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aa) Rechtsverhältnisse bis zur Fälligkeit der gesicherten Forderung – Begründungsphase und Latenzphase

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In der Begründungsphase hat der Schuldner die Pflicht, das Pfandrecht zu bestellen resp. dem Gläubiger den Sicherungsgegenstand zu übertragen, also das Verfügungsgeschäft abzuschließen, z.B. eine bewegliche Sache nach § 929 BGB zu übereignen (s. auch unten Rn. 1261 a.E.) oder eine Forderung gemäß § 398 BGB abzutreten resp. für den Abschluss eines Personalsicherungsvertrags zu sorgen (vorst. Rn. 69). Der Gläubiger hat in dieser Phase keine Hauptpflicht, wohl aber die Nebenpflicht alles zu unterlassen, was gegen die Erreichung des Vertragszwecks gerichtet ist (nachf. Rn. 80). Erst im weiteren Verlauf des Sicherungsverhältnisses können den Gläubiger Rücksichtnahme- und Handlungspflichten treffen, z.B. bei nichtakzessorischen Realsicherheiten zur Rückgewährung des Sicherungsgegenstandes nach Wegfall des Sicherungszwecks (nachf. Rn. 82), zur bestmöglichen Verwertung (nachf. Rn. 92). Der Sicherungsvertrag ist mithin kein gegenseitiger Vertrag, auf den die Regelungen von §§ 320 ff. BGB anwendbar wären, aber im Falle nichtakzessorischer Sicherheiten auch nicht ein schlicht einseitig verpflichtender, sondern ein unvollkommen zweiseitiger Vertrag (aber kein Gesellschaftsvertrag nach § 705 BGB, weil der Sicherungszweck dem Interesse des Kreditgebers, aber nicht gemeinsamem Zweck dient, anders Wiegand, Die Sicherungsgesellschaft, 2006, S. 102). Bei akzessorischen Sicherheiten, wo nach Erledigung des Sicherungszwecks die Zuordnung des Sicherungsgegenstandes oder das Ende der Haftung aus dem Gesetz und ohne die Notwendigkeit rechtsgeschäftlichen Handelns folgt, ist der Sicherungsvertrag im Allgemeinen einseitig verpflichtend.

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(1) Da die Sicherheitenbestellung zweckgebunden ist, muss im Sicherungsvertrag zugleich der Sicherungszweck, also bestimmt werden, welche Forderung mit der Sicherheit gesichert werden soll. Die Parteien können den der Forderung unterworfenen Sicherungszweck stillschweigend oder durch ausdrückliche Sicherungszweckerklärung bestimmen. Die hinreichend genaue Bestimmung der gesicherten Forderung ist bei den akzessorischen Sicherheiten unerlässlich, um den Bestand der Sicherheit festmachen zu können (vorst. Rn. 35); ohne Bestimmung der gesicherten Forderung scheitert die Sicherheitenbestellung. Das gilt auch für die Bürgschaft. Bei den abstrakten Sicherheiten ist die Bestimmung der gesicherten Forderung gleichermaßen unentbehrlich, weil sonst der Sicherungsfall (vorst. Rn. 74) und infolgedessen das Verwertungsrecht des Gläubigers (nachf. Rn. 92) nicht festgestellt werden können.

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Die Sicherheit kann auf eine einzige Forderung bezogen sein oder auch auf eine Vielzahl, vielleicht zukünftiger Forderungen, vielleicht aus der gesamten Geschäftsverbindung (vorst. Rn. 24, Kontokorrentsicherheit, man spricht von „weiter Sicherungszweckerklärung“ im Gegensatz zur Begrenzung des Sicherungszwecks der Sicherheit auf eine oder auch mehrere fest umgrenzte Forderungen, Rehbein, Festschr. Heinsius 1991, S. 659 sowie unten Rn. 1028, 250); die ursprüngliche gesicherte Forderung kann im Wege des Abänderungsvertrages durch eine neue ersetzt werden (s. § 1180 für die Hypothek). Inhalt des Sicherungsvertrages kann sein, dass der Kreditschuldner neue Sicherheiten herbeischaffen muss, wenn die bislang gestellten an Werthaltigkeit verloren haben, so Nr. 13 AGB-Banken, 16 AGB-Postbank, 22 AGB-Sparkassen (Nachsicherung, Wenzel, WiB 1994, 596; OLG Nürnberg NJW-RR 2013, 65). Auf der anderen Seite hat der Sicherungsgeber im Allgemeinen keinen Anspruch auf Austausch einer von ihm gestellten Sicherheit gegen eine ihm genehmere (BGH v. 30.6.2017 – XI ZR 398/02, ZIP 2017, 2479).

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(2) Da der Gläubiger mit der Kreditsicherheit legitimerweise seine eigenen Interessen wahrt, hat er im Allgemeinen keine Obhuts- und Aufklärungspflichten (Diligenzpflichten, unten Rn. 936) gegenüber dem Schuldner oder drittem Sicherungsgeber. Beispielsweise braucht der Gläubiger den Schuldner nicht über steuerrechtliche Veränderungen, die mit der Sicherheit zusammenhängen, zu unterrichten (BGH NJW 1998, 305; WM 1992, 977). Den Interzessionar braucht er nicht über das Risiko aufzuklären, tatsächlich aus der Sicherheit in die Haftung genommen zu werden (BGHZ 125, 206, 208; BGH WM 1994, 1064; 1996, 475; 1997, 1045). Der Gläubiger haftet dem einen Sicherungsgeber nicht für die Werthaltigkeit einer weiteren, von einem anderen gestellten Sicherheit (BGH WM 1994, 1064). Bei erneuter Kreditvergabe an den Schuldner braucht er auf die Interessen des Interzessionars keine Rücksicht zu nehmen. Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner über die Verrechnung von Teilleistungen (vgl. § 366 BGB), die sich zu Lasten des Interzessionars auswirken, muss dieser hinnehmen (BGH WM 1993, 1078). Nur wenn der Gläubiger einen Irrtum des Sicherungsgebers erkennt, ist er zur Aufklärung darüber verpflichtet (BGH WM 1996, 475; 1991, 315); er darf einen Irrtum nicht veranlassen (BGH WM 1997, 1045). In Ausnahmefällen (s. auch unten Rn. 1003) hat der Gläubiger dem Sicherungsgeber einen konkreten Wissensvorsprung zugute kommen zu lassen, z.B. wenn eine Bank selbst Initiatorin eines von ihr finanzierten – und zu sichernden – Anlagemodells ist (BGH WM 1992, 901; NJW 2006, 2099 Rn. 51 ff.; Ganter, WM 1998, 2045, 2051 sowie unten Rn. 1266).

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Der Gläubiger als Sicherungsnehmer hat jedoch die allgemeine Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was die Erreichung des Sicherungszwecks beeinträchtigen würde (OLG Schleswig WM 2011, 1128), namentlich hat er in der Latenzphase den Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückübertragung des Sicherungsgegenstandes nach Tilgung der gesicherten Forderung zu wahren (nachf. Rn. 82), der nichtakzessorischen Sicherheiten immanent und Ausprägung der treuhänderischen Bindung ist (vorst. Rn. 26 und unten Rn. 1191; OLG München WM 2010, 1459). Deshalb darf der Sicherungsnehmer seine Vollrechtsinhaberschaft nur mit Rücksicht auf den Sicherungszweck ausüben und das Sicherungsgut vor Eintritt des Sicherungsfalls (nachf. Rn. 88) nicht verwerten, die zur Sicherheit abgetretene Forderung nicht einziehen (unten Rn. 1472, 1331), in der treuhänderisch übernommenen Gesellschafterstellung das Stimmrecht nicht gegen die legitimen Interessen des Sicherungsgebers, der wieder Gesellschafter werden soll, ausüben (unten Rn. 1552 f.); bei einer in der Zwangsversteigerung gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 ZVG (unten Rn. 479) stehen gebliebenen Sicherungsgrundschuld hat der Gläubiger die Interessen des Sicherungsgebers zu wahren, z.B. wenn der Ersteher des Grundstücks die Grundschuld ablösen will (unten Rn. 486). Die Pflicht zur Rücksichtnahme folgt nicht nur aus dem Vertragszweck, sondern auch aus dem gem. § 241 Abs. 2 BGB zu wahrenden Integritätsinteresse des Sicherungsgebers.

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(3) Ist die Bestellung der Sicherheit vollzogen, kann der Gläubiger vom Schuldner der gesicherten Forderung aber mangels Fälligkeit noch nicht Erfüllung verlangen (oder auch, weil die Forderung einredebehaftet ist, unten Rn. 1263), hoffen die Parteien, dass es nicht zum Sicherungsfall kommt, sich der Sicherungszweck also erledigt. Das Sicherungsverhältnis befindet sich in der Latenzphase. Würde der Schuldner später erfüllen, erhielte er den Sicherungsgegenstand zurück. Deshalb hat der Gläubiger die Pflicht, die Rückführung der Sicherheit nicht zu gefährden, also alles zu unterlassen, was die dem Schuldner wieder einzuräumende Rechtsstellung beeinträchtigten würde (s. schon vorst. Rn. 80). Deshalb darf der Gläubiger als Sicherungseigentümer mit der Sache nicht nach Belieben verfahren, also seine dingliche Rechtsstellung aus § 903 BGB nicht ohne Rücksicht auf den Sicherungszweck ausüben. Namentlich darf er nicht die Herausgabe der Sicherheit betreiben, und er darf sie nicht verwerten. Der Pfandgläubiger hat gem. § 1215 BGB die Pflicht eines Verwahrers (unten Rn. 566). Der Sicherungszessionar darf die Sicherungsforderung (vorst. Rn. 57) nicht einziehen; einziehungsbefugt bleibt im Allgemeinen vielmehr der Zedent (unten Rn. 1559 ff.). Andererseits sind natürlich die Rechte des Gläubigers für den möglichen Eintritt des Sicherungsfalls zu wahren; deshalb darf das mit einem Grundpfandrecht belastete Grundstück nicht verschlechtert werden (§§ 1133 ff., unten Rn. 224). Der Vorbehaltslieferant (§ 449 BGB) kann den vertragswidrigen Gebrauch der Vorbehaltssache durch den Käufer unterbinden (unten Rn. 823), darf sein Vorbehaltseigentum aber seinerseits nur mit Rücksicht auf den späteren Eigentumserwerb des Käufers ausüben.

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