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Kapitel 2: IMPERIEN DER WORTE: ATHEN UND ROM

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Allein der Vortrag macht des Redners Glück 1

Lange bevor das gesprochene Wort zu einem staatstragenden und gleichzeitig staatsgefährdenden Instrument des Imperium Romanum werden konnte, lagen die theoretischen Grundzüge der Macht des Wortes bereits vor, eingebettet in platonische Dialoge und in die aristotelischen Analysen der Rhetorik und der Poetik.2 Einige der frühesten umfassenden Versuche, die Rhetorik zu beschreiben und zu definieren, finden sich in den platonischen Dialogen Gorgias und Phaidros, welche die gleichnamigen Protagonisten jeweils mit Sokrates führen.

Vor dem soziopolitischen Hintergrund der zu ihrer Hochblüte entwickelten pólis, dem faktischen Zentrum antiker Rhetorik, wird im Dialog Gorgias anhand der Rhetorik eine ethische Gesamtschau der antiken Welt unternommen, eine dialogisierende tour d’horizon der sittlichen Bestimmung des Menschen. Dabei dient die Rhetorik primär als Mittel, als verbale Reflexionsfläche, um die positiven und negativen Seiten antiker Lebensführung dialogisch widerzuspiegeln, und auch dazu, die Rhetorik selbst autoreflexiv zu beleuchten. Durch die im Kern der Rhetorik angelegte Dialektik gelangen sowohl ihre positiven Aspekte zum Vorschein, wenn sie etwa die Position einer vor absehbarem Unheil eindringlich warnenden Instanz einnimmt, als auch ihre Schattenseiten mit den zahlreichen Facetten und Abstufungen hinsichtlich demagogischen Mißbrauches. Doch obwohl die Rhetorik mit ihrer Spannweite das Ganze der Bestimmung des Menschen umfaßt und sämtliche der ihr innewohnenden rhetorisch-dialektischen Mechanismen zum Austrag gelangen können, bleibt sie im Verhältnis zur Dialektik stets in untergeordneter Position: Im Falle ihres Einsatzes als sprachliches Mittel gewichtig, jedoch harmlos im Falle ihrer Nichtanwendung.

Verbalradikalismus

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