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c) Abschied von der Schutznormtheorie?
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Das Unionsrecht verdrängt den subjektiven Rechtsschutz deutscher Tradition[583] nicht. Es substituiert nicht subjektive Rechte durch Formen entsubjektivierter Klagerechte, sondern tendiert lediglich zu einer Erweiterung des Rechtsschutzes, die einen „Abschied von der Schutznormtheorie“ nicht angezeigt erscheinen lässt. Unionsrechtlich induzierte Weiterungen der Klagebefugnis lassen sich vielmehr im Wege unionsrechtskonformer Auslegung des nationalen Rechts inhaltlich verarbeiten.[584] Hintergrund der abweichenden (extensiveren) Konzeption des Unionsrechts ist, dass dieses den Bürger in stärkerem Maße auch als Interessent und Garant der Durchsetzung objektiver Gemeinwohlbelange wahrnimmt.[585] Dies führt dazu, dass die Schwelle für die Begründung von Rechten des Einzelnen mittels des Kriteriums des individuellen Betroffenseins vergleichsweise niedrig angesetzt und im Einzelfall selbständige Klagerechte auch dort begründet werden, wo es an einer unmittelbaren oder rechtlichen Betroffenheit fehlt.[586]
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Im Unionsrecht begründen beispielsweise – im Kontrast zur deutschen Verwaltungsrechtsdogmatik – Vorsorgebestimmungen, jedenfalls soweit sie auch dem Schutz individualisierbarer Rechtsgüter wie der Gesundheit dienen, subjektive und damit individuell durchsetzbare Rechtspositionen.[587] Ferner wird man im Interesse einer effektiven Durchsetzung des unionsrechtlichen Beihilfenregimes Art. 108 Abs. 3 AEUV dahingehend auszulegen haben, dass diese Bestimmung auch Konkurrenten des Subventionsempfängers schützt. Hinsichtlich der deutschen Aktionspläne im Luftreinhalterecht hat der EuGH mit Recht festgestellt, dass der einschlägige Art. 7 Abs. 3 der Luftreinhalterichtlinie 96/62/EG[588] einem qualifiziert betroffenen Bürger einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erlass eines Aktionsplans verleiht, dieser also eine Direktwirkung entfaltet, sobald die einschlägigen unionsrechtlichen Grenzwerte überschritten sind.[589] Damit ist auch davon auszugehen, dass nach richtlinienkonform ausgelegtem nationalem Recht (§ 47 Abs. 2 BImSchG) ein subjektives öffentliches Recht des Betroffenen auf ordnungsgemäße Luftreinhalteplanung besteht.[590]
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Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz des exklusiven Schutzes subjektiver Rechte geht gleichfalls auf Vorgaben des Unionsrechts zurück. Gemeint ist das UmwRG, das am 15.12.2006 in Kraft trat. Hiermit sollten Teile der EG-Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie umgesetzt werden.[591] Diese Richtlinie beruht ihrerseits auf der Aarhus-Konvention.[592] Als Kernstück des UmwRG gilt das in § 2 Abs. 1 Nr. 1 normierte Klagerecht bestimmter Umweltschutzvereinigungen gegen bestimmte immissionsschutzrechtliche, wasserrechtliche und abfallrechtliche Genehmigungsentscheidungen sowie – vereinfacht gesagt – gegen Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Da § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG jedoch entgegen dem unionsrechtlichen Konzept weiterhin die Geltendmachung subjektiver Rechte, wenn auch nicht notwendigerweise solcher der klagenden Vereinigung, verlangt, hat der deutsche Gesetzgeber insoweit ebenso wie indirekt auch mit § 11 Abs. 2 USchadG, der auf § 2 UmwRG verweist, die Vorgaben des Unionsrechts bislang unzureichend umgesetzt, wie der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens[593] festgestellt hat.[594]