Читать книгу Kurz angebunden - Peter Franz Schmitt - Страница 8
ОглавлениеUrgroßvaters Selbstgespräche
Wenn das der Führer wüsste, wie dilettantisch der Kübelwagenkonzern die Abgase fälscht…… Macht sich nicht gut im Ausland, wo man noch weiß, wie wir damals Zyklon B als normale Atemluft verkauft haben.
Höre ich richtig? Bruno Ganz hat sich das Bärtchen nicht einfach nur angeklebt und beim Zubettgehen wieder abgemacht? Nein, er hat sich selber solch ein Hitlerbärtchen wachsen lassen! Dass der Mann so durchdreht, wundert einen nicht, denn Hitlers Endsieg am Kiosk, im TV und nunmehr authentisch an der Oberlippe wiederholt sich seit Jahrzehnten Jahr für Jahr in allen Variationen.
Ob allerdings dies Breittreten dem angemessenen historischen Gedächtnis adäquat ist, möchte zu bezweifeln sein. Wenn ich sehe, wie die heutigen Konsum-Kleinbürger gänsehäutig begierig nach diesem Kitzel schmachten und noch immer das Gleiche wollen, nämlich am liebsten ihren Verstand, wie wenig das auch ist, an der Garderobe abgeben, muss ich an der in Aussicht gestellten qualifizierten Wiedererweckung des Reichsgedankens zweifeln. Skepsis überfällt mich, zu beobachten, wie sie nach diesem psychodelischen Popstar und Strohmann des militärindustriellen Komplexes geradezu lechzen und von dessen Physiognomie als Verführer geradezu schwärmen. Wie? Tun sie nicht? Tut nur das Knopp-Fernsehen? Bin mir da nicht so sicher. Verständlich aber, dass man sich da am liebsten so naturalistisch perfekt wie möglich in die GröFaZ-Rolle hineinversetzen möchte, und Bruno Ganz muss aufpassen, dass er seine Performance am Ende nicht besser macht als der Siewissenschonwenichmeine. Mich überkommen jedenfalls gemischte Gefühle, wenn ich sehe, wie dem illustren Kinopublikum und nicht wenigen von den Rezensenten geradezu das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn man deren unbedarften Sabber so nennen darf.
Überhaupt dieser Schicklgruber, war ja mit seiner Hitler-Selbstdarstellung so beschäftigt, dass er gar nicht gemerkt hat, wie auf einmal Krieg war. Und wie er’s gemerkt hat, fiel ihm nichts Besseres ein, als den Dünkirchen-Vormarschbefehl des Generalstabs zu stoppen. Wer jetzt? Hitler als Erretter Englands? Oder der Bruno Ganz? Wie soll man das noch auseinanderhalten? Sie, ich kann Ihnen sagen, wenn schon die Kinder einem erzählen, Ulbricht hätte die Autobahnen gebaut, kann man sich ausmalen, wie es erst in den Köpfen der Erwachsenen aussehen mag. Bruno Ganz hat jedenfalls die personelle Kontinuität in lächerlicher Perfektion erstmal gewahrt. The show must go on. Und er wird mit diesem zweifelhaften Verdienst sicherlich in die Geschichte eingehen - und nie wiedergutmachen können
Wenn es mit der Bruno-Hitlerei so weitergeht, gibt's bald Hitler-Würstchen, Hitler-Bier, Hitler-Salbe für nationalvölkische Schürfwunden, wenn nicht gar Hitler-Stollen zu Weihnachten. Wobei, zu einem vollwertigen Schurken gehören heutzutage auch ein paar ordentliche Plagiatsvorwürfe. Mein Kampf in weiten Passagen bei Uschi von der Leyen abgeschrieben, wenn sich das herausstellen sollte, ist der Ruf von Guido Knopp endgültig erledigt.
Eins lassen Sie mich zur Abwechslung ohne Juxerei noch sagen. Dieser banale Hitler für sich genommen war ja nicht das Problem. Was dieses durchgeknallte Individuum zum Problem werden ließ, waren die schier unendlich vielen hundsföttischen Waschlappen aus Generalität, Beamtentum, sonstiger Gefolgschaft und karrieregeilen Aufsteigern, die ihm blind gefolgt sind, ihn zum Gottgleichen unter ihresgleichen gemacht haben. Als sie dann viel zu spät bemerkten, wie die Atemluft in des geliebten Führers Rektum immer dünner wurde, steckten sie schon bis zum Hals im Sumpf des Verderbens, waren sie eingesperrt unter der selbstgemachten Käseglocke der Angst. Und wenn der Deutsche so richtig Angst hat, dann erteilt er sich selbst den Nero-Befehl, und der Rest der Welt muss sich auf das Schlimmste gefasst machen. Dass übrigens heutige Historiker den GröFaZ weiterhin zur monolithisch gottgleichen Ikone und Blaupause des absolut Bösen stilisieren, damit hinter seinem aufgeblähten Schlagschatten die damaligen Strippenzieher aus der Welt der Banken und Konzerne möglichst unsichtbar bleiben, steht auf einem anderen Blatt. Das Blatt hat die Überschrift Geschichtsklitterung. Die gleichen Geschichtsexperten plappern auch regelmäßig das von den Nazifaschisten erfundene Täuschungsetikett „Nationalsozialismus“ so papageientreu nach, als fürchteten sie Entschädigungsklagen von NS-Markenschutzanwälten, die über die Unantastbarkeit dieser Marke wachen.
In einem muss ich denen allerdings Recht geben. Die ständig und ewig aufs Neue wiederholten und nochmals in Endlosschleife abgespulten nächtlichen TV-Sendungen über den D-Day, die Befreiung durch die Westalliierten, haben die proportionalen Tatsachen endlich gehörig zurechtgerückt. Moment, das Bücken fällt mir schwer, mir ist grad das Gebiss auf den Boden gefallen, passiert mir mehrmals am Tag. Jedenfalls bezüglich dessen, wer uns befreit hat. Jedenfalls nicht die Rote Armee. Hat’s die überhaupt je gegeben? Ich muss doch mal diesen Gauleiter danach fragen, oder war sein Name vielleicht Gauschland, Gaubrand oder, mir kommt es fast etwas unaussprechlich vor, vielleicht auch einfach nur Gauthaler, wie dieser unbeschreibliche Stinkkäse von Lidl, jedenfalls so ähnlich, obwohl mir das noch zu harmlos klingt.