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bb) Gegensatz und Annäherung von recours de pleine juridiction und recours pour excès de pouvoir

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Die Gegensätzlichkeit beider Klagearten bleibt angesichts zahlreicher spezifischer Regelungen betreffend Zulässigkeit und Verfahren Realität. So unterliegt etwa der recours pour excès de pouvoir seit 1864 keinem Anwaltszwang. Gesetzgebung und Rechtsprechung haben aber zu einer Annäherung der beiden voneinander unabhängigen Klagearten geführt, zwischen denen der Kläger, der die Aufhebung einer Entscheidung über eine Zahlung begehrt, seit 1921 frei wählen kann.[163]

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So wird, erstens, die Verbindung zwischen recours pour excès de pouvoir und Verwaltungsakt in vielerlei Hinsicht gelockert. Zum einen ist schon sehr früh anerkannt worden, dass der recours pour excès de pouvoir gegen einen Akt statthaft ist, der von einem der pleine juridiction unterliegenden Gesamtvorgang abgetrennt werden kann (acte détachable). Ein Beispiel für einen dermaßen abtrennbaren Akt ist die Entscheidung, einen Vertrag abzuschließen, weil sie auf den Vertrag selbst keine unmittelbaren Auswirkungen hat.[164] Zum anderen, und das ist sicher außergewöhnlich, findet der recours pour excès de pouvoir Anwendung auf Arbeitsverträge zwischen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft und ihren Bediensteten.[165] Ferner hat er zu einem neuen Aufhebungsrechtsbehelf geführt, der sich gegen Vertragsangebote gegenüber Dritten richtet.[166] Dieser Rechtsbehelf wird nicht ausdrücklich als recours pour excès de pouvoir bezeichnet – was mit Blick auf die Befugnisse des Richters, der den Vertrag aufheben, kündigen und ändern kann, durchaus folgerichtig ist – und bewegt sich im Bereich des plein contentieux. Und doch verbindet er zwei Dinge, die in den theoretischen Klassifizierungsansätzen streng voneinander getrennt sind: die Aufhebung der Entscheidung und den Vertrag.

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Zweitens überschreiten die Befugnisse, die dem Richter heute im Rahmen des recours pour excès de pouvoir bei der Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidungen zuerkannt werden, die bloße Aufhebung des Verwaltungsakts. Der Verwaltungsrichter kann kraft Gesetzes gegenüber der Verwaltung Anordnungen (injonctions) treffen und Zwangsgelder verhängen, auch um die Aufhebung eines von einem Vertrag abtrennbaren Akts durchzusetzen. Ferner behält sich die Rechtsprechung die Möglichkeit vor, die Regel auszusetzen, nach der bei Aufhebung eines Verwaltungsakts davon auszugehen ist, dass der Verwaltungsakt nie bestanden hat, um die zeitlichen Wirkungen der Aufhebungsentscheidung zu modifizieren.[167] Es handelt sich um eine Befugnis, die das Verwaltungshandeln erleichtert und Ähnlichkeiten mit der Befugnis aufweist, einen Rechtsakt zu ändern.

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Die geschilderte Entwicklung zeugt von der Annäherung von recours pour excès de pouvoir und recours de pleine juridiction.

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