Читать книгу Blanko - Peter Terrin - Страница 11
ОглавлениеViktor irrte durch den Supermarkt, immer noch aufgewühlt. Er legte Einkäufe in seinen Korb, ohne zu wissen, was er eigentlich genau brauchte. Die Aufeinanderfolge gefüllter Regale hatte auf jeden Fall etwas Beruhigendes.
Bei einem Turm gestapelter Cornflakes hielt er inne, und erst nachdem er sich im Stillen feierlich versprochen hatte, von nun an Igor auf dem Weg in die Schule zu begleiten, kam sein Körper wieder in Bewegung.
Die Wohnung begrüßte ihn mit wohltuender Wärme. Er stellte seine Schuhe in die Garderobe und hängte seinen Mantel auf. Er fühlte sich erschöpft und beschloss, jetzt schon zu Mittag zu essen, obwohl es erst zehn nach elf war. Er machte sich ein Omelett mit Tomaten, aber der Eiergeruch raubte ihm jeden Appetit.
Im Wohnzimmer blätterte er durch die Zeitung.
Der Mann einer Tagesmutter begrapschte dreijährige Kinder und sogar jüngere. Die Frau wollte es nicht wahrhaben. Ein Bungalow, roter Backstein, niedriges Dach mit graugrünen Moosflecken. Gras und hohe Fichten drum herum. Nichts ahnende Nachbarn.
Später lag Viktor ausgestreckt auf dem Bett, Hände hinter dem Kopf. Die sonnigen Perioden wurden immer länger. Langsam schob sich das Sonnenlicht über die Wand, wurde schwächer und leuchtete dann wieder blendend auf. Irgendwo am Himmel hörte man das leise Sirren eines Linienflugzeugs.
Er starrte auf die Schneelandschaft am Fußende.
Helena hatte sie gekauft, als sie hier frisch eingezogen waren.
Die Landschaft war von anrührender Schlichtheit. Papier und Holzkohle, ein paar treffsicher gesetzte Linien, die einen Hang andeuteten, über den ein Pfad zu einem Dorf am Horizont führte. In der Bildmitte zwei Figuren, schwarze Striche, gedrungen, durchgefroren.
Manchmal sah es so aus, als stapften sie von Viktor davon Richtung Dorf, manchmal, als kämen sie auf ihn zu. Mal Mann und Frau, mal zwei Kinder, die trotz schneidender Kälte ein Lied sangen. Manchmal schweigende Männer, gebückt unter einer Nachricht, die sie überbringen mussten.
Manchmal war es, als blieben sie stehen und wüssten nicht, was sie tun sollten.