Читать книгу Kurz angebunden - Peter Franz Schmitt - Страница 7

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Götterspeise

Man hört gerüchteweise, Götter äßen löffelweise Götterspeise, obwohl es ihnen längst nicht mehr zusteht, dafür mit Verlaub sammle ich Beweise.

Ernstzunehmen daran ist das menschliche Distanzbedürfnis, verursacht durch ein tiefes Zerwürfnis. Die Götter, nach der Aufklärung kaum aus der Vordertür verwiesen, versuchen sie ständig, zur Hintertür wieder hereinzuschlüpfen, weshalb es unsereins geradezu in den Fingern juckt, sie alle ein für allemal aus dem Verkehr zu ziehen. Als Interimskommissar ließe ich sie einsperren, einen nach dem andern in Untersuchungshaft stecken, allen voran den bocksfüßigen Pan. Und dieser Bacchus bekäme keinen Tropfen mehr, ohne jeden Pardon. Aphrodite wiederum, so sehr sie auch flehte, ihre Reizwäsche behalten zu dürfen, müsste sich dreinschicken, einen grauen Schlabberkittel zu tragen. Juno würde ich den Eierlikör wegnehmen, und Zeus selbst hätte nichts zu lachen, bei Lidl an der Kasse ließe ich ihn eine lange Resozialisierungsstrafe absitzen. Für jene Kandidaten der Spätzeit wiederum, den dreifaltigen Jesus, den vierschrötigen Allah und vor allem den Abgott des Konsums muss ich mir noch eine passende Sonderbehandlung ausdenken. Wozu es wohl ratsam sein dürfte, für eine gewisse Zeit Personenschutz zu beantragen.

Die Vorwürfe lauten u. a. auf Mummenschanz, groben Unfug (Wasser in Wein, geht’s noch?) , permanenten Verstoß gegen den Datenschutz (von wegen der liebe Gott sieht alles) und nicht zuletzt auf philosophische Anmaßung. Im Wesentlichen aber wäre ihr historisch durchgängiges Versagen vor einen Richterstuhl zu bringen. Das Versagen der Götter, welch ein Jahrtausendflop. Eine majestätische Versammlung, auf die der Begriff Charakter noch nie anwendbar war. Die Performance war einfach zu schwach über die Jahrtausende. Am wenigsten haben sie der fortschreitenden Entzauberung der Welt Einhalt gebieten können.

Was bleibt am Ende? Ob es nun Götter gibt oder nicht, ob falsche oder echte, ich fürchte, unsere Verstrickung sitzt tief, und wir sind und bleiben noch eine ganze Weile ihre Knechte. – Was mich die Sache angeht? Als freiberuflicher Beiträger des Instituts zur Untersuchung von Staatsund Autoritätsverdrossenheit (IUSUA) fällt mir Aufgabe eines Chronisten zu, diesbezüglich den Finger am Puls der Befindlichkeiten und das allgegenwärtige Kameraauge jederzeit offen zu halten, um allzu rückfällige Tendenzen rechtzeitig wahrzunehmen.

- Ob ich mich nicht doch insgeheim vor der Rache der Götter sorgen müsse? Ach wissen Sie, ich persönlich bin da absolut furchtlos, schließlich habe ich schon mit etlichen Pastorentöchtern nackt gebadet, ohne dass mich je der Blitz geblendet hätte. Und wie Sie sicher schon längst bemerkt haben werden, spricht aus meinen Worten der Leibhaftige, und der hat bekanntlich Narrenfreiheit.

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