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c) Anpassungsstrategien und -probleme mit Blick auf die Europäisierung

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Die Rechtform des Verwaltungsakts findet auf Unionsebene ihre Entsprechung in der Entscheidung (Art. 288 Abs. 4 AEUV)[383] und stellt damit an sich kein Transformationshindernis dar. Allerdings musste die Dogmatik des Verwaltungs- akts ergänzt werden, um bestimmte Wirkungen im europäischen Binnenraum präziser erfassen zu können. Transnationale[384] Verwaltungsakte entfalten Wirkungen auch außerhalb des jeweiligen Hoheitsgebiets.[385] Ein kohärentes System transnationaler Anerkennung ist bislang freilich Desiderat geblieben,[386] immerhin bestehen aber bereits, wenn auch sehr unterschiedliche, sektorale Regelungen, etwa im Bereich der Produktzulassung[387], des europäischen Migrationsrechts[388] oder des transnationalen Steuerrechts[389].

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Auch das transnationale Aktions- und Kooperationsrecht[390] wird absehbar eine weitere Feindifferenzierung der Handlungsformen erfordern, weil sich bestimmte Interaktionsformen wie netzwerkartig institutionalisierte transnationale Behördenkooperationen[391] bislang mit den tradierten Formen des Verwaltungsvertrags einerseits und des Realakts andererseits nur unzureichend erfassen lassen. Beispiele wären etwa die für den Verwaltungsvollzug kardinalen, aber durch die administrative Handlungsformenlehre bislang nicht durchdrungenen Kooperationsstrukturen im Netz europäischer Wettbewerbsbehörden (§ 50a GWB) oder die internationalen Aufgaben der Bundesnetzagentur im Telekommunikationsrecht (§ 140 TKG). Notwendig ist hier eine produktive Verbindung internationaler Problemlösungserfahrungen mit der formalen Strukturgebung innerstaatlichen Verwaltungsrechts,[392] zu der gerade auch der Kanon rechtsförmlicher Handlungsformen zählt.

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Anfang der 1990er-Jahre wurde die deutsche Handlungsformenlehre durch die Rechtsprechung des EuGH erschüttert, die der (normkonkretisierenden) Verwaltungsvorschrift die fehlende Tauglichkeit attestierte, verbindliche und subjektive Rechte des Einzelnen begründende EG-Richtlinienbestimmungen umzusetzen.[393] Vor diesem Hintergrund ist der deutsche Gesetzgeber verstärkt dazu übergegangen, „technische“ Details des Unionsrechts (wie etwa Grenzwerte) im Verordnungswege umzusetzen. Hierbei hat er vielfach den – hinsichtlich seiner Zulässigkeit umstrittenen – Weg einer Generalklausel gewählt (vgl. z.B. § 6a Abs. 1 WHG)[394]. Richtigerweise wird man davon auszugehen haben, dass derartige Verordnungen in Zusammenschau mit dem (hinreichend bestimmten und seinerseits demokratisch legitimierten) Unionsrecht bei modifizierender Auslegung mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar sind.[395]

Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen§ 74 Grundzüge des Verwaltungsrechts in gemeineuropäischer Perspektive: Deutschland › IV. Verwaltungsrechtliche Institute in der Demokratieperspektive

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