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Umsturz eines Weltbildes

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Aber es bedarf nur des Hinweises auf die Forschungsergebnisse, die das Weltbild der Antike und des Mittelalters zu revolutionieren vermochten, um darauf aufmerksam zu machen, daß sich die Wirklichkeit durchaus anders, ja geradezu im umgekehrten Sinne verhalten kann, als es der gewohnte Augenschein nahelegen möchte. Um noch genauer sehen zu können, wo wir heute stehen, ist es deshalb hilfreich, über die Aufklärung hinaus noch ein wenig weiter zurückzugehen in der Geschichte, in die Zeit der großen Entdeckungen vom 15. bis 17. Jahrhundert, in die Zeit von Christoph Columbus (1451–1506), Vasco da Gama (1469–1524), Nikolaus Kopernikus (1473–1543), Giordano Bruno (1548–1600), Galileo Galilei (1564–1642) und Johannes Kepler (1571–1630). Es ist kaum erst 500 Jahre her, daß ein viele tausende von Jahren altes Weltbild, das als unerschütterlich galt, völlig auf den Kopf gestellt wurde: Seitdem Menschen den Himmel betrachten, haben sie wohl mit größter Selbstverständlichkeit geglaubt, daß sich die Sonne um die Erde herum bewegt, und sie hätten jeden ausgelacht, für verrückt erklärt oder geächtet, der eine andere Ansicht vertreten wollte. Giordano Bruno wurde erst vor vierhundert Jahren seiner anderen Weltanschauung wegen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und Galilei mußte widerrufen, was er als richtig erkannt hatte.

Das neue Weltbild war in einem sehr viel weitreichenderen Sinne revolutionär, als daß sich die Himmelskörper lediglich umgekehrt als der Augenschein zueinander verhielten. Mit dieser Entdeckung veränderten sich die kosmischen Relationen so grundlegend, daß die Erde nun plötzlich aus ihrer zentralen Stellung in der Welt herausfiel und zu einem völlig unbedeutenden Staubkorn in einem unermeßlichen Universum wurde. Diese Entdeckungen stellen keineswegs einfach nur neue astronomische Erkenntnisse dar, sie haben vielmehr einen gravierenden Wandel im Selbstbewußtsein der Menschheit zur Folge. Die Zeit der revolutionierenden Entdeckungen über die Stellung der Erde im Kosmos fällt zusammen mit der vollständigen Entdeckung der Erde selbst. Es ist noch nicht lange her, dass alle Länder der Erde entdeckt wurden und alle Völker der Erde voneinander Kenntnis erhielten. Daß alle Menschen nun eine gemeinsame Völkerfamilie in dem einen Lebensraum der Erde bilden, ist eine neue und sehr junge Erfahrung in der Menschheitsgeschichte.

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