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Furcht und Schrecken

sind die Strophen

im Lied des Krieges,

das Gott Mars uns singt.

(Anonyme Sammlung

altterranischer Weisen,

Kapitel 82 »Repas Oljoriga«)

Prolog

Briefe aus einem fremden Universum

Lieber Mésren,

wie soll ich einem Außenstehenden erklären, wie es sich angefühlt hat, mein Leben so lange mit dir zu teilen?

Ich glaube, dass es jedem helfen könnte, die Gesamtlage besser zu verstehen. Aber wie kann ich begreiflich machen, was die Zeit unserer gemeinsamen Existenz für sie bedeutet? Was du für mich bedeutet hast, bis du mir erst genommen wurdest und dann gestorben bist?

Doch der Reihe nach.

Ich sitze in einem kleinen Zimmer, das man mir in diesem Gebilde zur Verfügung stellt. Sie nennen es Gestänge des Pluto, ich sehe es als Wunderwerk an, denn der Begriff klingt viel zu nüchtern. Er taugt nicht annähernd, um die Gefühle zu beschreiben, die der Anblick in mir auslöste, als sich unser Gleiter der Landeplattform näherte.

Es ist schrecklich und erhaben zugleich, bizarr und wunderschön.

Etwas ist gestorben und zu neuem Leben auferstanden. Wie sonst soll man es bezeichnen, als ein Wunder? Und ist dieses Wunder nicht umso erstaunlicher, wenn ein ganzer Planet stirbt, um größere Herrlichkeit als zuvor zu erlangen?

Der Pluto wurde zerstört – in diesem Teil des Dyoversum ungefähr zweitausend Jahre später als in unserem Heimatuniversum. In kosmischen Maßstäben ist diese Zeitspanne so geringfügig, dass ich mich frage, ob es so hat kommen müssen. Ob es ein allumfassendes Schicksal gibt, eine Vorherbestimmung. Kräfte, die beide Teile in eine Schablone pressen.

In beiden Teiluniversen fand Pluto sein Ende, so dicht aufeinander, nachdem sich der Zwergplanet zuvor Jahrmilliarden unbehelligt um seine Sonne drehte. Ist es nicht närrisch, bei einem solchen Ereignis von einem Zufall sprechen? Liegt nicht die Annahme viel näher, dass es die Konsequenz aus einer Entwicklung darstellt, die in sich logisch ist, selbst wenn menschlicher Verstand das nicht zu erfassen vermag?

Weißt du, Mésren, diese Fragen sind weit mehr als Philosophie, obwohl du sie garantiert mit einem lapidaren Handwedeln abgetan hättest.

Ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut. Als Vergleichender Historiker prüfe ich Versionen der Geschichte auf Gemeinsamkeiten – seien es die widerstreitenden Varianten der Milchstraßenhistorie oder die zweier unabhängiger und doch verbundener Universen. Und sag, Mésren: Wie sollte man diese Gemeinsamkeit übersehen?

Die Fakten liegen auf dem Tisch, niemand mit einem gesunden Verstand kann sie anzweifeln – nur: Wie soll man sie interpretieren? Wie sie verstehen? Ist der menschliche Geist überhaupt dazu in der Lage, oder muss er angesichts von Ereignissen dieser Tragweite kapitulieren?

Es ist aufregend, ins Zwillingsuniversum vorgedrungen zu sein, das mit unserem im selben Urknall entstanden ist. Gerade für den Vergleichenden Historiker ergeben sich nicht nur unzählige Fragen – sondern auch Antworten. Zumindest hoffe ich das. Zu viel stürmt momentan auf mich ein, als dass ich meine Gedanken bislang hätte ordnen können.

Aber eigentlich wollte ich dir vom Gestänge erzählen. Bitte entschuldige meine abschweifende Art, du weißt, wie ich bin, sobald ich ins Schwärmen gerate oder mich etwas überwältigt.

Ich glaube, die Menschheit dieses Zwillingsuniversums hat den Schock über die Zerstörung des Pluto verarbeitet, indem sie den Wiederaufbau plante – dieses Wunder, das ich immer noch vor mir sehe, wenn ich die Augen schließe.

Sie haben die Planetentrümmer zusammengefügt, jedoch nicht zu der ursprünglichen Kugelgestalt, sondern zu einem gedehnten Oval. Ein Netz aus gewaltigen Stangen verbindet die Bruchstücke, Hunderte von Metern dick. Ein Netz umschlingt das ganze Kunstwerk – anders kann ich es nicht nennen, Mésren. Aus der Ferne sieht es filigran aus, als könnte ein Kind in den Maschen klettern, aber sie umfassen viele Kilometer.

Nähert man sich, erscheint das Gewirr der Stäbe und Pfeiler plötzlich in einer geheimnisvollen Ordnung und bildet zwei sich kreuzende Hauptlinien, die alles zusammenhalten. Wo die Linien sich treffen, liegt das Institut zur Erforschung des Dyoversums in einem Quader aus rot leuchtendem Kristall. So mag einst der Kern des Pluto geglüht haben, der längst in der Kälte des Weltraums erloschen ist.

Das Leuchten ist eigentümlich schön, es verwirrt die Sinne. Ich weiß nicht, was genau die Faszination bewirkt, aber der Anblick hat mich bis ins Innerste getroffen und erschüttert. Es ist Mahnmal der Katastrophe und Signal für einen optimistischen Aufbruch zugleich.

In diesem Institut sitze ich nun, in einem schmucklosen, einfachen Raum, der ebenso gut auf Terra liegen könnte oder auf einer beliebigen anderen Welt. Das Wunder umgibt mich, bloß vermag ich es nicht zu sehen, weil ich zwischen diesen vier Wänden eingesperrt bin.

Versteh mich nicht falsch, Bruder, ich kann jederzeit gehen, niemand hält mich gefangen. Der Blick auf das Ganze jedoch bleibt mir verwehrt, solange ich meinen Blickwinkel nicht grundlegend wechsle, indem ich in ein Raumfahrzeug steige und mich weit genug entferne.

Leider habe ich nicht die Zeit, mehr zu schreiben – schon wieder nicht. Sichu Dorksteiger wird jeden Moment kommen, um mich abzuholen. Die Idee, dass ich sie hierher begleite, kam übrigens von ihr.

Ist das nicht verrückt? Erst wählt Perry Rhodan mich für sein Einsatzteam aus, dann ruft mich die Chefwissenschaftlerin der Liga an ihre Seite. Und das nach all den Jahren, in denen man mich und mein Fachgebiet eher belächelt hat.

Vielleicht war die Entdeckung des Dyoversums nötig und die eines siamesischen Zwillings unseres Universums, damit die Allgemeinheit begreift, dass die Vergleichende Geschichtswissenschaft Sinn ergibt. Ich meine ... sogar du hast mich jahrelang ausgelacht. Nicht dass ich es dir übel nehme. Längst nicht mehr! Ich habe dir vergeben.

Und nun bin ausgerechnet ich der, der ganz vorne mit dabei ist, einst selbst ein siamesischer Zwilling. Oder bin ich das immer noch? Hat sich an der Verbindung zwischen dir und mir etwas geändert, nur weil es die Operation gab und du gestorben bist?

Ich bin gespannt, wohin mich mein Weg führt. Mittlerweile rechne ich mit allem. Vielleicht kommt es am Ende so weit, dass ich einer Superintelligenz gegenüberstehe oder in den Schlund eines Kosmonukleotids schaue und sich mir der Urgrund der Schöpfung offenbart.

Ich vermisse dich, Mésren.

Oft glaube ich, ich müsste nur den Arm ausstrecken, um dich zu berühren, wie es dreißig Jahre lang war. In solchen Momenten spielt es keine Rolle, ob ich allein in meinem Zimmer bin oder umgeben von einem Dutzend Menschen. Dann bin ich einsam, auf eine Weise, die fast niemand verstehen kann.

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)

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