Читать книгу Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2) - Perry Rhodan - Страница 71
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Ein Traumspiel (11)
Um mich tobt der Lärm eines Kampfes. Ich höre Schüsse, Schreie, sehe einen TARA-C an der Sichtscheibe des Alkovens vorbeijagen. Dann schaut mich ein Gesicht an, eine Frau. Ich kenne sie – Ghizlane Madouni, die Kommandantin unseres Flaggschiffs.
Was ist passiert? Wer hat die Klinik überfallen und ...
Nein.
Nicht die Klinik. Das Stück der Umgebung, das ich erkennen kann, gehört nicht zu dem Hochsicherheitsraum in der Maurits-Vingaden-Klinik, in dem ich in den Suspensionsalkoven gestiegen bin. Und das macht alles noch weitaus rätselhafter.
Der Alkoven wurde entfernt? Wie ist das möglich?
Kommandantin Madouni verschwindet aus meiner Sicht, ich höre weitere Schüsse, einen Fluch. Jemand tritt an die Sichtscheibe, öffnet sie. Meine Liege fährt nach außen, ich kann es nicht verhindern. Ich habe das Gesicht des Mannes, der mich erwartet, schon einmal gesehen, auch wenn mir sein Name nicht einfällt. Er ist TLD-Agent.
Und er richtet eine Waffe auf mich, was augenblicklich jede Hoffnung zerstört.
Seine Worte sind eindeutig: »Eine falsche Bewegung, und du bist tot. Dann also auf diese Weise, Adams!«
Ich versuche zu verstehen, was sich abgespielt hat. Mehrere Szenarien blitzen in mir auf, aber ehe ich nachdenken oder auch nur eine Frage stellen kann, verfärbt sich alles grün.
Der Mann vor mir – Palotta, erinnere ich mich, Gorin Palotta – bricht ohnmächtig zusammen, und im nächsten Moment versinke ich ebenfalls.
Mit den letzten klaren Gedanken gehe ich davon aus, dass der gesamte Alkoven entführt worden ist, und dass ich deshalb zu früh aus der Suspension zurückgekehrt bin. Der Zellaktivator wird noch nicht funktionieren, und während ich hier liege, vergeht womöglich zu viel Zeit.
Ich könnte sterben.
Einfach so.
Ohne etwas tun zu können.
Dann tauche ich ins Meer der Träume, und alle rationalen Gedanken, alle Ängste, treiben in den Fluten davon.
*
»Peran-Gord hat sich gemeldet«, sagte Resident Tomasso Coen. Es blieben wenige Stunden bis zum geplanten Beginn des Treffens.
Homer G. Adams hielt sich noch immer in Neu-Atlantis auf, inzwischen gemeinsam mit dem topsidischen Wissenschaftler Carmo-Wirktar und den beiden Yura, jedoch nicht länger in der Unterwasserkuppel der Technikschmiede. Sie waren aufgetaucht, und mehr als das, denn sie standen auf der jadegrün verkleideten Dachterrasse des neuen Rathauses, das die Gebäude des quirligen – oder überfüllten – Stadtteils Neu-Laktranor überragte. Der Blick reichte bis zum Meer, das den Horizont erfüllte.
Die zwei Fremdwesen verhielten sich still, kauerten sich abseits in den Schatten eines gewaltigen, Sonnenenergie speichernden Kristallsegels und tranken Unmengen Wasser. Bei den ersten Uneinigkeiten war es geblieben – nur ein Yura erklärte sich bereit, an dem Treffen mit der Topsider-Delegation teilzunehmen. Der zweite weigerte sich, hatte seinen Artgenossen jedoch begleitet, um ihm bis zum Beginn beizustehen und ihm Trost zuzusprechen.
Resident Coen stand als lebensgroßes Holo zwischen Adams und Carmo-Wirktar. Es wirkte, als wäre er tatsächlich anwesend, solange die Sonne nicht in einem bestimmten Winkel auf ihn fiel; dann schimmerte das hinter ihm liegende Geländer durch seinen Brustkorb.
»Peran-Gord«, wiederholte der Advisor, und ihm schwante Übles. »Was hat die Militärkommandantin des Sternengeleges uns mitzuteilen?«
»Du klingst, als würde es dich nicht überraschen, dass ich dir eine schlechte Nachricht bringe«, stellte Tomasso Coen fest.
»Habe ich meine Gefühle so wenig unter Kontrolle?«
»Ich kenne dich zu lange und zu gut, Advisor, als dass du mir etwas vormachen könntest.«
»Also – wie schlimm ist es?«
»Sagen wir es so, ich wäre in der Lage, mir eine noch ungünstigere Wendung auszudenken.«
»Immerhin.«
»Nachdem Peran-Gord das Treffen ja bereits vorverlegt hat, um unsere Vorbereitungen zu sabotieren, besteht sie nun auf einer Verlegung des Treffpunkts.«
»Mit welchem Argument?«, fragte Adams.
»Ohne jede Begründung«, sagte der Resident. »Und sie klang nicht so, als hätte sie deswegen ein schlechtes Gewissen.«
»Selbstverständlich nicht«, sagte Carmo-Wirktar. »Warum sollte sie das? Sie sieht sich als die Überlegene an, die die Bedingungen diktiert, wie es ihr gefällt.«
»Was nichts daran ändert, dass die zweite Partei, also wir, ebenfalls Rechte hat«, meinte Coen.
»Wäre dies ein Treffen zwischen verfeindeten Terranern – ja. Topsider jedoch denken anders.« Der Mathelogiker hob einen Arm und deutete mit ausgestreckten Krallen auf das holografische Gesicht. »Hast du zugestimmt?«
»Ich habe mich verleugnen lassen«, antwortete der Resident. »Mit der Ankündigung, in einer halben Stunde Rückmeldung zu geben.«
»Also bleiben noch einige Minuten«, stellte der Topsider fest. »Sehr gut. Nimm die Bedingungen an.«
»Was denkst du, Advisor?«, fragte Coen.
Adams musste nicht lange nachdenken. »Mein Rat ist in dieser Situation eindeutig. Hör auf unseren topsidischen Vermittler. Es sei denn ...«
Ein Gleiter zog hinter dem Holo vorüber. »Ja?«
»Welchen Treffpunkt schlägt Peran-Gord vor?«
»Sie schlägt nichts vor«, mischte sich Carmo-Wirktar ein. »Sie fordert. Gewöhnt euch an diese Vorstellung und Formulierung, um sie besser einschätzen zu können.«
Adams nickte beiläufig. »Also?«
»Sie will das Treffen auf den Mars verlegen, nach Skiaparelli. Den genauen Ort überlässt sie gnädigerweise uns.«
»Womit sie all unsere Sicherheitsvorkehrungen und Vorbereitungen aushebelt«, formulierte der Advisor das Offensichtliche. »Meine Empfehlung: Funk sie an. Umgehend. Früher als erwartet. Stell das als Entgegenkommen dar – sie hat zweifellos begriffen, dass du dich verleugnen lässt, um ihre Forderung mit deinen Beratern zu diskutieren. Wenn du dich rasch meldest, beweist du, dass wir bereit sind, auf sie einzugehen. Frag sie, warum sie ausgerechnet Skiaparelli wählt ... und dann stimm zu, egal, was sie antwortet.«
Er drehte sich zu Carmo-Wirktar um. Der Wissenschaftler widersprach nicht.
Tomasso Coen stimmte also zu und ließ die Schaltung zur jadegrünen Dachterrasse bestehen, während er eine Verbindung zum Schlachtkreuzer der Topsider aufbaute.
Allerdings konnte Peran-Gord nur den Residenten sehen, die anderen blieben vor ihr verborgen. Sie nahm das Gespräch in der Zentrale ihres Schiffes an. Hinter ihr stand eine Säule, an der sich ein graugrünes Flechtengewächs in die Höhe rankte. Vereinzelt leuchteten rötliche, beerenartige Früchte darin.
»Terraner?«, sagte die Kommandantin.
»Ich bedaure, dass ich nicht in der Lage war, deinen Anruf direkt anzunehmen«, setzte Coen an, »und freue mich, dass ich schneller als erwartet ...«
»Spar dir das. Was hast du mir zu sagen?«
Der Resident ließ sich durch die forsche Art nicht aus der Ruhe bringen. »Du schlägst vor, dass das Treffen in Skiaparelli stattfinden soll.«
Carmo-Wirktar gab einen unwilligen Ton von sich, den zwar Adams und der Resident, nicht jedoch die Topsiderin hören konnte.
»Dein Wunsch«, fuhr Coen fort, und in dem letzten Wort lag deutlich hörbarer Trotz, »überrascht mich. Kannst du erklären, weshalb du Terra als Treffpunkt plötzlich ablehnst?«
»Wenn es dich so sehr interessiert«, sagte Peran-Gord, »will ich deine Neugierde stillen. Ich weiß, wie stark Terraner von dieser eitlen Triebfeder bestimmt werden. Einer eurer zahllosen Fehler.«
Auf diese Provokation ging Coen nicht ein, sondern schwieg vielsagend.
»Über dem Planeten, den ihr Mars nennt, fand die erste Begegnung zwischen unseren Völkern statt. Genauer gesagt, bei der entstehenden Stadt Skiaparelli. Könnte es einen besseren Ort für eine erneute Zusammenkunft geben?«
Die erste Begegnung. So würde Adams die damaligen Ereignisse nicht bezeichnen, als ein Kriegsschiff der Echsen unangekündigt aufgetaucht war und die Schutzkuppel über den wenigen Gebäuden beschossen hatte.
»Diese Idee werte ich als Geste für eine gute kommende Zusammenarbeit«, sagte Coen, »und begrüße sie ausdrücklich. Das Treffen wird dort stattfinden. Ich wähle einen passenden Ort und erwarte dich und deine Delegation.«
Peran-Gord sah ihn aus rot leuchtenden, unlesbaren Augen an. Ärgerte sie sich darüber, welche Wendung er ihrer Forderung gegeben hatte? Oder spielte es für sie keine Rolle?
»Zwölf Uhr eurer Standardzeit«, sagte die Topsiderin. »Wir reisen mit einem Beiboot von sechzehn Meter Länge an. Sorg für einen geeigneten Landeplatz.«
Coen lächelte, und er brachte es sogar fertig, dass es seinen Blick erreichte. Ob sie die menschliche Mimik wohl zu deuten verstand?
»Selbstverständlich«, sagte er.
*
Homer G. Adams dachte an die Anfänge der Stadt Skiaparelli zurück, als das erste hiesige Topsiderschiff aufgetaucht war. Unter den frühen Siedlern war Amalia Serran gewesen, und damals hätte er sie fast verloren. Ein Hauch von Wehmut mischte sich mit einem eisigen Schreck, als er sich daran erinnerte.
Aber es blieb keine Zeit für derlei Grübeleien.
Der TLD überschlug sich seit dem Funkgespräch zwischen Resident Coen und Peran-Gord. Ein Heer von Agenten suchte nach dem möglichst geeigneten Ort, Direktorin Togora nahm die Baupläne auseinander und überprüfte mit NATHAN die Sicherheitsbedingungen der Vorschläge, die bis zu ihr durchgewinkt wurden.
Sicherheit genoss oberste Priorität, man musste gegebenenfalls Lücken und Gefahrenstellen beseitigen. Dabei galt zum einen, dass niemand durch die Echsen und theoretisch von ihnen mitgebrachte Technologie oder Waffen gefährdet werden durfte ... und zum anderen, dass keine potenziellen Attentäter zu den Besuchern vordringen konnten.
Ganz zu schweigen davon, dass Peran-Gord und ihre Leute womöglich einen Zwischenfall gezielt provozierten, um einen Vorwand für einen anschließenden Angriff zu gewinnen. Wie sollte man sie daran hindern?
Welches Gelände, welches Gebäude bot weitgehend ideale Voraussetzungen?
Wo fiel es am leichtesten, den Luftraum zu überwachen, wo gab es unterirdische Bereiche, die besondere Aufmerksamkeit forderten?
Für die Beantwortung all dieser und tausend weiterer Fragen blieb extrem wenig Zeit, da außerdem die Umgebung vor dem Eintreffen der topsidischen Delegation evakuiert werden sollte.
Die Wahl fiel schließlich auf ein gerade erst fertiggestelltes Gebäude, das die Regierung der Liga in einigen Wochen offiziell der Künstlerkommune übergeben würde, die im Stadtteil Rofeld-City ihre Unabhängigkeit ausgerufen hatte. Ein politisch heikler Vorgang: Mit der Schenkung des edlen Flachbaus wollte der Resident der unterschwelligen Aggressivität der Kommune begegnen und eine Aussöhnung in die Wege leiten.
Das Gebäude stand am wenig bebauten südlichen Stadtrand von Skiaparelli, direkt jenseits der Grenzen von Rofeld-City. Eine rote Felsenebene schloss sich an, die einige Hundert Meter entfernt einem nahezu senkrecht aufragenden Gebirge wich. Das Meer und das anschließende Netz aus Wasserläufen und Kanälen lagen am anderen Ende der Stadt, wo die Besiedlung am dichtesten war.
Adams flog mit Carmo-Wirktar und einem der beiden Yura in einem TLD-Gleiter zum Mars. Die TLD-Direktorin empfing sie persönlich, als sie auf der Steinebene landeten.
Julia Togora stellte für Adams ein Musterbeispiel dar, wie das Äußere täuschen konnte. Sie war eine derart klein gewachsene Frau, dass das Gerücht umging, in ihrer Ahnenreihe müsse sich der ein oder andere Siganese tummeln.
Tatsächlich reichte sie dem Advisor, selbst alles andere als ein Hüne, nur bis knapp zum Brustkorb. Ihre Gegner neigten dazu, sie deswegen zu unterschätzen – sie war eine brillante Taktikerin und so gut im Nahkampf geschult, dass sie bereits gegen einen Ertruser gesiegt hatte. Behauptete zumindest das Hörensagen, das in diesem Fall wohl ebenso wenig zutraf wie die siganesischen Ahnen. Zumal nur etwa ein Dutzend Ertruser Terras Versetzung mitgemacht und die Zahl an möglichen Kampfpartnern also extrem gering wäre.
Die Direktorin sah zu dem Yura auf. »Ich danke dir für deine Bereitschaft und deinen Mut.«
Der Kopffüßer, der momentan zwei seiner Tentakel wie menschliche Beine nutzte, senkte seinen Zentralleib zu ihr hinab, bis die Extremitäten wie Bogen zu beiden Seiten abstanden. »Du darfst meinen Freund nicht falsch verstehen. Er ist nicht aus Angst in Neu-Atlantis zurückgeblieben. Oder nicht nur. Er erfüllt eine andere Aufgabe.«
Davon hörte Adams zum ersten Mal.
»Wenn ich sterbe«, fuhr der Yura fort, »wird er in die Heimat zurückkehren, um mein Lied in den Ozeanen zu singen und den Schwarm für mich in die Freiheit zu entlassen.«
»Dir wird nichts geschehen«, versicherte Direktorin Togora. »Wir schützen dich, sollte es gefährlich werden.«
»Wir sprechen mit Topsidern.« Dem Satz folgten noch einige Laute, die der Translator nicht übertrug.
»Sie sind eine kleine Gruppe«, sagte Adams. »Wir sind viel mehr als sie.«
»Und ich«, entgegnete der Yura, »bin allein.«
*
Drei Stunden später landete der topsidische Gleiter direkt an dem Flachbau, obwohl die Ebene mehr als genug Platz bot, bequemer aufzusetzen als mit einem komplizierten Manöver derart passgenau an der Gebäudewand.
Sollte es eine Provokation sein?
Eine demonstrative Mitteilung, dass Peran-Gord nur wenige Schritte auf dem ihr fremden Planeten gehen, sich so kurz wie möglich dort aufhalten wollte?
Oder bedeutete es einfach ... gar nichts?
Man neigte dazu, jede Geste und jedes Detail überzuinterpretieren bei derlei Erstbegegnungen. Denn in gewisser Hinsicht stellte das Treffen genau eine solche Situation dar, obwohl Terraner die Topsider seit Jahrtausenden kannten. Aber noch nie war es zu einem direkten Gespräch in diesem Teil des Dyoversums gekommen.
Das 16-Meter-Beiboot der Delegation glich der Miniaturausgabe eines ihrer Schlachtkreuzer – ein pfeilförmiger Doppelkeilraumer, lang gezogen und mit einer integrierten, etwa fünf Meter durchmessenden Kugel an der Seite des Schiffes. Sonnenstrahlen brachen sich darauf und formten ein buntes Prisma auf dem gebogenen Metall.
Unterhalb der Kugel öffnete sich ein Schott.
Zuerst traten vier Topsider gleichzeitig ins Freie – sie trugen keine Uniformen, sondern einfarbige, braune Gewänder, nein, Tücher, die sich um die schuppigen Körper schlangen. Eine Art Eisenband gürtete den Stoff, daran hafteten Handstrahler.
Die Echsenwesen stellten sich rechts und links des Ausgangs auf, und nachdem sie die Position eingenommen hatten, verließ Peran-Gord das Beiboot, gefolgt von ihren acht angemeldeten Begleiterinnen.
Adams begriff, wer diese ersten vier Topsider waren – diejenigen, die die Kommandantin als Diener angekündigt hatte.
Männer.
Der Advisor wartete gemeinsam mit Resident Coen und Julia Togora am Eingang in den Flachbau, weniger als zehn Meter von ihren Gästen entfernt. Sie tauschten einen kurzen Blick. Coen nickte kaum merklich.
Die TLD-Direktorin ging Peran-Gord entgegen. »Ehe der Resident euch begrüßt, möchte ich auf ein Missverständnis hinweisen.«
Die Topsiderin senkte die Schnauze. »So?«
»Ich bin für die Sicherheit bei diesem Treffen zuständig.«
»Du?«
»Ich«, sagte Togora mit unerschütterlichem Selbstvertrauen. »In meinem Volk spielt es keine Rolle, ob jemand klein gewachsen ist.«
»Ein Fehler«, kommentierte Peran-Gord, »wie auch die bedauerliche Tatsache, dass zwei Männer die wichtigsten Posten innerhalb eurer Regierung bekleiden.« Sie zeigte Anstalten weiterzugehen.
»Ein Zufall.« Die TLD-Direktorin blieb demonstrativ stehen. »Ob Frau oder Mann, es bedeutet keinen Unterschied. Mal gibt es eine Residentin, mal einen Residenten. Aber zur Sache: Deine Begleiter tragen Waffen. Wir bitten dich, dass du befiehlst, sie abzulegen. Sie können sie mir übergeben oder sie im Gleiter zurücklassen.«
»Das sei dir gewährt«, sagte Peran-Gord, drehte sich um und zeigte eine wegwischende Handbewegung. Die vier Topsider reagierten augenblicklich und gingen ins Beiboot zurück.
Homer G. Adams zweifelte keine Sekunde daran, dass sie das genau so vorausgesehen hatte und damit als großzügig auftreten konnte. Wahrscheinlich würde sie das später ins Feld führen.
Nun, auch die Terraner hatten einiges geplant.
Julia Togora trat beiseite. »Auf eine weitere Untersuchung möchten wir verzichten.«
»Ihr werdet zweifellos Methoden kennen, festzustellen, dass wir keine verborgenen Waffen mit uns tragen«, konterte Peran-Gord. Ihrem Tonfall war das unausgesprochene Das haben wir nicht nötig deutlich anzuhören.
Nur Sekunden später erreichte sie Coen und Adams. Sie ging an der Spitze, ihre Begleiterinnen blieben in Zweierreihen dicht hinter ihr.
»Ich begrüße euch im Namen der Liga Freier Galaktiker im Solsystem und auf dem Mars«, sagte der Resident. »Ich hoffe, der von mir gewählte Treffpunkt findet dein Gefallen, wenngleich er nicht direkt am Ort des alten Stadtkerns von Skiaparelli liegt. Aber er entspricht ihm symbolisch – dort, wo die Stadt auf den unberührten Planeten trifft, um sich ausbreiten zu können.«
»Ja«, sagte die Topsiderin.
Mehr nicht.
Auch Adams formulierte einige freundlich-diplomatische Sätze, ehe sie in den Flachbau gingen.
Von einem schnurgeraden Flur zu beiden Seiten des Eingangs führten zwei Dutzend Türen weiter ins Innere; dahinter lagen Räume, die den Künstlern der Kommune als Arbeitszimmer und Ateliers dienen sollten. Der größte bot die technische Ausstattung für Antigravmalerei und interaktives Holodesign sowie die Programmierung maschineller Choreografien. Diesen hatten sie für das Treffen ausgewählt.
Adams trat als Erster ein.
Tische und Sitzgelegenheiten standen bereit, angepasst an die Bedürfnisse der Topsider. Für die Terraner waren die Tischplatten eigentlich zu hoch, sodass die Stühle ungewöhnlich hohe Beine aufwiesen.
Da Peran-Gord abgesehen von ihren Dienern mit acht Begleiterinnen gekommen war, hatte auch Coen einige Regierungsmitglieder ausgewählt – neun Gäste, neun Vertreter der Liga.
Nur dass einer dieser Vertreter ebenfalls ein Topsider war.
Peran-Gord nahm dessen Anwesenheit sichtlich überrascht auf. »Du bist einer der Topsider der anderen Seite«, sagte sie.
»Carmo-Wirktar, Mathelogiker und Linearraum-Philosoph.« Der Topsider stand auf. »Es ist mir eine Freude, endlich Schwestern aus dem hiesigen Universenzwilling kennenzulernen. Und als Zeichen meiner Verbundenheit darf ich sofort zu Beginn dieses Treffens mitteilen, dass ich Resident Coen davon überzeugt habe, mit offenen Karten zu spielen. Im Nachbarzimmer wartet jemand, den ich dir gerne persönlich vorstellen würde.«
»Was bezweckst du damit?«
»Ein ehrliches Präsentieren sämtlicher Fakten.«
Peran-Gords Blick wanderte kurz zu Coen und Adams, dann zurück zu Carmo-Wirktar, dessen Anwesenheit sie sichtlich verwirrte.
Adams kam nicht umhin, den Beginn ihres Gespräches als gelungen zu beurteilen. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Terraner nicht auf den Status von bloßen Befehlsempfängern reduzieren lassen würden, die den Weisungen der Militärkommandantin lauschten.
»Bring mich zu ihm!«, sagte Peran-Gord. »Nur wir beide.«
Carmo-Wirktar stimmte zu und bat sie, ihm zu folgen.
Adams trat einen Schritt zur Seite und projizierte ein winziges Holo über seinen Armbandkommunikator. Es zeigte den Raum, in den die zwei Topsider wenige Augenblicke später eintraten. Ein kleiner Funkempfänger übertrug den Ton direkt ins Ohr des Advisors.
Was sie in dem Zimmer sah, veranlasste Peran-Gord zu einem lauten Zischeln. Die Schuppen ihrer Echsenhaut gaben ein schleifendes Geräusch von sich; Adams fühlte sich daran erinnert, wie sich einem Terraner die Haare im Nacken sträuben konnten, nur dass dieser Vorgang eben lautlos ablief.
»Es gibt weitere Gäste«, sagte Carmo-Wirktar.
»Was macht der Yura hier?«
»Das gilt es zu klären.«
In diesem Moment brach das Chaos aus.
*
Die Traumbilder stocken und verwirren sich.
Albtraumhafte Sequenzen schieben sich dazwischen, Dinge, die es nicht gegeben hat. Eine Bestie bricht durch die Wand des Flachbaus. Sie spuckt Feuer wie ein Drache.
Feuer ...
Erneut flammt dieser Schmerz wie Flammenzungen in meinem Arm auf.
Das Monstrum speit brennende Hitze auf den Yura, dessen feuchte Stoffstreifen verdampfen und verkohlen. Der Zentralleib zerplatzt, doch das ist nie geschehen. Es ist ein Albtraum, nur ein Nachtmahr, der mich bedrückt, aus meinem Unterbewusstsein.
Mein Mund ist trocken, mein Herz rast, als ich aufwache und nach Luft schnappe.
Aber ... bin ich tatsächlich aufgewacht, oder hat nur der Traum eine bizarre Wendung genommen? Ich kann nicht glauben, was ich sehe.
Wen ich sehe.