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cc) Administrative Normsetzung

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Eine Regelung, welche die Grenze zur Rechtsnorm überschreitet, kann die Verwaltung nach traditioneller Auffassung nur aufgrund besonderer gesetzlicher Ermächtigung in Form einer Rechtsverordnung oder einer Satzung erlassen.[357] Eine Rechtsverordnung ist ein Rechtssatz, der von der Exekutive aufgrund einer besonderen parlamentsgesetzlichen Ermächtigung erlassen wird (vgl. Art. 80 Abs. 1 GG)[358] und der abstrakt-generellen Charakter hat.[359] Die Verordnungsermächtigung ist damit ein zentrales Instrument zur Verlagerung von Entscheidungsverantwortung von der Legislative auf die ausführende Gewalt, von dem angesichts der Vielfalt der für normierungsbedürftig befundenen Sachgebiete und der gewünschten Regelungstiefe zur Entlastung des Parlaments – und wohl auch zur Wahrung seines Charakters als einer politischen Instanz – in hohem Maße Gebrauch gemacht wird.

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Die Satzung ist den juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsaufgaben zur Wahrnehmung dieser Aufgaben vorbehalten. Sie ist gleichfalls eine abstrakt-generelle Regelung mit Außenwirkung, vermag aber nur für die Personen, die der Selbstverwaltungskörperschaft angehören und damit ihrer Entscheidungsgewalt unterworfen sind, Rechtswirkungen zu erzeugen.[360] Die Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG gelten für Ermächtigungen zum Erlass von Satzungen nicht, auch nicht analog.[361] Wohl aber können die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte in Verbindung mit der Wesentlichkeitstheorie für bestimmte Satzungsinhalte eine spezielle formell-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage fordern.

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Verwaltungsvorschriften enthalten wie Rechtsverordnungen und Gesetze abstrakt-generelle Regelungen, anders als diese begründen sie unmittelbar aber keine Rechte und Pflichten im Außenverhältnis zum Bürger. Sie sind „Innenrecht“, mit dem eine übergeordnete Stelle der Verwaltung untergeordnete Einheiten organisiert und das Verwaltungsverfahren, die Auslegung des Gesetzes und die Ausfüllung von Ermessensspielräumen anleitet.[362] Das Dogma von der fehlenden Außenrechtsqualität bedarf allerdings mehrerer Einschränkungen. Anerkannt ist zunächst, dass Verwaltungsvorschriften über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) eine mittelbare Außenwirkung erlangen können (Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung).[363] Das soll nach der Rechtsprechung sogar dann gelten, wenn tatsächlich noch kein Fall gemäß der Verwaltungsvorschrift entschieden wurde (Verwaltungsvorschrift als „antizipierte Verwaltungspraxis“).[364] In der Rechtsprechung ist außerdem in bestimmten Fällen (vor allem bei komplizierten naturwissenschaftlich-technischen Fragen) die Figur einer „normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift“ anerkannt, die als solche grundsätzlich auch für die Gerichte bindend ist.[365] In der juristischen Dogmatik wird diskutiert, inwieweit sich diese Rechtsfigur verallgemeinern lässt und wie weit die Bindungskraft des „originären Verwaltungsrechts“ reicht.[366]

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