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a) Verfügung und causa

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aa) Die Bestellung eines Pfandrechts, die Übertragung einer Sache oder eines Rechts zur Sicherheit ist eine Rechtsänderung, also eine Verfügung über den Gegenstand, der zur Realsicherheit wird (vorst. Rn. 13). Die Rechtsänderung tritt im Allgemeinen ein ohne Rücksicht auf den Rechtsgrund, die causa dafür; Verpflichtung und Verfügung sind voneinander getrennte und in ihrem unmittelbaren Bestand unabhängige Geschäfte (Trennungs- und Abstraktionsprinzip, vgl. vorst. Rn. 44). Die causa liegt in einem obligatorischen Geschäft, durch das sich derjenige, der den Kredit haben will, verpflichtet, die Verfügung über den Sicherungsgegenstand herbeizuführen. Dieses Verpflichtungsgeschäft liegt nicht im zugrundeliegenden Geschäft: Darlehen, Kauf, Bestellung eines Werks begründen die Pflicht zur Kapitalüberlassung, Übereignung, Herstellung, aber nicht zur Sicherheitenbestellung. Neben das zu sichernde Grundgeschäft tritt ein weiteres Geschäft, dessen Inhalt eben die Pflicht zur Sicherheitenbestellung ist (BGH WM 2012, 737 Rn. 17; WM 2003, 2410 zu III.1.b). Die Willensübereinstimmung der Parteien zur Begründung dieser Pflicht ist ebenfalls ein Vertrag, der eigenständig neben denjenigen Vertrag tritt, der das Kreditgeschäft ist. Dieser, die Pflicht zur Sicherheitenbestellung begründende Vertrag, ist im Allgemeinen der Sicherungsvertrag (Sicherungsabrede, zum Begriff Sicherungszweckerklärung als Teil des Sicherungsvertrags nachf. Rn. 77; denkbar ist auch eine Schenkung, ein Auftrag). Er ist causa der dinglichen Verträge aus §§ 873 i.V.m. 1113 bzw. 1191 oder 1199, 1205, 1293, 398, 929 BGB (Jost, Die Dogmatik des Sicherungsvertrags, 2012, S. 36), die man als Sicherstellungsvertrag bezeichnen mag (BGH NJW 1998, 2097 zu II. 1.), wenngleich dadurch die Abstraktheit des dinglichen Geschäfts vom obligatorischen Geschäft eher vernebelt wird. Erweist sich der Sicherungsvertrag als fehlerhaft, bleibt das Bestellungsgeschäft wirksam, ist aber Gegenstand der Leistungskondiktion. Ist der Sicherungsvertrag ein Formularvertrag, unterliegt er der Kontrolle durch die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB (unten Rn. 173 ff., 1218 ff.).

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bb) Die Parteien schließen den Sicherungsvertrag ab zu dem Zweck, das zwischen ihnen bestehende Grundverhältnis, namentlich die Darlehens- oder sonstige Kreditgewährung, zu sichern. Das Grundgeschäft ist folglich ursächlich für den Abschluss des Sicherungsvertrags. Das Darlehen wird meist nur gegen Sicherheit zur Verfügung gestellt. Aber es ist gerade nicht causa der Sicherheitenbestellung (vorst. Rn. 34), sondern allein der Sicherungsvertrag. Infolgedessen kann der Fall eintreten, dass die Wirksamkeitskontrolle gem. §§ 138, 307 BGB allein das Sicherungsgeschäft, aber nicht das Grundgeschäft ergreift, sodass der sitten- oder treuwidrig handelnde Sicherungsnehmer riskiert, das Darlehen ohne Sicherheit gewährt zu haben. Würde man den Darlehensvertrag als zusätzliche causa ansehen, also eine Doppelcausa durch Darlehensvertrag und Sicherungsvertrag annehmen, die bei nichtigem Sicherungsvertrag noch zum Rechtsgrund bei wirksamem Darlehensvertrag führt, bliebe der Sitten- oder Treueverstoß für den Bestand der Sicherheit ohne Folgen. Er ist aber grundlegender Wertungsparameter der Privatrechtsordnung. Die Lehre von der Doppelcausa (so Richrath, Die Übersicherungsproblematik bei nichtakzessorischen Kreditsicherheiten, 1995, S. 39 ff.) ist ein unhaltbarer Irrweg (Bülow, NJW 1997, 641; Guse, Grundschuld und Übersicherung, 2002, S. 39; Becker-Eberhard, Festschr. Huber 2006, S. 121, 138; Wiegand, Die Sicherungsgesellschaft, 2006, S. 98).

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cc) Die Gesetzesverfasser sahen keine Notwendigkeit, den Sicherungsvertrag über die allgemeine Bestimmung von § 311 Abs. 1 BGB hinaus zu regeln (er war aber für den Fall des Pfandrechts als obligatorischer Verpfändungsvertrag erwogen worden, Mot. II, S. 684 ff., bei Mugdan S. 382 ff. sowie Mot. III, S. 4191, bei Mugdan S. 921); der Sicherungsvertrag ist im Allgemeinen (s. aber unten Rn. 188, 1252) formlos wirksam und kann stillschweigend und zusammen mit dem Kreditvertrag abgeschlossen werden. Kreditvertrag und Sicherungsvertrag sind zwar rechtlich von einander getrennt, aber als zusammenhängend gewollt, sodass bei Nichtigkeit eines der beiden Verträge das Konzept von § 139 BGB zur Lösung des Teilnichtigkeitsproblems herangezogen werden kann (HKK-Dorn, §§ 139–141 BGB Rn. 6): Ist der Kreditvertrag nichtig, wird im Allgemeinen Gesamtnichtigkeit anzunehmen sein, sodass auch der Sicherungsvertrag nichtig ist (mit der Folge, dass die gleichwohl bestellte Sicherheit kondizierbar ist, unten Rn. 1247); ist dagegen der Sicherungsvertrag nichtig, dürfte der gem. § 139 zu ermittelnde hypothetische Parteiwille meist dahin gehen, dass Restgültigkeit in Bezug auf den Kreditvertrag anzunehmen ist.

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dd) Personalsicherheiten sind obligatorische Geschäfte: Bürge oder Garant verpflichten sich gegenüber dem Gläubiger, in der Krise des Hauptschuldners mit ihrem Vermögen einzustehen. Auch diese Geschäfte können ihren Rechtsgrund in einem Vertrag zwischen Hauptschuldner und Gläubiger, also im Valutaverhältnis (vgl. vorst. Rn. 11) haben, in welchem sich der Hauptschuldner verpflichtet, einen Bürgen, Garanten oder auch Sicherungsgesamtschuldner (vorst. Rn. 46) beizuschaffen (nachf. Rn. 68; BGH NJW 2005, 1576, 1578; dies verkennend OLG Hamm WM 2007, 1839, 1840). Ein solcher Vertrag zwischen Hauptschuldner und Gläubiger ist ebenfalls ein Sicherungsvertrag, der durch den Abschluss des Bürgschafts- oder Garantievertrags gegenüber dem Kreditgläubiger im Außenverhältnis vollzogen wird. Der Interzessionar verpflichtet sich seinerseits gegenüber dem Hauptschuldner, so zu verfahren; dieses Schuldverhältnis, das Deckungsverhältnis, wird durch einen Sicherungsauftrag (§ 662 BGB) gebildet (nachf. Rn. 67). Denkbar ist allerdings auch, dass der Bürgschafts- oder Garantievertrag den Rechtsgrund in sich selbst trägt, sodass die Rechtsfigur eines gesonderten Sicherungsvertrags in diesem Fall obsolet ist (unten Rn. 924).

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