungen geschehen. Diese Unruhe hat eine Richtung – sie führt zu höherer Stabilität und Inklusivität. In diesem aktiven Fachwerk aus labil-stabilen großen Polyedern kann potenziell keine einzige Zelle mehr platzen, ohne das Gesamtgebilde mit ins Nichts zu nehmen.

In dieser tragischen Geometrie ist zwischen den übriggebliebenen ko-isolierten Räumen eine so hohes Maß an Binnenspannung oder Tensigrität erreicht, das ihr gemeinsames Existenzrisiko durch eine Kofragilitätsformel ausgedrückt werden kann. In diesen Schäumen gibt es keine Mittelpunktzelle. In den Raumtheorien der Physik und für Prozesse von galaktischem, ja kosmischem Ausmaß hat das Vielkammern-System und die Schaum-Metapher Karriere gemacht.

Das 21. Jhdt kündigt sich als das century of the foam, als Jahrhundert des Schaums an. Das Thema kommt in immer mehr Wissenschaften zum tragen, aber keine billigt der morphologischen Potenz des Schaums eine größere Rolle zu als die Zell-Biologie. Für sie ist die Entstehung des Lebens aktuell eine „spontane Schaumbildung“. Nach ihr bildeten sich in der Frühzeit der noch unbelebten Erde blasenförmige Hohlräume und sorgten für eine Trennung von Innen und Außen. Sonnenenergie, die durch die Tröpfchen floß führte zu den Gebilden, die lebendige Zellen wurden.

Sie bilden nach der Sprechweise der systemischen Biologie „halboffene Systeme“, die selbst- und umweltsensitive Reaktionsräume prozessieren. Das Geheimnis des Lebens ist mit dem Raum-, dem Sphärengeheimnis eng verbunden. Die Geschichte des Organischen beginnt als Verdichtung und Verkapselung: Unter kugelförmigen Membranen sammelt sich das Mehr, das Leben heißen wird. Der Raum ist unterwegs zum Selbst, das gegen Äußeres Position einnehmen kann. Eigensinn an unerwarteter Stelle.

Sollte schon beim primitivsten Leben der geheimnisvolle Weg nach innen führen?

Schaum-Welt-Komfort

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