Читать книгу Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane - Pete Hackett - Страница 34

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Harry Koster und Jug Barton waren unangefochten ins Haus gelangt. In der geräumigen Wohnküche, in der sie nun standen, brannte eine kleine Lampe. Randolph Kimball hatte sie entzündet, als er draußen die Geräusche zu hören glaubte. Der Gewehrschrank stand noch offen.

„Ich fürchte, viel Whisky werden wir hier nicht finden“, vermutete Jug Barton, der die ärmliche, wenn auch saubere Einrichtung taxierte.

„Den holen wir uns bei der alten Roller“, wusste Harry Koster. „Collin hat versprochen, dass wir den Laden demnächst restlos ausräumen. Und die Hexe legen wir flach. Die hat sowieso das Lachen verlernt, seit wir ihren Mitch vor unsere Kanonen geholt haben.“

„Du hast recht“, feixte der andere, während sie die Treppe hinaufschlichen. „Es ist unmenschlich, eine glückliche Familie auseinanderzureißen.“

„Diesmal erledigen wir es gleich richtig. Wenn die Kimballs hinüber sind, gibt es keine trauernden Hinterbliebenen und keinen, der uns böse sein kann.“

„Wer könnte uns schon böse sein, wo wir doch so nett sind.“

„Vielleicht der Bastard.“

„Um den kümmert sich der Marshal.“

Harry Koster glotzte den Kumpel blöde an, bevor er kapierte. Er prustete laut los und hielt sich selbst erschrocken den Mund zu.

„Marshal Collin Brat!“, stieß er mühsam hervor. „Das ist der schärfste Witz, den sich der Boss bis jetzt geleistet hat. Unter seiner gerechten Faust wird die Schattenbande bestimmt nichts zu lachen haben.“

„Vielleicht lässt er dich als Nächstes zum Bürgermeister wählen, Harry, und mich zum Richter. Das wäre doch was, oder?“

„Kann man bei ihm nie wissen. Er ist schon ein toller Bursche. Da können wir froh sein, dass wir ihn haben, wenn er auch manchmal ein bisschen streng ist.“

„Das muss er wohl sein“, räumte Jug Barton ein. „Dafür ist er der Boss.“

„Stimmt! Und jetzt erwartet er von uns gute Arbeit.“

„Die kann er haben. Wo schlafen denn die Alte und unser lieber Chalk, mit dem wir noch ein besonderes Hühnchen zu rupfen haben?“

„Es müssten die beiden Zimmer auf dieser Seite sein“, vermutete Harry Koster und deutete auf zwei Türen. „Dort drüben schlummert der Bastard, wenn er da ist.“

„Sollten wir nicht lieber doch noch mal nachschauen?“

„Das kann jedenfalls nichts schaden und uns vor einer bösen Überraschung bewahren.“

Ihre Revolver lagen längst in ihren Fäusten. Jetzt drückte der Mann mit der Narbe im Gesicht und den buschigen Augenbrauen leise die Tür auf und warf einen Blick in die Kammer. Das Bett war leer, das Halbblut nicht im Raum.

„Na also!“ Koster gab sich zufrieden. „Vielleicht versucht er jetzt bei Lola sein Glück, weil Jerome nicht mehr seine Hand drauf hat.“

Jug Barton kicherte. Die Banditen wandten sich zur anderen Seite.

„Zuerst den Bengel“, sagte Harry Koster. „Der soll uns kein zweites Mal an der Nase herumführen.“

Aber auch die Kammer von Chalk Kimball war leer.

„Verdammt!“, fauchte der Narbige. „Sieht ganz so aus, als hätte der Halunke sich verdrückt. Der ist auf und davon, wenn du mich fragst.“

„Oder der Rote hat ihn erledigt.“

„Oder umgekehrt.“

„Oder! Oder!“ Jug Barton war wütend. „Hoffentlich ist wenigstens die Alte da. Ich werde noch rasend, wenn ich nicht gleich jemanden vor die Kanone kriege.“

Er drückte die dritte Tür auf, und sein Gesicht strahlte. Diesmal hatten sie Glück. Die Frau lag ahnungslos in dem breiten Bett. Der Platz neben ihr war leer. Randolph Kimball erhielt gerade draußen am Schuppen sein Nachtessen: Heiße Bohnen mit Feuersoße.

„Nimm lieber das Messer!“, warnte Harry Koster leise. „Vielleicht treibt sich Chalk noch irgendwo in der Nähe herum. Er braucht nicht gewarnt zu werden.“

„Hast recht.“ Jug Barton steckte den Revolver zurück und zückte ein breites, schweres Wurfmesser, das er aber diesmal nicht aus der Hand ließ. Ella Kimball lag zu verdreht im Bett. Es war unmöglich, sie aus der Distanz mit einem Wurf tödlich zu treffen.

Der Killer schlich heran, während Harry Koster an der Tür stehenblieb und aufpasste, dass sie nicht gestört wurden. Jug Barton ließ ein triumphierendes Zischen hören, bevor er den Arm zu dem tödlichen Hieb hob.

In diesem Moment schoss die Frau in die Höhe. Sie fing die Faust mit dem Messer ab und landete einen heftigen Schlag in die Magengrube des heimtückischen Angreifers. Der stieß ein erstauntes Gurgeln aus und bückte sich blitzschnell nach der Waffe, die ihm entfallen war. Ein zweiter Schlag riss ihn in die Höhe, auch der nächste landete an seinem Kinn.

„Verdammt!“, schrie er laut. „Der Bastard!“

Erst jetzt wurde Harry Koster an der Tür aufmerksam. Er hatte die Geräusche für den verzweifelten Todeskampf der wehrlosen Frau gehalten. Jetzt sah er, dass es sich völlig anders verhielt. Sie waren in eine raffinierte Falle gestolpert. Jedenfalls handelte es sich bei dem Kerl, der wie ein Rasender über Jug herfiel, nicht um Ella Kimball, sondern um den Halbindianer, von dem sie sicher gewesen waren, dass er sich nicht im Hause befand.

Die Schusslinie war nicht frei. Er lief Gefahr, den Kumpel zu erwischen, wenn er jetzt abdrückte. Aber er konnte ihn auch nicht im Stich lassen. Er musste ihm zu Hilfe eilen.

Jug Barton konnte sich recht gut selbst helfen. Das Überraschungsmoment hatte er schnell überwunden. Im Nu stellte er sich auf den neuen Gegner ein, und er erkannte sofort, dass Chaco nur mit den Fäusten arbeitete. Der Boss hatte offenbar recht, der Bursche scheute das Blutvergießen.

Nun, dann sollte sein eigenes vergossen werden. Mit einem gewaltigen Sprung setzte Jug Barton über das breite Bett hinweg und warf sich drüben sofort in Deckung. Gleichzeitig riss er den Revolver aus dem Holster und ließ die Waffe in die Dunkelheit hämmern. Ein erstickter Aufschrei zeigte ihm, dass er auch bei diesem spärlichen Licht zu treffen verstanden hatte. Allerdings hatte er den Burschen nicht voll erwischt, denn er hechtete nun als Schatten auf ihn zu und ließ gleichfalls seinen Peacemaker sprechen.

Chaco war keineswegs verletzt. Er hatte den Aufschrei hinter sich gehört und ahnte, dass der Bandit seinen Kumpel getroffen hatte, der ihn offenbar gerade von hinten hatte angreifen wollen.

„Danke für den Dienst, Halunke!“ Seine Stimme klang siegessicher.

Doch nun hämmerten die Colts von zwei Seiten auf ihn ein. Harry Koster hatte zwar eine Kugel abgekriegt, aber das hatte seine Wut nur noch gesteigert. Sie galt zwar auch Jug Barton, der so ungeschickt gewesen war, den eigenen Mann über den Haufen zu schießen, in erster Linie jedoch dem verhassten Halbblut, das sich geschmeidig wie ein Puma bewegte und ständig seinen Platz wechselte.

Aber auch Chaco traf keinen der Banditen. Als er seinen Revolver leergeschossen hatte, trat gespenstische Stille ein. Dann ertönte die Stimme von Jug Barton: „Bist du okay, Harry?“

„Es geht, Jug. Der Doc flickt das schon wieder zurecht.“

„Wollen’s hoffen. Den Bastard flickt allerdings keiner mehr zusammen. Der Ärmste hat seine Kanone ausgeleert. Jetzt sieht es aber traurig für ihn aus, findest du nicht?“

„Ich finde, dass du ihm schnellstens eine von deinen Kugeln rüberwerfen solltest, Jug. Sonst kommt er noch auf den Gedanken, sein Schießeisen nachzuladen.“

Jug Barton sah, dass sich der Halbindianer in eine Ecke drängte. Wahrscheinlich glaubte er, dort nicht entdeckt zu werden. Doch der Bandit hatte die Augen einer Katze. Er sah auch im Finstern ganz leidlich. Und hier war es nicht finster. Höchstens dämmrig.

Er erhob sich, beobachtete grinsend den Mann in der Ecke, der hilflos seinen unbrauchbaren Peacemaker anstarrte. Dann zielte er sorgfältig. Auch er hatte nur noch eine einzige Patrone in der Trommel.

Chaco reagierte schneller. Der Mündungsblitz seines Revolvers, den er in der Hand hielt, erhellte sekundenlang seine Ecke. Gleichzeitig warf er sich nach vorn und entging dadurch der Kugel, die hinter ihm einschlug, ohne nennenswerten Schaden anzurichten.

„Schon mal was von einem zweiten Revolver gehört, du Schlauberger?“, fragte er. Als er sich hier auf die Lauer legte, hatte er damit gerechnet, dass sechs Kugeln zu wenig sein könnten, wenn vier Killer sich nach seinem Befinden erkundigten. Deshalb hatte er für eine Ersatzwaffe gesorgt.

Jetzt musste er sich noch um Harry Koster kümmern, bevor er nachsah, wie die Schießerei unten vor dem Haus ausgegangen war. Dass Jug Barton tot war, darüber gab es keinen Zweifel.

Er sah, dass der zweite Bandit versuchte, die Tür zu erreichen. Offenbar hatte er begriffen, dass er in Nachteil geraten war. Chaco dachte nicht daran, dem Fliehenden in den Rücken zu schießen. Das hatte er noch nie getan, und dafür sah er auch jetzt keine Berechtigung. Er jagte hinter Harry Koster her, der schon die Treppe erreicht hatte und mit riesigen Sprüngen hinunterhetzte.

Unten im Zimmer prallte der Killer fast mit Ella Kimball zusammen. Seine Augen blitzten auf. Er schaltete augenblicklich, riss die Frau an sich und setzte ihr seinen Revolver an die Schläfe.

Chaco zuckte zusammen. Warum war die Frau nicht dort geblieben, wo er sie versteckt hatte? Warum hielt sich keiner an seine Anordnungen? Randolph hatte nichts Klügeres zu tun gewusst, als allein nach draußen zu gehen, und war vermutlich dem Rest der Bande direkt in die Arme beziehungsweise die Kugeln gelaufen. Wenn jeder auf seinem Platz geblieben wäre, hätten sie die Shadows mit einem Schlag ausschalten können, ohne sich unnötiger Gefahr auszusetzen. Dass er selbst sein Leben eingesetzt hatte, zählte für Chaco nicht. Daran war er gewöhnt. Jetzt sah er nur die hilflose Frau und den Mörder hinter ihr, der nicht zögern würde, seine Drohung wahrzumachen. „Du bist verdammt schlau gewesen, Bastard. Fast wäre es dir gelungen, uns zu überlisten. Aber zu deinem Pech spielen deine Partner anscheinend auf unserer Seite mit.“ Er hatte bei dem Kampf oben im Zimmer seine Maske verloren. Die Narbe über seinem Gesicht glühte blutigrot. Er sah wie der Teufel aus. Und teuflisch waren auch seine Absichten.

„Trenne dich von deiner Kanone, sonst hat die Lady ein Loch in ihrem faltigen Kopf, darauf kannst du Gift nehmen!“

Chaco zögerte. Er suchte nach einem Ausweg, doch er sah keinen. Es gab ein unerfreuliches Geräusch, als sein Peacemaker auf die Dielen klapperte. Es waren noch fünf Schuss drin, doch sie nützten jetzt weder ihm noch Ella Kimball.

„So ist es brav, Bastard“, lobte Harry Koster. „Und jetzt gib deinem Spielzeug einen Tritt, dass es zu mir herüberrutscht. Oder willst du es mitnehmen? Soviel ich weiß, ist das Waffentragen in der Hölle verboten.“

„Du kannst dich bald davon überzeugen“, entgegnete Chaco grimmig und gab dem Revolver einen Stoß, dass er über den Boden schlitterte. Wenn sich der Killer jetzt danach bückte, würde er es riskieren. Mit zwei, drei gewagten Sprüngen konnte er bei ihm sein, bevor Harry Koster einen gezielten Schuss abgeben konnte. Doch der Bandit bückte sich nicht.

„Hast du dir gedacht“, sagte er ölig grinsend. „Du legst Harry nicht mehr rein. Du nicht.“

Chaco sah die angstvollen Augen der Frau, die in den vergangenen Wochen so viel mitgemacht hatte. Er sah ihren flehentlichen Blick.

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