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a) Die Vielfalt an Rechtsbehelfen
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Die Vielfalt an Rechtsbehelfen, die Ergebnis der Geschichte und des Bestrebens ist, mit der Kontrolle immer weiter in den Bereich des Verwaltungshandelns vorzudringen, hat seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu unterschiedlichen Klassifizierungsansätzen geführt. Der erste Ansatz, dessen Ausgangspunkt die Arbeiten von Léon Aucoc[149] sind und der von Edouard Laferrière[150] ausgearbeitet wurde, orientiert sich an den Entscheidungsbefugnissen des Richters und unterscheidet vier Gruppen: den contentieux de la pleine juridiction oder plein contentieux (Rechtsstreit mit umfassenden richterlichen Befugnissen), bei dem der Richter über die weitreichendsten Befugnisse verfügt – er kann eine Entscheidung aufheben, sie ändern oder auch eine Verurteilung zu einer Leistung aussprechen; den contentieux d’annulation (Annullierungs- oder Aufhebungsrechtsstreit), zu dem auch der recours pour excès de pouvoir und der recours en cassation (Revision) gehören und in dem der Richter lediglich die angegriffene Entscheidung aufheben oder den Antrag auf Aufhebung ablehnen kann; den contentieux de l’interprétation (Rechtsstreit über Auslegungsfragen); schließlich den contentieux de la répression (Rechtsstreit, in dem eine Strafe ausgesprochen wird), der zur Verurteilung desjenigen führen kann, der Verkehrswege beschädigt oder gestört, also eine contravention de grande voirie begangen hat. Da dieser Klassifizierungsansatz nicht zu Unrecht kritisiert wurde, gab es seit Beginn des 20. Jahrhunderts weitere Vorschläge. Insbesondere Léon Duguit[151] richtete seine Klassifizierung an der Natur des Klagebegehrens aus und unterschied folglich zwischen der juridiction subjective (Verfahren, die eine Verletzung subjektiver Rechte zum Gegenstand haben) und der juridiction objective (Verfahren, die eine Verletzung objektiven Rechts zum Gegenstand haben). Beide Ansätze, die sich in ihren Ergebnissen weitgehend decken, sind von einem gewissen theoretischen Interesse, für die Praxis wegen ihrer Relativität aber nur begrenzt nutzbar. Sie bieten aber immerhin ein Gerüst von pädagogischem Wert.[152] Im Zentrum der Klassifizierungen steht, wenn nicht sogar als Triebfeder,[153] das Gegenüber von recours pour excès de pouvoir einerseits und recours de plein contentieux andererseits.