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Kinetische Sammlung

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Gelegentlich funktioniert das alles nicht! Manchmal bin ich zu überdreht, um mich auf eine derart regungslose Weise sammeln zu können. Dann bewege ich mich, um ein wenig Adrenalin abzubauen und so zur Ruhe zu kommen. Leider erkennen nur wenige Gebetsexperten die Bedeutung von Bewegung für diejenigen unter uns, die durch Aktivität lernen und verarbeiten (und das betrifft mindestens 50 Prozent der Bevölkerung). Die meisten der klassischen Aussagen zu Gebet regen genau das Gegenteil an; sie beschreiben im Detail, wie wir körperlich zur Ruhe kommen und alle äußeren Ablenkungen ausschließen können, um uns innerlich auf Christus zu konzentrieren.

Früher machte ich mir Sorgen, mit mir könnte etwas nicht stimmen, weil ich es fast unmöglich fand, still zu sein, mein Gehirn abzuschalten und eine Weile schweigend dazusitzen, ohne abgelenkt zu werden oder einzuschlafen. In Gebetsräumen lief ich oft laut redend auf und ab. Lieber malte ich ein Bild, wie schlecht auch immer, als mir ein Bild vorzustellen. Ich wollte meistens laut beten, nicht in meinem Kopf, und mit anderen Menschen, nicht allein. Diese peinliche Unfähigkeit gab mir das Gefühl, ungeistlich zu sein: dass ich etwas so Einfaches wie stillsitzen und eine Weile mal nichts tun nicht hinbekam. Wegen dieser Unfähigkeit meinte ich, für immer ein schlechter Beter bleiben zu müssen, der ganz gewiss irgendeine höhere Stufe in der Begegnung mit Gott verpasste.

BEWEGUNG KANN BESSER ALS STILLSITZEN HELFEN, DIE GEDANKEN ZUR RUHE ZU BRINGEN, STRESS ABZUBAUEN UND EINEN KLAREN KOPF ZU BEKOMMEN.

Aber dann hörte ich von einem Lehrer, dass viele seiner Schüler Informationen kinetisch verarbeiten: indem sie aktiv etwas tun, statt passiv am Tisch zu sitzen. Ich sprach mit Sportlern, die Gott leichter begegnen konnten, wenn sie Rad fuhren oder liefen oder schwammen und nicht mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen still dasaßen, wie man es ihnen in der Sonntagsschule beigebracht hatte. Ich lernte Künstler kennen, die ihre Gebete malen, modellieren und schnitzen wollten, Tänzer, die sich bewegen mussten, und Musiker, die ihre Gebete trommeln oder rappen wollten.

Langsam verstand ich, dass Ruhe nicht unbedingt still, intellektuell, einsam oder auch nur statisch sein muss. Ruhe kann aktiv sein. Tatsächlich hat die medizinische Forschung vor Kurzem entdeckt, dass Bewegung besser als Stillsitzen helfen kann, die Gedanken zur Ruhe zu bringen, Stress abzubauen und einen klaren Kopf zu bekommen. Ich sage nicht, dass Stille unwichtig ist – sie ist lebenswichtig, wie wir gesehen haben. Aber wenn in den ersten zwanzig Minuten des Trainings der Puls steigt, wird ein Protein namens BDNF17 freigesetzt, um Gedächtnisneuronen wiederherzustellen, während zur Konzentrationssteigerung die Hirnaktivität zunimmt und Endorphine ein Gefühl von Ruhe und sogar Euphorie auslösen. Mir scheint, dass solche physiologischen Effekte ebenso sehr Gottes Gabe sein können wie jeder andere, eher konventionelle kontemplative Ansatz.

Wir wissen, dass Jesus selbst oft aktiv gebetet hat. Einmal zeichnete er im Sand.18 Im Garten Gethsemane warf er sich auf den Boden.19 Er liebte es offensichtlich zu klettern, und ich glaube einfach nicht, dass Jesus nur wegen der schönen Aussicht und etwas Ruhe so oft früh am Morgen und spät in der Nacht auf einen Berg stieg. Ich bin überzeugt, dass er beim Gehen betete, manchmal zweifellos mit Schweiß auf der Stirn, keuchend und mit klopfendem Herzen. Es ist ein außerordentlicher Gedanke, dass BDNF den Verstand Christi schärfte, während er die Höhen Galiläas durchwanderte, dass sich Endorphine mit seinem Blut mischten und die körperliche Bewegung Jesu Gemeinschaft mit seinem Vater stärkte.

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In diesem Kapitel haben wir gelernt, wie wichtig es zu Beginn des Betens ist, passiv oder aktiv innezuhalten, um unsere Seele zur Ruhe kommen zu lassen und uns auf den Herrn auszurichten. Indem wir das tun, und sei es nur für ein paar Minuten jeden Tag, rücken wir wieder die ewige Gegenwart Christi in den Mittelpunkt und können so aus viel tieferem Frieden und Glauben heraus und mit viel weniger Angst und Sorge beten.

Aber natürlich kannst du jetzt überlegen: „Okay, gut, ich habe einen Gebetsort gefunden (Kapitel 1), ich nehme mir Zeit zum Beten (Kapitel 2) und ich lerne, zur Ruhe zu kommen (Kapitel 3). Aber was geschieht nun? Was sage ich denn nun, wenn ich schließlich mit dem Schöpfer des Universums allein bin?“

Es ist an der Zeit, über die Einführung in Lukas 11,1 hinauszugehen und sich in die eigentlichen Worte des Vaterunsers zu vertiefen (Lukas 11,2–4). Da befassen wir uns weniger allgemein, sondern sehr viel spezifischer damit, wie man betet. Wir kommen zum zweiten Schritt in unserem P.R.A.Y.-Prozess, „Freude“!

Ein Gebet der Stille: Psalm 131,1–2

HERR, ich bin nicht hochmütig

und schaue nicht auf andere herab.

Ich strecke mich nicht nach Dingen aus,

die doch viel zu hoch für mich sind.

Ich bin zur Ruhe gekommen,

mein Herz ist zufrieden und still.

Wie ein kleines Kind in den Armen seiner Mutter,

so ruhig und geborgen bin ich bei dir!

Weiterführende Literatur:

David G. Benner, Opening to God: Lectio Divina and Life as Prayer.

Kraftvoll beten

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