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7. Januar 1968

(aus dem Tagebuch des Schriftstellers PK)

Praha

Als es sich im Oktober wie ein Lauffeuer herumsprach, Antonín Novotný habe auf der Tagung des Zentralkomitees der KPČ Alexander Dubček einen slowakischen Nationalisten genannt, sagte ich bei uns im Theater:

– Das ist sein Ende.

– Dubčeks? fragten die Freunde mit Recht, weil dieselbe Anschuldigung vor fünfzehn Jahren eine Postanweisung für den Galgen war.

– Nein. Novotnýs. Ich glaube, daß es ihm endlich gelungen ist, in Dubček alle Slowaken zu beleidigen, einschließlich der Mitglieder des ZK.

Erst im Dezember begannen sie es zu glauben, als Nachrichten eintrafen, das folgende Plenum verlaufe stürmisch – dies, obwohl es beinahe zu den Novotnýs nach Hause einberufen war, ins Ballhaus der Prager Burg. Ich hingegen hörte auf, es zu glauben, als die Sitzung auf ihrem entscheidenden Höhepunkt mit der Begründung unterbrochen wurde, daß auch Kommunisten das Recht hätten, Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Das klang viel zu glaubhaft, als daß man hätte erwarten können, daß diese Körperschaft jemals einer Entscheidung fähig wäre, die den Interessen der Partei und des Landes tatsächlich entspräche.

Die gewöhnlichen ZK-Mitglieder kauften also in Prag Pullover, Schlittschuhe oder Wittingauer Karpfen ein, während der bezahlte Apparat in schwarzen Limousinen durch die verschneite Landschaft raste, um in den Bezirken und Kreisen die Stabilität der Monarchie zu erneuern.

Die Grundfrage lautete: Sind die Slowaken wirklich so beleidigt, daß sie sich als erste große opponierende Gruppe im ZK mit den progressiven Kräften in den böhmischen Ländern einigen können?

Noch einmal widerlegte Antonín Novotný selbst diese Hoffnung, als er am Neujahrstag wie gewöhnlich über den Fernsehschirm die enttäuschten Familien besuchte.

«Ich bin überzeugt, daß dies der Beginn eines großen Prozesses der allseitigen Entfaltung der sozialistischen Gesellschaft ist und daß unser Weg richtig ist!»

Ich schaltete ihn aus, aber sein Geist irrte höhnisch weiter durch meine Behausung.

Wenn der Weg des ZK-Plenums weiterhin sein Weg ist, dann ist auch dieser Kreuzweg eine bloße Fiktion, dann wird unsere Krise fortdauern bis zur Katastrophe.

Die im Januar fortgesetzte Tagung des Plenums war jedoch von der ersten Minute an unvermindert heftig. Obwohl sich Antonín Novotný hartnäckig zur Wehr setzte und sogar durch ein Ultimatum der Generale unterstützt worden sein soll, sahen sich seine Anhänger unerwartet in die Minderheit versetzt. Augenzeugen schwören, daß die Debatte von der Person Novotnýs auf die Unerläßlichkeit einer grundsätzlichen wirtschaftlichen und politischen Reform überging, die einzig und allein dem Sozialismus Sinn und Vertrauen wiederzugeben vermag. Im heutigen Kommuniqué steht dessenungeachtet:

«Das Plenum des ZK der KPČ hat auf Grund des eigenen Wunsches Antonín Novotnýs gutgeheißen, daß er als Präsident der Republik in der Funktion des Ersten Sekretärs abgelöst wird.»

Also kein Wort darüber, daß er unter der Verwaltung einer Polizeibürokratie ein Land mit einer tiefverwurzelten sozialistischen und demokratischen Tradition in eine Besserungsanstalt verwandelt hat. Im Gegenteil: im gleichen Atemzug, mit dem «die Gesamtkonzeption unserer auf die Entstehung einer zutiefst demokratischen und hochentwickelten sozialistischen Gesellschaft ausgerichteten Politik» hervorgehoben wird, wird ihm für jene unermüdliche Tätigkeit der Dank ausgesprochen. Dieser Gesellschaft sollen wir nun unter der Führung A. Dubčeks entgegenschreiten, von dem man hört, er habe in der Slowakei ein annehmbares Klima geschaffen, von dem man aber zugleich weiß, daß er für seine neue Funktion die berüchtigte Vorbereitung an sowjetischen Schulen und im Parteiapparat mitbringt.

Als erster hat ihm schon heute L. Breschnew seinen Glückwunsch telegraphiert. Z. hat dazu bemerkt:

– Das alte Lusthaus mit neuer Bedienung!

Ich streite nicht mit ihr. Das ist eine Detektivgeschichte mit ungewissem Ausgang – Lösung in der nächsten Sendung. Wenn ich jedoch bedenke, daß nun ein Jahr mit einer 8 am Ende begonnen hat, die auf die tschechische Geschichte stets einen magischen Einfluß hat, bekomme ich trotzdem nach vielen Jahren wieder Lust, ein Tagebuch zu führen.

Aus dem Tagebuch eines Konterrevolutionärs

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