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Erneuerer und Reformator des Christentums im 20. Jh.

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In seinem elementaren Verständnis christlicher Religion und christlichen Lebens wurde Albert Schweitzer mit Franz von Assisi (1182- 1226) verglichen, der in allen Geschöpfen seine Brüder und Schwestern sah und ohne kirchliche Ämter und Würden nur in der Nachfolge Jesu leben und den Menschen in ihrer Not beistehen wollte. In dieser Rückführung und Konzentration der christlichen Religion auf ihren wesentlichen Kern kann Albert Schweitzer als eine Prophetengestalt und als ein Erneuerer und Reformator christlicher Religion und Ethik im 20. Jahrhundert gelten. „Ehrfurcht vor dem Leben“ bedeutet für Albert Schweitzer umfassende Verantwortlichkeit. Im Jahr 1919 sagt er in einer Predigt: „Leben heißt für uns, alles, was sich mit der Kreatur und mit dem Menschen um uns herum ereignet, selbst Anteil nehmend mitzuerleben, die Sorge in Sorge mitempfinden, die Angst als unsere Angst mitmachen, mithelfen, wo eine Anstrengung gemacht wird auf Erhaltung oder auf Steigerung und Vervollkommnung des Lebens. Miterleben heißt, sich für alles, was sich in unserem Bereich abspielt, verantwortlich fühlen.“

Ich möchte hier zunächst noch näher auf den etwas fremdartigen und sperrigen Begriff der „Ehrfurcht vor dem Leben“ eingehen. Albert Schweitzer war sich selbst durchaus bewußt, daß dieser Begriff etwas altväterlich klingt. Dennoch blieb er dabei, da er keinen besseren oder moderneren Begriff finden konnte, der den geistigen Inhalt seiner Ethik auszudrücken vermochte. Die beiden Elemente „Ehre“ und „Furcht“ sind auf den ersten Blick durchaus dazu angetan, beim heutigen Leser Mißbehagen auszulösen und eine Assoziation mit etwas Positivem gerade zu blockieren. Aber Albert Schweitzer will mit dem Begriff der „Ehrfurcht vor dem Leben“ zunächst zum Ausdruck bringen, daß es in seiner elementaren Ethik um eine unbedingte wertschätzende Achtung geht, die der Mensch allem Lebendigen und der ganzen Schöpfung schuldet. Diese Achtung und Liebe gegenüber allem Leben, sowohl gegenüber dem anderen Menschen als auch gegenüber Tier und Pflanze, ist dem Menschen mit fragloser Selbstverständlichkeit geboten, weil alles Leben so wie er selbst einen Willen zum Leben in sich hat, über den er als Mensch nicht beliebig verfügen kann. Denn dieser Wille zum Leben kommt aus dem geheimnisvollen göttlichen Urgrund, aus dem der Mensch selbst ebenso wie alles andere Leben hervorgeht. Als verschiedene Erscheinungen dieses einen göttlichen Willens zum Leben sind alle Lebewesen gleich: Sie alle sind Geschöpfe, und deshalb schuldet der Mensch ihnen allen die gleiche Achtung wie seinem eigenen Leben.

Dem Leben dienen

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