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a) Widerspruchsverfahren
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Vor Erhebung der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts grundsätzlich in einem administrativen Vorverfahren nachzuprüfen (§ 68 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO). Das damit im Prinzip obligatorische Widerspruchsverfahren ist Sachentscheidungsvoraussetzung der bezeichneten verwaltungsgerichtlichen Klagen und dient dem individuellen Rechtsschutz, der Selbstkontrolle der Verwaltung sowie der Entlastung der Verwaltungsgerichte.[541]
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Der Widerspruch, der grundsätzlich binnen eines Monats schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen ist (§ 70 Abs. 1 VwGO), entfaltet – vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO) – aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Hilft die Ausgangsbehörde dem Widerspruch nicht ab (§ 72 VwGO), ergeht ein (gerichtlich anfechtbarer) Widerspruchsbescheid, den nach § 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Regelfall die nächsthöhere Behörde, in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde erlässt (Devolutiveffekt).
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Das Widerspruchsverfahren kann durch Gesetz ausgeschlossen werden (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO), wovon Bundes- und Landesgesetzgeber schon bisher häufig Gebrauch gemacht haben. Eine rechtspolitisch umstrittene jüngere Politik einzelner Länder (z.B. Bayern, Hessen), gegen die allerdings keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen,[542] geht dahin, das obligatorische Widerspruchsverfahren auf Landesebene aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Kostensenkung, aber auch auf der Grundlage empirischer Studien über die mangelne Erfüllung der Selbstkontrollfunktion des Vorverfahrens in der Praxis (weitgehend) abzuschaffen.[543] Funktional entspricht dies dem in der Regel fakultativen „recours administratif“ in Frankreich.[544]