Читать книгу Wildwest Großband September 2018: Sammelband 8 Western - Pete Hackett - Страница 45
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ОглавлениеJack Randall war zu James Franklin in den Nugget Inn geflohen. Es war ihm gelungen, John McKenzie auszuschalten. Er hatte den Saloon, diese Hochburg Franklins, noch vor der tobenden Menschenrotte erreicht. Er jagte die Treppe hinauf, nahm immer drei Stufen auf einmal und platzte oben ohne anzuklopfen in Franklins luxuriös eingerichtete Wohnstube.
Tosender Lärm rollte heran wie eine höllische Verheißung. Der vernichtende Hass verwandelte die Menschenrotte in eine reißende Bestie. Wehe dem, der Opfer dieser mörderischen Leidenschaft wurde. Er würde in Stücke zerfetzt werden.
James Franklin war außer sich. Er hatte sich einen Revolvergurt umgeschnallt und hielt ein Gewehr in der Hand. "Bei Gott, was ist in diese Narren gefahren?", empfing er mit dem Ausdruck des Entsetzens in der Stimme seinen engsten Vertrauten. "Die Stadt steht Kopf. Wo sind meine Männer? Was ..."
"Narr!", herrschte ihn Jack an. "Merkst du denn noch immer nicht, was Sache ist? Wir haben Jim Hannagan eine Horde Dilettanten auf den Hals geschickt. Nur John McKenzie überlebte. Jessy Chandler war bei mir, als McKenzie zu mir kam. Sie hat mitgekriegt, dass wir ihn und die anderen auf Jim Hannagan angesetzt haben. Der Narr hat alles verpatzt. Sie ist wahrscheinlich gleich zu ihrem Vater gelaufen. Der Alte war vom ersten Augenblick an gegen mich ..."
"Was weiß sie, Jack? Allein die Tatsache, dass wir ein paar Männer auf Jim Hannagan von der Leine gelassen haben, kann doch die Digger nicht derart gegen uns aufbringen. Weiß sie etwa, dass wir die Goldlandwölfe bezahlten, dass wir die Goldlandwölfe sind?"
Jack schaute ziemlich verblüfft drein. Er holte sich in Erinnerung, was John McKenzie vor seiner Zimmertür geschrien hatte. Nein, von den Goldlandwölfen war nicht die Rede gewesen. Davon konnte Jessy nichts wissen.
Er dachte nicht länger darüber nach.
Unvermittelt zog Jack Randall den Colt und richtete ihn auf James Franklin. Es knackte kalt und hart, als Jack den Hahn spannte. Die Trommel rotierte um eine Kammer weiter.
"Bist du verrückt geworden?", schnappte Franklin.
"Nein, James. Unser Stern hier ist am Verglühen. Gleich wird der Mob hier sein. Die Digger scheinen die Wahrheit zu kennen. Wer sie ihnen verraten hat, ist unwichtig geworden. Es geht nur noch darum, den eigenen Skalp zu retten. Ich bin mit dir in diese verdammte Stadt gegangen, obwohl ich dich eigentlich hätte erschießen müssen. Ich habe damals deinetwegen meinen Partner schmählich im Stich gelassen und sogar seinen Tod akzeptiert, und ich bin an deiner Seite zum Banditen geworden. Wenn ich jetzt aus Salmon fliehe, fliehe ich als Bettler. Dafür aber habe ich meine Seele nicht dem Satan verkauft. Also sperr deinen Safe auf, James. Ich werde nicht als Bettler diese Stadt verlassen. Sperr ihn auf und zier dich nicht. Mach schon. Je länger du zögerst, umso mehr läufst du Gefahr, dem Mob in die Hände zu fallen ..."
"Du verdammter ..."
Jack Randall hob die Faust mit dem Colt und zielte genau zwischen die Augen Franklins. "Wenn der Mob kommt und der Safe ist nicht offen", zischte Jack, "werde ich ohne Geld fliehen, James. Aber du wirst tot sein. Du hast die Wahl: Öffne den Tresor und bring dich in Sicherheit, oder bleib stur und stirb. Du kannst jetzt wählen."
James Franklins Zahnschmelz knirschte. "Ich wähle die erste Alternative, Jack. Denn nur wenn ich lebe, kann ich dich suchen und zur Rechenschaft ziehen."
Jack grinste höhnisch und winkte ungeduldig mit dem Colt.
Franklin ging zum Schreibtisch, holte aus einem Geheimfach den Safeschlüssel, trat zu einem Schrank und öffnete ihn. Die Tür des Tresors, der in dem Schrank in die Wand eingelassen war, wurde sichtbar. Franklin schob den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn und wählte eine Zahlenkombination, dann drehte er den Schlüssel ein weiteres Mal herum und zog die Tresortür auf.
Sauber gebündelt lagen in den Fächern Packen von Banknoten. In Jack Randalls Augen trat der Ausdruck einer grenzenlosen Habgier. "Pack das Geld ein, James!", hechelte er. "Du wirst doch eine Tasche, einen Koffer oder ein Paar Satteltaschen in deiner Wohnung haben ..."
Der Lärm auf der Straße war schon ganz nahe. Einzelne Worte waren deutlich aus dem Getöse herauszuhören. Wörter wie Goldlandwölfe, Vergeltung, Strick ...
Die Stadt glich einer Sprengladung, deren Lunte schon in Brand gesetzt war.
James Franklin holte aus dem Schub einer Kommode eine schwarze Ledertasche. Er warf das Geld hinein. Jack Randall ließ nicht den geringsten Zweifel darüber aufkommen, dass er abdrücken würde, sollte er, Franklin, auch nur falsch mit der Wimper zucken.
Er schloss die Tasche und warf sie Jack zu. "Es wird keinen Ort geben auf der Welt, an dem ich dich nicht aufstöbern und ..."
"Darum habe ich auch beschlossen, dich in die Hölle zu schicken, alter Freund", schnarrte Jack und drückte ab.
James Franklins Kopf wurde wie von einem Schlag getroffen in den Nacken gerissen. Ein kleines Loch zeigte sich über seiner Nasenwurzel. Ein Blutfaden sickerte heraus. Im nächsten Moment brach der Bandit haltlos zusammen.
Es war ein eiskalter Mord.
Jack holsterte ohne jede Gemütsregung den Colt, ging zum Fenster, schob es hoch und lauschte. Unten schepperte, klirrte und krachte es. Der Mob fiel in den Nugget Inn ein wie eine Horde Vandalen. "Ja", murmelte er, "macht Kleinholz und lenkt euch ab von mir, ihr Hammelherde, die wir fast ein Jahr lange geschoren haben und die sich noch dafür bedankten."
Er lachte in sich hinein, schwang sich auf die Fensterbank und sprang hinunter in den Hof.
Jack rannte durch verschlungene Gassen zum Mietstall. Vom Stallmann war nichts zu sehen. Er sattelte und zäumte zwei Pferde. Dann holte er das Geld aus der Tasche und stopfte es in die Satteltaschen am Sattel des Tieres, das er reiten wollte. Es war ein Schecke. Die Tasche Franklins warf Jack achtlos in eine leere Box. Er schwang sich in den Sattel des Schecken, angelte sich die Leinen des anderen Tieres und ritt zum Store.
Vor dem Laden stellte er die beiden Pferde an den Holm. Lose schlang er die Leinen um den Querbalken.
Er betrat das Haus durch die Hintertür, und wenig später stieß er die Tür zur Wohnstube auf, in der sich trotz der fortgeschrittenen Zeit Jessy Chandler und ihr Vater aufhielten. Sie lauschten bange und mit Beklemmung in den Herzen den bösartigen Geräuschen, die durch Salmon pulsierten wie eine Botschaft des Schreckens und der Angst.
Als Jack eintrat, ruckten Vater und Tochter zu ihm herum. Er machte einen Schritt in den Raum und verhielt, schoss Craig Chandler einen düsteren Blick zu und stieß hervor: "Komm, Jessy. Draußen stehen zwei Pferde am Holm. Ich habe genug Geld, um für uns beide ..."
"Bist du von Sinnen!", blaffte der Oldtimer und trat vor Jack hin. "Glaubst du allen Ernstes, meine Tochter geht mit einem Banditen wie dir ..."
Jack versetzte Craig Chandler einen Stoß vor die Brust. Der alte Mann taumelte zurück bis an die Wand und prallte mit dem Rücken dagegen.
Von Jessy kam ein entsetzter Ton. Aber dann hatte sie ihre Empfindungen sofort wieder unter Kontrolle. Ihre Augen versprühten Blitze, funkelten Jack an. Sie keuchte: "Ja, Jack, du bist ein Bandit. Ein skrupelloser Outlaw, der eine Bande von Mördern sogar auf seinen ehemaligen Freund und Partner hetzte, weil er fürchtete, dass dieser ihm auf die Schliche kommen könnte. Himmel, Jack, ich muss blind gewesen sein. Du und James Franklin wart die Auftraggeber der Goldlandwölfe, dieser Bande von Killern, die den Diggern das Geld stahlen und die auch vor Mord nicht zurückschreckten. Wade Benbow hat es gestanden, ehe er starb. Wie kann ein Mensch bloß so tief sinken, Jack?"
"Jessy", murmelte er, "ich habe das gewissermaßen alles auch für dich getan. Begreif das. Bei Gott, ich habe dir eine gute Zukunft an einem Platz versprochen, an dem Ruhe und Frieden ..."
Eine Stimme – hart wie Metall – unterbrach Jack Randall. Jim Hannagans Stimme. Jim stieß hervor: "Diesen Platz gibt es für dich nicht, Jack."
Der Bandit wirbelte herum. Ein gehetzter Laut brach aus seiner Kehle. "Jim – du!"
"Yeah. Als ich dich mit zwei Pferden ankommen und ins Haus gehen sah, bin ich dir gefolgt. – So ist das also, Jack. Die Kerle von heute Abend habe ich dir zu verdanken. Von dir also wusste John McKenzie, dass ich auf seiner und Wade Benbows Fährte nach Salmon gekommen bin."
"Jim, verdammt, ich wollte nicht, dass du dir McKenzie oder Benbow schnappst und erfährst, was aus mir geworden ist. Wir waren Partner, wir waren Freunde, wir sind durch dick und dünn zusammen gegangen, wir ..."
"Du bist eine Ratte, Jack!", fuhr ihm Jim hart ins Wort. "Verschwinde! Ich hab draußen in deine Satteltaschen geschaut. Sie sind voll Geld. Ich will gar nicht wissen, woher du es hast. Es ist mir auch egal. Werde glücklich damit. Aber verschwinde. Bei deinem Anblick wird es mir nur noch übel."
"Nicht ohne Jessy!", peitschte Jacks Organ. Er schwang zu dem Mädchen herum und wollte nach seinem Arm greifen.
Jim riss ihn an der Schulter herum.
Jacks Rechte fuhr zum Colt.
Aber Jim war schneller. Er schlug zu. Seine Faust bohrte sich in Jacks Magen. Jack krümmte sich nach vorn. Ein Aufwärtshaken richtete ihn wieder auf. Er quittierte ihn mit einem gequälten Aufschrei. Und dann knallte ihm Jims Faust gegen den Kinnwinkel. Der Schlag warf Jack Randall um. Er lag am Boden und stemmte sich gegen die Nebel der Benommenheit, die auf ihn zuzukriechen schienen. Blut sickerte aus einer kleinen Platzwunde an seinem Kinn.
Jim bückte sich über ihn und zog ihm blitzschnell den Colt aus dem Holster. Er schleuderte das Eisen in eine Ecke des Raumes.
Craig Chandler stand da wie gelähmt und starrte Jim an.
Jessy hatte beide Hände vor den Mund gepresst, schien jeglichen Gedanken, jeglichen Willens beraubt zu sein, stand vollkommen im Banne der Geschehnisse.
Jim zerrte Jack Randall auf die Beine. Er bugsierte ihn zur Tür, durch den Flur und zur Hintertür hinaus.
Jack überwand seine Betäubung. "Jim, gütiger Gott, es reicht für uns beide!", krächzte er. "Reiten wir wieder wie früher Steigbügel an Steigbügel. Du kriegst die Hälfte von dem Geld. Wir können noch einmal ganz neu beginnen. Unserer alten Partnerschaft zuliebe. Sei kein Narr, Jim. So ein Angebot bekommst du nie wieder. Pfeif auf den Stern, den du trägst. Nimm die Hälfte von dem Geld. Es ist mehr Geld, als du in 100 Jahren verdienen kannst."
"Es ist Blutgeld, Jack! – O mein Gott, was bist du für eine klägliche Figur geworden. Nichts an dir ist mehr so wie früher, in dir ist alles abgestorben und verkümmert. Für dich gibt es keinen Anfang mehr."
Jim trieb Jack Randall vor sich her bis zur Main Street. Der Lärm, den die aufgebrachten Digger veranstalteten, brachte die Nerven zum Schwingen. Die Meute schien Blut geleckt zu haben.
Als sie bei den Pferden ankamen, wirbelte Jim seinen früheren Sattelgefährten zu sich herum. "Du bist Abschaum geworden, Jack. Ich frage mich, ob du es schon immer in dir getragen hast, oder ob es in dir schlummerte und wie ein Untier in den Vordergrund trat, nachdem du dich mit deinesgleichen verbündet hast. – Verschwinde, Jack. Unserer früheren Partnerschaft hast du es zu verdanken, wenn ich dich nicht dem Mob ausliefere, der mit deinen Freunden in Salmon aufräumt. Verschwinde. Du hast keine Zukunft. Auch nicht mit den Satteltaschen voll Geld. Du wirst es sehen, Jack."
Jim wollte sich abwenden.
Da peitschte ein Schuss. Auf der anderen Straßenseite glühte es auf. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde die Nacht gelichtet und der Schütze aus der Dunkelheit gezerrt.
Von Jack Randall kam ein ersterbendes Gurgeln. Er brach zusammen.
In Jims Faust lag der Colt. Er hatte ihn blitzartig gezogen. Das Eisen schwang in die Waagrechte und stieß ins Ziel, bäumte sich auf. Jim jagte Schuss um Schuss dort in die Dunkelheit, wo soeben der Mündungsblitz durch die Finsternis stieß, bis der Hammer auf eine leere Kartusche schlug.
Kurze Zeit geschah gar nichts.
Plötzlich aber wankte eine Gestalt aus dem Schlagschatten in die Straße und gelangte ins unwirkliche Licht, das aus den Fenstern zu beiden Seiten fiel.
Es war John McKenzie. Aber das wusste Jim Hannagan nicht. Der Bandit hatte beide Hände vor dem Leib verkrampft. Er brach auf die Knie nieder. Dann fiel er vornüber auf das Gesicht. Seine Finger verkrallten sich im Straßenstaub.
Jim ging zu ihm hin. Er drehte den Banditen auf den Rücken. Die Augen McKenzies glitzerten wie Glasstücke. "Mein – Fehler, Hannagan. Ich hätte erst auf dich – und – dann – auf – Randall schießen sollen."
Der Bursche atmete rasselnd.
Jim fiel es wie Schuppen von den Augen. "Du bist John McKenzie, nicht wahr?"
"Yeah. Heh, Hannagan, jetzt hast du mich doch noch gekriegt. Du – du bist ein – verdammter – Bluthund."
Mit dem letzten Wort auf den Lippen starb John McKenzie.
Jim wandte sich ab. In seiner Hand lag noch der leergeschossene Colt. Am Rand des Lichtscheins stand Jessy.
Jim sagte: "Vergiss Jack, Jessy. Er war einmal mein Partner, und ich hielt ihn für einen aufrechten, redlichen und geradlinigen Mann. Ich habe mich geirrt. Er war das Gegenteil davon. Jack hat das Schicksal herausgefordert, und es hat ihn vernichtet. Uns beiden hat er Sand in die Augen gestreut. Vergiss ihn."
"Kannst du ihn auch vergessen, Jim?", fragte sie zaghaft.
"Ich weiß es nicht. Gott verdammt, ich weiß es nicht. Wären McKenzie und Benbow nicht nach Red Lodge gekommen, hätte ich Jack immer als den Mann in der Erinnerung behalten, als den ich ihn bis vor einem Jahr kannte. Als meinen Partner, der mir das letzte Hemd gegeben hätte. So aber ..."
Bitter verstummte Jim.
"Heh, Jim, erwartet dich jemand in Red Lodge?", fragte das Mädchen. "Du wärst ein Mann für diese Stadt. Wäre es keine Aufgabe für dich, hier für Recht und Ordnung zu sorgen und kriminelle Elemente, wie sie heute von den Diggern aus der Stadt gefegt werden, erst gar nicht mehr aufkommen zu lassen?"
Er nickte schwer. "Yeah. Sie heißt Mona. Wir werden heiraten. Ja, Jessy, auf mich wartet jemand." Er hob die Schultern, ließ sie wieder nach unten sacken und murmelte: "Meinst du wirklich, diese Stadt ist es wert, dass man für sie einen Finger krumm macht? Hörst du, wie sie tobt? Das ist ein brüllendes Ungeheuer, außer Rand und Band. Diese Stadt ist ein alles verschlingender Moloch."
"Schade", murmelte das Mädchen.
Jim gab sich einen Ruck. Nach einem letzten Blick auf die stille Gestalt Jack Randalls stapfte er davon.
Tiefe Bitterkeit war in ihm.
Jessy blickte ihm hinterher und versuchte nicht, ihn aufzuhalten.
E N D E