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Algorithmus

Hat sich noch nie jemand gefragt, wie es sich mit der Einstein’schen Formel verhält, wonach sich das Universum unaufhörlich weiter ausdehnt, während unsere mickrigen Wohnungen immer gleich klein bleiben?! Was sich allerdings ständig ausdehnt, sind die Mietund Bodenpreise. Was sagen denn unsere neunmalklugen Nobelpreisträger zu diesem Phänomen? Nach welchem geheimnisvollen Algorithmus geht dies vor sich? Wenn man nachbohrt und hartnäckig fragt, bekommt man als stereotype Antwort stets das ewige Kindermärchen zu hören: der Markt, der Markt, der Markt. Ein anonymes höheres Wesen also. Das Regulativ, das trotz mancher Widrigkeiten angeblich noch alles zum Besten regelt (der Satz stimmt sogar - für eine Minderheit von Absahnern). Es gibt also weder die anhaltende Dauerkrise noch die ausweglose Überschuldung oder das eklatante Scheitern der marktwirtschaftlichen Selbstregulierung, ganz zu schweigen von Wohnungsnot und vom völlig abgehängten Verliererdrittel in unserer Gesellschaft?!

Sind also die trivialen Posaunen des Lobes über die Grandiosität des Marktes wegen ihres durchschlagenden Erfolgs an sich schon als eine triumphale ideologische Bravourleistung zu betrachten? Oder müssten wir uns gelegentlich mehr mit der Trägheit unseres falschen Bewusstseins beschäftigen?

Die Tatsachen bezüglich der absurden Wohnraumknappheit jedenfalls sprechen eine deutliche Sprache. Wobei es ja gleichzeitig einen regelrechten Wohnungsbauboom im oberen Preissegment gibt, d. h. es fließt enorm viel Kapital privater Anleger (großer, kleiner, nationaler und internationaler) in diesen Sektor, weil dieser wegen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise als einer der wenigen verbliebenen profitablen Anlagesphären angesehen wird. Dank des Spekulationskapitals entstehen also laufend neue Wohnungen, die kein normaler Mensch bezahlen kann. Der neoliberale Staat gibt dabei Pfötchen, schaut dem Treiben tatenlos zu, so wie er es gelernt hat. Wir stellen also fest: Entscheidungen zu Qualität und Quantität des Bauens werden nicht nach Maßgabe des Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum getroffen, sondern in Abhängigkeit von Entwicklungen globaler Kapitalströme und ihrer politischen Regulierung. Was, wo und wie gebaut wird, ist durch Entwicklungen des globalen Kapitalismus und seiner politischen Regulation determiniert. Eine globale Misswirtschaft also.

Ich habe vorhin fälschlicherweise gesagt, dass unser Staat dem Treiben tatenlos zusieht. Das Gegenteil ist richtig. Unser Staat ist bei diesem Geschäft ein äußerst aktiver Mitspieler, muss er doch solche Entwicklungen, die ohne Bebauungsplan nicht auskommen, mittragen und mitbeschließen. Dass Luxuswohnen an bestimmten Orten und die dadurch mitbedingte Spekulation lukrativer ist als die Produktion anderer Nutzungen, muss also politisch tatkräftig unterstützt werden von denen, die das Staatsruder in Händen halten und in Bund, Ländern und Gemeinden das Sagen haben.

Das derzeit billige Geld - selbst eine Folge von Finanz- und Wirtschaftskrise - macht gerade das Bauen von Luxuswohnungen für Spekulanten interessant. Dasselbe billige Geld könnte bei entsprechendem politischen Willen genossenschaftlichen Bauträgern zur Verfügung gestellt werden, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen bzw. zu erhalten. Der konkurrierende Trend zu Luxussanierung und Luxusbauten müsste durch gezielte steuerliche und sonstige Auflagen so verteuert werden, dass Spekulation wirksam ausgebremst wird. Einen anderen Weg zur Lösung der Wohnungsfrage kann es nicht geben.

Wer somit als Otto Normalbürger und Mieter eine Partei wählt, die genau dieser neoliberalen Praxis anhängt, handelt gegen seine eigenen Interessen und verarscht letztlich sich selbst. Dabei gilt: An ihren Taten müsst ihr sie messen, nicht an ihren frommen Sprüchen und leeren Versprechungen.

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