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Falsche Vergebung und Perfektionismus

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Du sollst nicht du selbst sein.

— Herbie Monroe

Die eigenen Unzulänglichkeiten zu erleben und trotzdem weiterzumachen, sind zwei der größten Errungenschaften des Erwachsenseins. Erfolg ist in vielerlei Hinsicht nicht so wichtig wie Misserfolg und wie man damit umgeht.

— Robert Hand

Perfektionismus ist der selbstzerstörerische Prozess unserer Selbstbewertung mit gottähnlichen Maßstäben. Oliver Wendell Holmes hat davor gewarnt, als er sagte: »Junger Mann, das Geheimnis meines Erfolges ist, dass ich schon in jungen Jahren entdeckt habe, dass ich nicht Gott bin.«

Die unerreichbaren Standards des Perfektionismus machen uns auf grausame und wenig hilfreiche Weise selbstkritisch. Ewiges Glück und unbeirrbare Spitzenleistungen sind weitverbreitete perfektionistische Erwartungen, die die meisten Amerikaner quälen. Diejenigen von uns, die mit diesen beiden heimtückischen Werten belastet sind, werden wahrscheinlich alle anderen Qualitäten ihres Seins und ihrer Leistung als beschämend unzulänglich beurteilen.

Perfektionismus ist in den Industriegesellschaften weit verbreitet. Er ist so sehr mit dem amerikanischen Leben verwoben wie das Geheimnis von Baseball und Apple Pie. Ich habe kürzlich eine Fernsehsendung gesehen, in der Drittklässler gebeten wurden, die fehlenden Teile verschiedener Sprichwörter zu ergänzen. Obwohl das Publikum sich vor Lachen nicht halten konnte, sahen einige so schockiert aus wie ich, als das Kind das Sprichwort »Wenn es Ihnen nicht auf Anhieb gelingt« in vollem Ernst so ergänzte: »… werden Sie für immer ein Verlierer und eine Last für die Gesellschaft sein.«

Der Perfektionismus wurde wahrscheinlich am Fließband geboren, wo die Arbeiter gezwungen sind, so emotionslos, effizient, bedürfnislos und störungsfrei zu sein wie die Maschinen, die sie bedienen. Industriegesellschaften produzieren bei fast allen, unterstützt durch die Kaderschmiede der Familie, perfektionistische, seelenzerstörende Erwartungen.

Perfektionismus entsteht automatisch bei Kindern, die übermäßiger Kritik und Bestrafung ausgesetzt sind. In der Hoffnung, die offensichtlichen Gründe ihrer Eltern für ihre Unzufriedenheit zu beseitigen, streben sie das unmögliche Ziel an, fehlerfrei zu werden. Aus Angst vor der Missbilligung ihrer Eltern verunglimpfen sie sich selbst für die kleinsten Fehler und kommen schließlich zu dem Schluss, dass viele ihrer normalen Bedürfnisse Schwachstellen sind, die beseitigt werden müssen.

Perfektionismus kann sich in einem Kind auch spontan als Reaktion auf Vernachlässigung manifestieren, als verzweifelter Versuch, die elterliche Liebe zu gewinnen. Wenn es nur fehlerfrei über sich hinauswachsen und vollkommen selbstständig sein könnte, wenn es nie neue Kleidung bräuchte und nie seine Milch verschütten würde, wenn es nur nicht krank würde und der Mutter nicht im Weg stehen würde, dann würden seine Eltern vielleicht liebevoll zu ihm sein! Und wenn nur ihre Nase etwas kleiner wäre, und wenn sie nur mehr wie das perfekte kleine Mädchen im Fernsehen wäre, und wenn sie nur daran denken könnte, dieses Lächeln dauerhaft auf ihrem Gesicht zu behalten, dann würden ihre Eltern sie vielleicht lieben!

Ich kann mich daran erinnern, dass ich in der Grundschule bei fast jedem Test nahezu perfekte Ergebnisse erzielte und dennoch kein einziges Wort des Lobes von meinem Vater bekam. Schließlich war ich mit neunundneunzig Prozent nicht mehr zufrieden und fixierte mich arbeitssüchtig auf die perfekten Ergebnisse, von denen ich hoffte, dass sie die verzweifelt ersehnte Anerkennung meines Vaters bewirken würden.

Mit der Zeit konzentrierte ich mich so sehr auf meine Fehler, dass ich mich mit ihnen identifizierte, bis ich in meinen eigenen Augen nur noch ein abstoßendes Gemenge von Fehlern war. Wie John Bradshaw betont, reagieren dysfunktionale Eltern auf die Fehler ihrer Kinder, als ob die Kinder selbst Fehler wären. Einige rügen ihre Kinder sogar mit solch bösartigen Aussagen, dass ihre Geburt ein Fehler war und dass sie eine Schande für den Familiennamen seien.

Viele Eltern benutzen die unschuldigen Fehler und harmlosen Schwächen ihrer Kinder als Vorwand, um sie zum Sündenbock zu machen. Sie lassen ihr Unglück und ihre Frustration regelmäßig an ihren Kindern aus und geben ihnen dann die Schuld für ihre eigene Unfähigkeit zu lieben: »Wer könnte solch ein Kind lieben?« Manche machen ihre Kinder verantwortlich für alles, was in ihrem Leben schiefläuft: »Ich habe mein Leben für dich aufgegeben. Ist das der Dank dafür?« »Es ist ein Jammer! Ihr Kinder habt mein Leben total ruiniert. Ihr bringt mich noch ins Grab!« »Wenn es euch nicht gäbe, hätte ich ________ (füllen Sie die Lücke aus)«.

Es ist für Eltern leicht, ihre Kinder davon zu überzeugen, dass sie dafür bestraft werden müssen, weil sie nicht perfekt sind. Eltern sind für ihre Kinder virtuelle Götter, die absolute Macht über sie haben. Sie können ihre Kinder so sehr manipulieren, dass sie glauben, selbst die grausamste Bestrafung sei »zu ihrem eigenen Wohl«. Alice Miller hat diesen Prozess in ihrem Buch Am Anfang war Erziehung, in dem sie sich mit der Verleugnung des Leidens in der Kindheit auseinandersetzt, eindringlich beschrieben.

Viele dysfunktionale Familien sind wie Mini-Sekten. Die Eltern schärfen ihren Kindern ihre Überzeugungen und Werte zu einer Zeit ein, in der sie vollkommen beeinflussbar sind. Danach bestrafen sie unnachgiebig jede Abweichung im Denken oder Verhalten.

Viele erwachsene Kinder sind in dieser sektenartigen Denk- und Verhaltensweise so stark indoktriniert worden, dass sie nicht in der Lage sind, sich davon zu befreien und das Recht auf ihre eigene, einzigartige Individualität beanspruchen. Auch wenn sie aus dem Familienverband ausziehen, bleiben sie ihrer Sekte lebenslang treu, egal wie feindselig ihre Führer ihrem Wohlergehen gegenüber sind. Immer wieder erlebe ich erwachsene Kinder in einer anhaltenden Unterwürfigkeit gegenüber ihren Eltern, welche sie mit erniedrigender Respektlosigkeit behandeln – die sie auf eine Weise verunglimpfen, die sie in keinem Moment von irgendjemand anderem tolerieren würden.

Eines meiner negativen Lieblingsbeispiele ist die archetypische Filmszene, in der der Held auf die Nachfrage bezüglich seiner Entscheidung vollmundig verkündet: »Weil mein Vater es so gemacht hat, deshalb!« Diese Antwort bringt es auf den Punkt, und alle anderen Figuren im Film fügen sich in offensichtlichem Respekt. Ich hoffe, dass eines Tages jemand einen Film mit einem neuen Verlauf dieser Szene macht. Wenn ich die Regie führen würde, würde ich eine Hauptfigur bestimmen, die diesem blinden Gehorsam z.B. mit folgender Antwort begegnet: »Wenn dein Vater Sandwiches mit Kuhscheiße essen würde, müssten wir das dann auch?«

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