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b) Rangordnung

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Das Mobiliarpfandrecht erlischt gem. § 1256, wenn es mit dem Eigentum zusammenfällt (Konsolidation, unten Rn. 614). Bei den Grundpfandrechten ist das anders. Das ursprüngliche oder nachträglich entstehende Eigentümergrundpfandrecht gehört, in ganz unterschiedlichen Konstellationen (nachf. Rn. 392 ff.), zur (jedenfalls zeitweisen) typischen Erscheinungsform von Grundpfandrechten, und die wiederum beruht auf der Konzeption des Grundbuchs, verbunden mit dem Prioritätsgrundsatz, der gerade auch für Grundpfandrechte gilt.

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aa) Der Prioritätsgrundsatz regelt unter anderem die Frage, wie sich das in der Begründung des Grundpfandrechts liegende Verwertungsrecht verwirklicht, wie also der Gläubiger eines Grundpfandrechts zu seinem Geld kommt, wenn das Grundstück versteigert wird. Ist das Grundstück nur mit einem einzigen Grundpfandrecht belastet, ist die Verwirklichung problemlos: Der Gläubiger bekommt den Verwertungserlös in Höhe seiner Forderung, der Rest geht an den (vormaligen) Grundstückseigentümer (im Einzelnen nach Maßgabe des ZVG, nachf. Rn. 466 ff.). Prioritätsfragen stellen sich nicht, der einzige Gläubiger ist auch der erste. Wenn aber mehrere Gläubiger Grundpfandrechte bestellt haben, wäre denkbar, den Erlös aus der Verwertung des Grundstücks auf alle Gläubiger im Verhältnis des Wertes ihrer Grundpfandrechte zum Versteigerungserlös zu verteilen, falls der Erlös nicht für alle ausreicht, ähnlich der Verteilung im Insolvenzverfahren. Aber eine solche gesetzliche Lösung wäre für die Kreditsicherungspraxis untauglich, wüsste der erste Gläubiger doch nicht, ob nach ihm noch andere Gläubiger kommen und seinen Anteil am Versteigerungserlös schmälern. Ein Gläubiger muss bereits bei Bestellung des Grundpfandrechts abschätzen können, wie hoch der Verwertungserlös sein wird und ob er die dem Grundpfandrecht zugrundeliegende und zu sichernde Forderung deckt. Das ist gewährleistet, wenn die Rechte der Gläubiger nicht, wie im Insolvenzverfahren, im Allgemeinen gleichen Rang haben (§§ 38 ff. InsO), sondern in Rangfolge stehen. Diesen Weg geht das Gesetz für die Grundpfandrechte; die Rangfolge richtet sich nach der Priorität (oben Rn. 104). Das früher bestellte und im Grundbuch eingetragene (nachf. Rn. 110) Grundpfandrecht hat also den Vorrang. Für die Verteilung des Verwertungserlöses heißt das: Zunächst wird der prioritätsältere Grundpfandgläubiger vollständig befriedigt (soweit der Erlös ausreicht). Bleibt ein Überschuss, wird der nächste, d.h. der in zeitlicher Abfolge der Begründung des Grundpfandrechts Zweitplatzierte, vollständig befriedigt, soweit der Erlös dazu ausreicht. Bleibt noch immer ein Überschuss, wird in gleicher Weise der in der zeitlichen Rangfolge nächste Gläubiger befriedigt, einen immer noch verbleibenden Überschuss bekommt der Grundpfandschuldner, der vormalige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück versteigert worden ist. Der Rang des Grundpfandrechts, der durch die Priorität begründet wird, ist als Folge dessen der entscheidende Umstand, der den Wert eines Grundpfandrechts ausmacht. Entspricht z.B. das erste Grundpfandrecht dem Grundstückswert und dem Versteigerungserlös, ist ein nachfolgendes Grundpfandrecht wertlos. Aber auch nachfolgende Grundpfandrechte können je nach Grundstückswert einerseits und Höhe vorrangiger Grundpfandrechte andererseits werthaltig sein. Wichtigstes Bewertungskriterium für ein Grundpfandrecht ist jedenfalls der Rang, nach dem Wert richtet sich auch der Preis, der sich am deutlichsten in den Zinsen äußert: Der Gläubiger, der sich durch erstrangiges Grundpfandrecht der Befriedigung sicher sein kann, mag es sich leisten, geringere Zinsen auf die gesicherte Forderung, den Kredit, zu fordern als der Gläubiger, der mit den Zinsen auch dasjenige Risiko berücksichtigen möchte, das in der Sicherung durch nachrangige Grundpfandrechte liegt. Anders als beim Mobiliarpfandrecht ist die Belastung von Grundstücken mit mehreren Grundpfandrechten auch durchaus gängige Kreditsicherungspraxis, sodass der Rangbestimmung auch insoweit große Bedeutung zukommt.

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Die formal-rechtliche Gewährleistung des Rangs eines Grundpfandrechts, also des Prioritätsprinzips, verwirklicht sich ganz einfach in der Weise, dass die Grundpfandrechte in der Reihenfolge des zeitlichen Eingangs der Anträge auf Eintragung beim Grundbuchamt im Grundbuch eben dort hintereinander eingetragen werden: Was auf dem Grundbuchblatt räumlich an erster Stelle steht, wurde auch zuerst eingetragen und hat mithin Priorität, also den ersten Rang. Der Blick in das Grundbuch offenbart die Reihenfolge und damit die Rangfolge. Unbeschadet bleibt die Möglichkeit, den Rang rechtgeschäftlich durch Rangrücktritt und Eintragung nach § 880 Abs. 2 nachträglich zu verändern[1].

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bb) Besondere Notwendigkeiten für die Behandlung des Grundpfandrechts ergeben sich, wenn der Sicherungszweck erledigt ist. Die Erledigungsgründe sind vielfach. Zur Erklärung des Zusammenhangs von Grundpfandrecht und Grundbuch diene der Fall, der im ordnungsgemäßen Ablauf einer Kreditsicherheit durch Grundpfandrechte stets eintritt, nämlich der Fall der Tilgung des zugrundeliegenden Kredits. Denkbar wäre, dass Grundpfandrechte wegen Erledigung des Sicherungszwecks (nämlich dem Erlöschen der gesicherten Forderung) ihrerseits erlöschen, doch welche Folgen hätte das für die nachfolgenden Grundpfandrechtsgläubiger? Würden die vorrangigen Grundpfandrechte ersatzlos wegfallen, rückten die anderen nach, träten also in die vorrangige Stelle ein und würden mithin in den Genuss eines besseren Rangs kommen. Bei der hervorragenden wirtschaftlichen Bedeutung, die dem Rang zukommt und die sich im Preis des Grundpfandrechts niederschlägt (s. vorst. Rn. 109 f.), würden den nachrangigen Gläubigern Werte zufließen, für die sie nichts geleistet hatten und die ihnen deshalb nicht gebühren. Um diese Folge zu vermeiden, erlischt das Grundpfandrecht, dessen Sicherungszweck erledigt ist, deshalb nicht, sondern bleibt mit altem Rang bestehen, folglich behalten auch die nachfolgenden Grundpfandrechte ihren Rang. Aber für wen bleibt das Grundpfandrecht bestehen? Wenn der Sicherungszweck erledigt ist, darf es dem ursprünglichen Gläubiger nicht mehr zustehen. Vielmehr ist es nun der Grundeigentümer, der Inhaber des Grundpfandrechts wird (vgl. § 1163 Abs. 1 Satz 2). Folglich entsteht ein Eigentümergrundpfandrecht (in der besonderen Interzessions-Konstellation von § 1164 kommt auch ein Übergang auf den vom Eigentümer verschiedenen Schuldner in Betracht, dazu nachf. Rn. 373). Man mag sich fragen, was der Eigentümer als Inhaber aller Herrschaftsrechte über das Grundstück mit dem beschränkten dinglichen Recht, dem Verwertungsrecht, anfangen soll, wenn er das Grundstück doch durch Veräußerung verwerten kann. Die Antwort ist, dass die Verwendungsmöglichkeit für den Grundeigentümer in der Rangwahrung liegt: Mit dem Eigentümergrundpfandrecht kann er sich den Rang reservieren, um ihn zu anderer Zeit zur Kreditsicherung zu verwenden. Nimmt er etwa später erneut Kredit auf, kann er dem Gläubiger eine gute, nämlich vorrangige Sicherheit, bieten. Er braucht sein Eigentümergrundpfandrecht nur auf den Kreditgläubiger zu übertragen, sodass dieser für den Kredit zum Fremdgrundpfandgläubiger wird. Diese Möglichkeit der Handhabung des Eigentümergrundpfandrechts eröffnet sich dem Eigentümer nicht nur nachträglich, also wenn der Sicherungszweck eines Fremdgrundpfandrechts erledigt ist, sondern auch von vornherein: Der Eigentümer kann das Grundpfandrecht als Eigentümergrundpfandrecht begründen, sein eigenes Grundstück belasten.

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