Читать книгу Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane - Pete Hackett - Страница 33

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„Der Junge ist noch nicht da“, zeterte Harry Koster. „Ich sage dir, der hat sich verdrückt.“

Collin Brat starrte missmutig vor sich hin.

„So dünn kann der sich gar nicht machen, dass ich ihn nicht finde“, brummte er.

„Und wenn er uns verpfiffen hat? Diesem Bastard zum Beispiel?“

„Der Bengel ist vielleicht ein Feigling, aber mit Sicherheit nicht verrückt. Er wird sich nicht selbst verraten. Er hängt viel zu tief mit drin.“

„Aber er ist nicht hier“, beharrte Harry. „Und er hätte schon vor fast einer Stunde da sein müssen.“

„So hatten wir es vereinbart“, bestätigte der Boss finster. Er versuchte, seinen Ärger nicht offen zu zeigen. Er war sich nicht sicher, was er von Chalk Kimball halten sollte. Hatte er mit dem kleinen Halunken einen Fehler gemacht? Rächte es sich wirklich, dass er ihn nicht gleich umgelegt hatte, als er versuchte, ihn anzulügen?

„Wir warten noch eine halbe Stunde“, entschied er.

„Und wenn er dann immer noch nicht da ist?“, fragte Jug Barton.

„Dann holen wir ihn uns.“

„Mit dem Burschen verlieren wir nur Zeit“, meckerte Jack Vereen. „Wir hätten uns nie mit einem Kind einlassen dürfen.“

Collin Brat blitzte ihn an.

„Seit wann hast du auch eine Meinung, Jack?“, fragte er grollend. „Bis jetzt war dir alles recht, was ich befohlen habe, weil es dir eine hübsche Stange Dollars eingebracht hat.“

„Der Junge bringt uns aber keine Dollars ein, sondern nur eine Menge Ärger.“

„Dir vielleicht, Jack. Du wirst allerdings Ärger bekommen, und zwar mit mir, wenn du nicht endlich dein Maul hältst und abwartest, was ich dir als Nächstes befehle.“

Jack Vereen überhörte die Drohung nicht. Auch er spürte, dass der Boss gereizt war. In diesem Zustand war er besonders gefährlich und unberechenbar. Er hatte keine Lust, mit Collin Brats Schießkünsten Bekanntschaft zu machen. Gegen den hatte er keine Chance. Sie alle nicht, weder Harry noch Jug. Er nahm sich vor, in Zukunft etwas zurückhaltender zu sein. Es lohnte sich nicht, wegen dieses Bengels ins Gras zu beißen.

„Hab‘s nicht so gemeint, Boss“, lenkte er hastig ein. „Bin etwas nervös. Möchte endlich wieder was Richtiges zu tun kriegen. Nicht bloß so’n Kram wie die letzten Tage. Wir müssten mal wieder einen richtigen Tanz aufführen, dass Gibsonville kopfsteht. Hast du nicht Lust, die Bank auszuräumen?“

„Dazu habe ich sogar sehr große Lust. Und noch zu ein paar anderen hübschen Dingen, von denen du dir noch nichts träumen lässt. Aber alles zu seiner Zeit. Wir haben Jerome verloren und müssen uns um Chalk kümmern. Wenn der Bengel nicht zurückkommt, können wir auch nicht damit rechnen, dass er den Bastard ausgelöscht hat.“

„Meinst du, dass es umgekehrt gelaufen ist?“, fragte Harry Koster beunruhigt.

„Du willst sagen, dass Chaco den Jungen erledigt hat?“

„Das will ich damit sagen.“

Collin Brat rieb sich sein Kinn. Es war glattrasiert, wie man ihm äußerlich überhaupt den erbarmungslosen Killer nicht ansah.

„Denkbar wäre es natürlich, falls sich Chalk zu dämlich angestellt hat. Aber ich traue dem Halbblut nicht zu, dass es einen Halbwüchsigen erschießt. Der hat die Eigenschaft, nach Möglichkeit die Schwächeren zu schonen. Wie ich gehört habe, hasst er das Blutvergießen.“

„Davon hat Jerome aber nichts gemerkt“, sagte Jug Barton.

„Natürlich hat er das gemerkt“, widersprach der Bandenführer. „Bildest du dir ein, es war ein Zufall, dass der Rote ihm beim ersten Mal nur den Arm zerschossen hat? Er wollte ihn nicht töten. Erst als es gar nicht mehr anders ging, hat er ernst gemacht.“

„Das ist ein feiner Zug von ihm“, fand Harry Koster. „Umso leichter werden wir es mit ihm haben, falls er nicht schon hinüber ist.“

„Verlass dich lieber nicht drauf!“, warnte Collin Brat. „Daran, dass er älter geworden ist als zwanzig, kannst du erkennen, dass er verdammt fix sein muss.“

„Ich bin sechsundzwanzig“, erinnerte Harry Koster.

„Du bist auch kein Halbindianer. Die leben nicht solange.“

Jug Barton grinste.

„Na, dann wollen wir doch dafür sorgen, dass dieser Spruch auch auf unseren Bastard zutrifft.“

„Einverstanden“, erklärte Collin Brat. „Aber erst statten wir den Kimballs einen kleinen Besuch ab. Die halbe Stunde ist vorbei. Harry und Jug, ihr erledigt das. Jack und ich kümmern uns inzwischen um den Roten, damit er euch nicht stört.“

„Aber der wohnt doch bei den Kimballs“, wusste Jack Vereen.

Collin Brat sah ihn fast wütend an. Daran hatte er nicht gedacht. Was war los mit ihm? Wurde er etwa nervös? Dafür lag kein Grund vor. Wegen eines Kindes und eines Bastards ging die Welt in Gibsonville nicht unter.

„Das weiß ich selbst“, sagte er knurrend. „Natürlich überzeugen wir uns erst, ob er da ist.“

„Wie willst du das machen? Sollen wir anklopfen und nach ihm fragen?“ Jug Barton hatte anscheinend seinen witzigen Tag. Aber nicht seinen besten. Collin Brats Faust zuckte vor. Sie traf den humvorvollen Sprecher voll.

„Die Witze reiße ich hier“, sagte er drohend, wobei er sich auch an die beiden anderen wandte. „Wenn dein Gehirn nicht in der Lage ist, den kleinsten Denkvorgang zu bewältigen, dann frage ich mich, was du bei den Shadows verloren hast.“

Jug Barton rieb sich sein geschundenes Kinn, aber er wagte keinen Widerspruch mehr. Der Boss verstand heute keinen Spaß. Es war unklug, ihn zu reizen. Unklug und lebensgefährlich.

„Wir brauchen nur im Stall nachzusehen, ob sein Pferd da ist“, erklärte Harry Koster, der sofort wusste, was Collin Brat meinte.

Der Boss nickte. „Wir kennen seinen Hengst. Wenn er nicht in der Box steht, ist alles klar für euch.“

Jug Barton sah Harry Koster hilflos an. Für ihn war überhaupt nichts klar, aber er traute sich nicht, das zuzugeben. Harry Koster half ihm auf die Sprünge.

„Wir wissen von Chalk genau, wo er schläft, und auch, wo seine Alten zu finden sind.“

„Ihr holt sie euch alle!“, befahl Collin Brat eiskalt. „Wenn der Bengel tatsächlich seinen Mund nicht halten konnte oder falls er gezwungen wurde zu reden, dann ist es besser, wenn die ganze Sippe nicht mehr reden kann. Zu holen ist bei denen ja nicht viel, aber darauf kommt es diesmal nicht an. Und denkt daran! Ich will nicht, dass einer überlebt.“

„Das wollen wir auch nicht“, versicherte Harry Koster. Sein narbiges Gesicht war jetzt eine Fratze, die vor Mordgier leuchtete. Er schwang sich schon in den Sattel seines Pferdes, und die übrigen folgten seinem Beispiel. Sie banden sich Masken vor ihre Gesichter. Die meisten sahen jetzt wesentlich anziehender aus als zuvor.

Von ihrem Schlupfwinkel aus, der drei Meilen von der Stadt entfernt lag und in dem sie sich meistens trafen, um ihre Raubzüge zu besprechen, und in den sie ihre Beute brachten, ritten sie in Richtung Gibsonville. Die Nacht war nicht völlig dunkel. Sie hoben sich wie vier Schemen vom violettfarbenen Himmel ab, wie sie, weit über die Hälse ihrer Tiere gebeugt, über das hügelige Land sprengten. Kurz vor der Stadt befahl Collin Brat abzusteigen.

„Das letzte Stück gehen wir zu Fuß“, ordnete er an. „Es ist nicht nötig, dass man uns schon von weitem hört oder sieht.“

Sie banden die Pferde an einigen Bäumen fest und schlichen unter Ausnutzung jeder möglichen Deckung weiter. Das Anwesen der Kimballs befand sich fast am äußersten Ende der Stadt. Dieser Umstand kam ihnen sehr entgegen. Sie brauchten mit keiner unerwarteten Störung zu rechnen.

Das Haus mit dem angrenzenden Stall, der Sattlerwerkstatt und den beiden Schuppen lag im Dunkeln. Die Kimballs gingen früh ins Bett, damit sie am nächsten Morgen zeitig aufstehen und ihrer Arbeit nachgehen konnten.

Die Banditen orientierten sich rasch. Collin Brat selbst huschte zum Pferdestall und schlüpfte durch die Tür, ohne ein Geräusch zu verursachen. Mit ein paar beruhigenden Worten sorgte er dafür, dass sich die Tiere still verhielten. Mit Genugtuung stellte er fest, dass der gesuchte Morgan-Hengst nicht da war. Alles lief also bestens. Er kehrte zu den anderen zurück und teilte ihnen seine Beobachtung mit.

„Und wenn das eine Falle ist?“, meinte Jack Vereen.

„Eine Falle?“

„Es könnte doch sein, dass der Rote sein Pferd woanders untergestellt hat, um uns glauben zu machen, dass er nicht da ist, um uns dann in aller Ruhe abknallen zu können.“

Collin Brat war im Begriff, wieder wütend zu werden. Doch dann überlegte er es sich. Der Einwand war nicht so dumm. Wo sollte Chaco um diese Zeit sein? Er war unschlüssig.

„Verdammt“, sagte er. „Wir müssen ihn erst finden, bevor wir sicher sein können. Wenn dir der Gedanke früher gekommen wäre, hätten wir uns den Umweg sparen können, Jack.“ Er ließ die Gelegenheit nicht aus, in dem anderen den Schuldigen zu suchen, obwohl er eigentlich froh hätte sein müssen, dass er noch rechtzeitig gewarnt worden war.

Sie schickten sich gerade an, zur Main Street vorzugehen, um von dort den Saloon, einen der möglichen Aufenthaltsorte des Halbindianers, aufzusuchen, als sich die Tür des Kimballschen Hauses öffnete und ein Mann heraustrat.

Es war Randolph Kimball. Er hielt ein Gewehr in der Hand und lauschte in das Dunkel hinein.

„Ist dort wer?“, fragte er.

„Er hat uns gehört“, flüsterte Harry Koster. „Knallen wir ihn ab?“

„Warte noch!“, sagte Collin Brat. „Das scheint der Beweis zu sein, dass sich das Halbblut nicht im Haus befindet, denn sonst hätte es sicher den Alten nicht hinausgelassen. Ich habe einen Plan. Wir locken ihn noch ein Stückchen vor. Dann könnt ihr beiden ungehindert ins Haus und dort aufräumen. Wir geben dem Alten seine Kugel und suchen dann den Bastard. Der wird sein blaues Wunder erleben.“

Er hob einen kleinen Stein vom Boden auf und warf ihn in die Richtung, wo die beiden Schuppen standen. Sofort zuckte Randolph Kimball herum. Er nahm sein Gewehr fester in die Hand, drückte sich in den Schatten des Hauses und bewegte sich auf die Schuppen zu.

Harry Koster und Jug Barton warteten, bis sie ihn nicht mehr sahen, dann sprinteten sie los. Nach wenigen Augenblicken hatten sie die angelehnte Haustür erreicht und verschwanden darin.

Collin Brat grinste zufrieden.

„Alles klar!“, sagte er zu Jack Vereen. „Du kannst dich jetzt um den Opa kümmern. Ich werde inzwischen die Pferde holen. Es wäre doch schade, wenn wir die hierließen. Sie haben ja dann sowieso keinen Besitzer mehr.“

Jack Vereen freute sich.

„Das wird also heute doch noch ein richtig schöner Abend“, meinte er. Dann zog er seinen Revolver aus dem Holster und schlich auf die Schuppen zu.

Randolph Kimball strengte seine Ohren an, aber er konnte kein verdächtiges Geräusch mehr wahrnehmen. Dabei war er sicher, zuvor etwas gehört zu haben. Sollte sich ein Halunke an seinem Werkzeug vergreifen? Er trat an das kleine Fenster und äugte in das Innere. Es war nichts zu entdecken. Dafür war es auch zu dunkel. Entschlossen ging der Alte auf die Tür zu, schob sie vorsichtig mit dem Fuß auf und steckte sein Gewehr durch den Spalt. Dann riss ihn eine höhnische Stimme herum: „Kuckuck, Opa! Der liebe Jack steht hinter dir.“

Randolph Kimball starrte in zwei teuflisch grinsende Augen die durch die Sehschlitze einer Maske flackerten. Er wusste, dass er einen Shadow vor sich hatte. Einen jener brutalen Banditen, die auch nicht zögerten, einen alten Mann über den Haufen zu schießen.

Er dachte an Ella und den Jungen, die ahnungslos im Haus schliefen, und ein furchtbarer Zorn übermannte ihn. Der Gewehrlauf blickte noch in den Schuppen hinein. Er würde die Waffe nicht schnell genug herumreißen können, um dem Killer zuvorzukommen.

Jack Vereen ahnte die Gedanken seines Opfers.

„Lass deine Kugelspritze fallen, Alter und drehe dich schön langsam zu mir um! Ich wollte schon längst wieder mal einen Mann von vorn erschießen. Das macht einen so schönen Eindruck, findest du nicht?“

Der Sattler erkannte, dass er den Teufel vor sich hatte. Wer sich wirklich hinter der Maske verbarg, war ihm unklar. Die Stimme erkannte er nicht. Sie klang unter dem Tuch dumpf und verzerrt. Das war jetzt auch nicht mehr wichtig. Er hatte sich übertölpeln lassen. Diesen Fehler durfte man sich in Gibsonville nicht erlauben. Dafür zahlte man mit dem Leben.

Er ließ die Remington auf den Boden fallen. Dann drehte er sich ganz langsam um, dass seine Brust sich vor dem Revolver des Banditen spannte. Im selben Moment, als Jack Vereen die Schüsse im Haus hörte, die ihm sagten, dass nun auch Harry und Jug ihre Opfer gefunden hatten, drückte auch er ab ...

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