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Elegie des Vorworts

Ein Vorwort wohnte einst in einem Vorort. Es führte dort ein zurückgezogenes Leben und ging nur selten aus dem Haus, höchstens um einige Besorgungen zu machen. Näher in Richtung Innenstadt zu ziehen kam ihm nicht in den Sinn, denn dort wohnten die Hauptkapitel, die schon ihrer Wichtigkeit wegen den ihnen zustehenden Lebensraum besetzt hielten. Sie flanierten dort über die Boulevards, traten auf Lesungen auf und ließen sich von namhaften Kritikern ihre Aufwartung machen. Manche machten auf Buchmessen von sich reden, wovon das arme Vorwort nicht einmal träumen konnte. Wohl gehörte es in stilistisch anspruchsvolleren Werken zum guten Ton, auf das Vorwort nicht zu verzichten, so wie man das Sandwich nicht ohne Serviette über die Verkaufstheke reicht. Was aber seine Beiläufigkeit nur unterstreicht. Bei Tisch würde doch auch kaum jemandem auffallen, wenn man die Petersilie weglässt. Was aber am meisten an seinem Selbstbewusstsein nagte, dass selbst der Klappentext entschieden mehr Beachtung fand. Es gab dazu zwar noch keine repräsentative Leserumfrage, aber allein die aufreizende Platzierung und der anmacherische Jargon des Klappentextes gaben zu größter Besorgnis Anlass. Wo waren sie nur geblieben, die Glanzzeiten des Vorworts, als es nicht selten bedeutungsschwer hieß: Zweites Vorwort zur dritten Auflage, oder drittes Vorwort zur sechsten Auflage. Darunter manchmal sogar ein Datum und der Ort, an dem es geschrieben wurde. Wo sonst als im Vorwort erhielt man erschöpfend Auskunft darüber, ob und weshalb ein Werk ggf. erweitert, überarbeitet oder gar neu editiert worden war. Kurzum: Ob dem Vorwort je nochmals eine neue Blütezeit zuteil wird, steht mit dem Anbruch der E-Book Verflachung sehr in Frage. Worauf denn auch der Satz beruht: Ein Vorwort hat es selten gut.

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