Читать книгу Vom Sinn des Lebens in der globalisierten Welt - Petra Barg - Страница 10

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DAS CORONAVIRUS - EVOLUTIONSBESCHLEUNIGER UND WECKRUF

Die Pandemie als Beispiel für eine seit jeher als Heimsuchung erlebte Zeitströmung

Der Ausbruch der neuen Coronavirus-Erkrankung COVID-19 (Corona Virus Disease-2019), als zweites aus der SARS-Reihe (Severe Acute Respiratory Syndrome) stammendes Virus auch SARS-CoV-2 genannt, meldet sich gemäss dem deutschen Zukunftsforscher Matthias Horx als Evolutionsbeschleuniger, als Sendbote aus der Zukunft. Seine drastische Botschaft lautet: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte, eine materielle Richtung, in der es aber keine Zukunft gibt, weil Mass und Verzicht verloren gingen. Auch der Sinn für die Naturgewalten, für den umfassenden Charakter von Epidemien und das Kommen und Gehen auf der Erde verschwand.

Wir leben ohne jeden Respekt für die Natur, Spiritualität und Transzendenz. An ihre Stelle haben wir Ausbeutung, Herrschaft, Kommerz und Vergnügen gesetzt. Wir leben ohne jeden Respekt für die Mitwelt und Umwelt. An ihre Stelle haben wir Gier und Neid sowie Enthemmung und Verrohung gesetzt. Wir leben ohne jeden Respekt für die Gemeinschaft und Teilnahme. An ihre Stelle haben wir Gleichgültigkeit statt Sinnhaftigkeit gesetzt.

Form und Richtung unseres Lebens stimmen nicht mehr. Es fehlt die Demut vor dem Willen der Zeit und vor der Unterscheidung zwischen Anspruch und Gnade. Wir sind nicht im Fluss, nicht in Verbindung mit den Zusammenhängen. Unvorhersehbare grosse Ereignisse sind als höhere Gewalt bekannt und immer einzukalkulieren, was aber auf Machbarkeit geeichten Gesellschaften schwerfällt. Ohne diese Verbindung drohen wir jedoch in die Falle zu geraten, nach der alles, was wir erleben, das Aussergewöhnlichste sei, das Besonderste der Weltgeschichte, was es zweifellos nicht ist, denn alles war schon und alles wird wieder sein.

Einem falschen Verständnis von Normalität sollten wir nicht unterliegen. Auch wenn wir im Umschlagen des Zeitenlaufs einen natürlichen Zusammenhang mit unserer unnatürlichen Lebensweise nicht ausschliessen können, lässt sich aus den materiellen Gezeiten des Zustands der Welt kein moralisches Urteil ableiten. Wenn das Schicksal zuschlägt, wenn Viren töten, steckt kein höherer Plan dahinter, sondern Ursache und Wirkung. Die Natur hat ihre Macht vorgezeigt und beherrscht auch unseren eigenen Film.

Neue globale Ära mit Ansage –

Ende Dezember 2019 wurde eine neue globale Ära sichtbar. Ihren schicksalsschweren Anfang nahm sie mit höchster Wahrscheinlichkeit im Laufe des Spätsommers 2019 in Wuhan, eine 11-Millionen-Einwohner-Metropole in der zentralchinesischen Provinz Hubei.

Eine Studie der Harvard Medical School in Boston dokumentiert rückwirkend, dass das Coronavirus bereits zu diesem Zeitpunkt im Umlauf gewesen sein muss. Die Satelliten-Aufnahmen von RS Metrics beweisen ab August einen steilen Anstieg des Krankenhausverkehrs in Wuhan sowie der Abfragen nach COVID-19-spezifischen Symptomen bei chinesischen Internet-Suchmaschinen. Die Zunahme beider Signale, Krankenhausverkehr und Suchabfragen, geht dem bisher angenommenen Beginn der monumentalen Corona-Krise von Dezember 2019 deutlich voraus.

Wann auch immer der Start gewesen sein mag, am 12. März 2020 führte die Epidemie zum Ausrufen der 2. Pandemie im 21. Jahrhundert durch die World Health Organization (WHO) in Genf. 2002–2003 ereignete sich die 1. Pandemie beim erstmaligen Auftreten des SARS-assoziierten Coronavirus, heute SARS-CoV-1. Gemäss der Definition der WHO ist eine Pandemie auszurufen, wenn die Seuche länderübergreifend mit hohen Fallzahlen und schwerem Verlauf ungebremst um die Welt mäandert.

Kosmischer Hausbesuch 2020

Corona-Zeiten sind Zeiten von Virologen und Epidemiologen, dunklen Vorahnungen und Prophezeiungen von Niedergang. Dem wollen wir nicht verfallen, denn es gilt: Nüchternheit und Wissen sowie Risikoabwägung und Vorsicht statt Angst.

Dazu gehört in dieser Zeit auch ein Blick auf die seriöse Astrologie, die Deutung von Zusammenhängen zwischen astronomischen Konstellationen und irdischen Vorgängen. Die ältesten sicheren Spuren der Astrologie lassen sich bis etwa 2500 Jahre v. u. Z. in Mesopotamien zurückverfolgen. Träger der auch in Ägypten, China und Indien bekannten Kultur waren die Babylonier und Sumerer. Offenbar erkannten die Menschen bei der Himmelsbeobachtung, dass es gewisse Zyklen gibt, die mit einiger Erfahrung vorausberechenbar sind und sich mit positiven oder negativen Erwartungen verknüpfen lassen. Das war der Anfang der Ankündigung von Erneuerungsbewegungen: der Prognose.

Es folgt die auszugsweise zitierte Prognose der Astrologin Ute Flörchinger, veröffentlicht am 30.12.2019 im Magazin „Iconist“ der deutschen Zeitung „Welt“:

„So wie 2020 stehen die Sterne nur alle paar Jahrhunderte. Wichtige Konstellationen kündigen ein besonderes Jahr an. Sie sorgen dafür, dass 2020 ein Jahr der Umbrüche und grossen Veränderungen wird. Vieles, was sich in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut und aufgebläht hat, wird nun von Grund auf konsolidiert. Da die äussere Welt einem Wandel unterzogen ist, werden verstärkt Familie und Häuslichkeit im Fokus stehen. 2020 werden einige himmlische Aspektierungen eintreten, unter denen es in der Vergangenheit häufig zu Erschütterungen kam. Krisen in Kirche, Staat und Wirtschaft, Naturkatastrophen, aber auch Kriege sind bei diesen Konstellationen zu beobachten. Solche Umbrüche bieten die Chance zur Besinnung auf wesentliche Werte. Es bricht nicht alles zusammen, sondern sortiert sich nur neu und führt uns zum richtigen Mass zurück. Wichtig ist, dass jeder diesen Umsturz als notwendig erachtet. Eine der astrologischen Stellungen geschah zuletzt 1518. Zu dieser Zeit erreichte der Ablasshandel seinen Höhepunkt. Die Reformation als Gegenbewegung hatte ihren Anfang genommen, veränderte die ganze Epoche und wirkt bis heute. Zudem wiederholt sich auch eine andere astronomische Stellung, diejenige von 1968, mit dem Beginn der Studenten-Revolten, als Konventionen und Normen fielen. Die beiden Konstellationen von 1518 und 1968 bergen in Kombination ein gewaltiges Konfliktpotenzial, das sich dieses Mal zwar auf anderen Ebenen zeigt, dennoch an Brisanz nicht zu unterschätzen ist. Wir werden uns von Altem, längst Überholtem befreien und uns, um im Bild zu bleiben, erneut reformieren.“

Kosmische Wette 2020

Eine genau gleiche, fast ebenso unheimliche Punktlandung machte 2017 der britische Astronomer Royal Martin Rees, Lord Rees of Ludlow, Cosmologist von Königin Elizabeth II.

Die COVID-19-Pandemie ist nicht vorbei, doch es ist bereits klar, dass Lord Rees seine damalige Wette mit dem amerikanischen Harvard-Psychologen Steven Pinker gewonnen hat, wonach „Biofehler oder Bioterror zu mehr als einer Million Toten infolge eines einzigen Ereignisses führen werden – in nicht mehr als sechs Monaten um den 31. Dezember 2020.“

Laut der Johns Hopkins University in Baltimore forderte COVID-19 im Jahr 2020 1,8 Millionen Menschenleben. Bis 1. August 2021 könnten es weltweit fünf Millionen Todesfälle sein. Es hätte noch schlimmer kommen können. Im März 2020 meinten einige Epidemiologen, dass ohne einschneidende ökonomische und soziale Lockdowns mit 30 bis 40 Millionen Toten zu rechnen wäre.

Aktuelle Dringlichkeit und unfruchtbare Felder

Corona-Zeiten sind auch Zeiten des Wiederlesens dicker Bücher, in denen über das Arbeitsethos des Westens, über Erfindungen und andere wissenschaftliche Erfolge berichtet wird. Vor einem Jahrzehnt hat der schottische Historiker und Harvard-­Professor Niall Ferguson ein 500-seitiges Werk verfasst mit dem Titel „Der Westen und der Rest der Welt“.

Ist es möglich, dass sich diese Dominanz innerhalb weniger Generationen in einen Abstieg verwandelt? Wir wollen versuchen festzustellen, was aktuell Dringlichkeit verlangt, ohne Abneigungen und Vorlieben. Längst nicht alles hängt mit Epidemien und Seuchen zusammen.

Viele Probleme sind älter als das Virus. Auch die vom Menschen verursachte Erderwärmung, der Klimawandel, als Folge des Wohlstandstreibers Globalisierung ist eine weltweite Last wie das Nord-Süd-Gefälle und andere wachsende Ungleichheiten. Die Pandemie COVID-19 legt allerdings vieles schonungslos offen und liefert den Beweis, dass alle wirklich wichtigen Dinge in unserem Leben auch ohne unser Dazutun geschehen und sich als organisch gewachsen zeigen.

Die Schönwetterperiode ist vorbei. Eine neue Zeitqualität tritt in den Vordergrund mit dem Zerfall alter Strukturen und nicht mehr tauglicher Konzepte des Miteinanders. Sie verlangt von uns, dass wir Normalität neu definieren und mit der Vergangenheit brechen. Die neue Zeitepoche hat sich seit langem im Hintergrund vorbereitet und einige Themenbilder der vergangenen Jahre versteckt begleitet. Der Anstoss zu Bewegung, Umschwung und Veränderung ist nicht aufzuhalten. Der uns entgegenwehende Wind sorgt für Regeneration. Der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) hinterliess uns folgenden Naturvergleich: „Die Taube in ihrem Flug kommt leicht auf den Gedanken, ohne Luftwiderstand würde sie noch viel leichter fliegen.“ In Wirklichkeit wäre der Absturz die Folge.

Die Felder, auf denen gewirtschaftet wurde, sind unfruchtbar geworden. Aus den verbrauchten Blättern, Ästen und Zweigen – Sinnbilder für den Lebensbaum – bildet sich Humus. Die fruchtbare Essenz des Vergangenen schafft den Nährboden für neues Leben mit neuen Optionen, neuen Realitäten und neuen Prioritäten. Ohne diesen Humus wäre die Auslöschung die Folge. Der Beweis dafür ist der Untergang einzelner Ethnien und Kulturen oder Organismen in Flora und Fauna im Laufe der Zeit.

Es geht um Mensch gegen Natur. Wir sehen uns nicht als Teil der Natur, sondern als ihr überlegen. Die Schlüsselfrage unserer Existenz wird sein, ob wir dieses Missverständnis aus den Köpfen kriegen. Gemäss dem Prinzip der Evolution muss sich nicht die Welt den Lebewesen anpassen, sondern die Lebewesen der Welt. Dafür müssen wir bereit sein, unser Denken und Handeln zu revidieren. Selbst säkulare Menschen glauben, dass die ausgleichende Natur eine natürliche Güte bereithalte für die Menschen. Wir wollen eine Milde aus dem Natürlichen lesen. Natur war aber immer auch Gewalt und Katastrophe, die Erosion und Verwüstung hinterliess. Natur als bedrohliche Natur wahrzunehmen, gehört zur Debatte um Klima oder Pandemie, sollte aber nicht instrumentalisiert werden, weil globale Themen nicht durch nationale Politik und Wissenschaft zu lösen sein werden.

Wie bereits an anderer Stelle festgestellt, ist die Erde ein offenes System in dem Sinne, dass sie Energie von aussen bezieht, von Sonne, Luft und Niederschlägen. Betreffend den Materietransfer von aussen ist sie jedoch ein geschlossenes System. Der Zugang von Festkörpern kosmischer Herkunft wie Meteoriten bildet die Ausnahme. Als geschlossenes System kann die Erde also nicht unendlich wachsen. Sie muss mit den Ressourcen haushalten, über die sie verfügt wie jeder andere Haushalt auch auf diesem Planeten.

Ökologische und sozialmedizinische Fragen

Die ökologischen und sozialmedizinischen Fragen sind gemäss der Zeitqualität zu klären, denn sie sind bei der Übertragung und Verbreitung von Krankheitserregern als Pandemien entscheidend.

Die Beziehung zwischen Parasit, dem heimlichen Herrscher des Planeten, und Wirt ist Millionen Jahre alt und durch die Evolution auf das Feinste abgestimmt. Der Nutzen dieser Beziehung liegt einseitig beim Parasiten wie Floh, Laus, Milbe oder Wurm.

Wie wir wissen, beschleunigt die Verhüllung der Welt in einen CO2-Nebel und das Zusammenrücken von Mensch und Tier sogenannte Zoonosen: die Übertragung von Mikroben (Bakterien und Viren oder Parasiten sowie Pilzen) in Reservoirwirten durch Zwischenwirte und Vektoren (Träger) auf den Endwirt Mensch. Bekannte Zoonosen sind neben der Malaria und Pest, beispielsweise die Borreliose, Tollwut oder Tuberkulose.

Was den Klimawandel betrifft, so gibt es ihn natürlich seit Menschengedenken, und wir verstehen bis heute nicht ausreichend wie Wetter funktioniert. CO2 ist als unverzichtbarer Teil der Bio-Kreislaufwirtschaft ein Spieler unter vielen. Ohne CO2 würde es kein Leben auf der Welt geben.

Fahndung nach dem Infektionsweg –

Verkürzt dargestellt, verläuft der typische Infektionsweg am Beispiel der Pest von der Ratte über den Floh auf den Menschen. AIDS (Aquired Immune Deficiency Syndrom), 1981 in den USA erstmals beschrieben, aber wesentlich älter und nie ausgerottet, ist ein weiteres Beispiel dafür.

In der Entstehungstheorie von AIDS gelten als Auslöser die Weissnasenmeerkatzen und Halsbandmangaben in Westafrika, die von den als Zwischenwirten erkannten Schimpansen gejagt und gefressen werden. Die Übertragung auf den Menschen erfolgte nach Ansicht der Forscher wohl bereits vor den 1930er Jahren durch Verletzungen bei der Jagd oder beim Verzehr von Schimpansen. 1966 erreichte das HI-Virus (Human Immunodeficiency Virus) von Afrika aus Haiti und 1969 die USA.

AIDS läutete die Rückkehr der Infektionskrankheiten ein, nachdem ein Jahrzehnt zuvor die Pocken von der WHO als besiegt erklärt wurden.

Bei der Fahndung nach dem Auslöser von COVID-19 sprechen die Spuren der Übertragungskette, eingekreist in Südwestchina, mit höchster Wahrscheinlichkeit für die Virenschleuder Fledermaus als Reservoirwirt und die Marderhunde sowie Schleichkatzen als Zwischenwirte, die dem Virus auf natürlichem Weg halfen, sich an menschliche Zellen zu adaptieren.

Zwischenwirte sind Tiere, aber auch Menschen, die von Parasiten im Entwicklungsstadium befallen werden. Im Zwischenwirt passt sich der Parasit an und vermehrt sich, bevor er den Endwirt überwältigt. Ein Parasit kann auch mehrere Zwischenwirte haben. Der Mensch kann nicht nur Zwischenwirt und Endwirt sein, sondern auch Fehlwirt, wenn die Infektion nicht von Mensch zu Mensch weitergegeben wird wie beispielsweise beim Fuchsbandwurm. Bei direkter optimaler Anpassung braucht es keinen Zwischenwirt, was aber eher selten ist.

im Huanan Seafood Market

Es wird noch dauern bis der Auslöser der Coronavirus-Pandemie eindeutig nachgewiesen ist: Wurde COVID-19 tatsächlich auf natürlichem Weg übertragen?

Der Huanan Seafood Market (HSM) in Wuhan gilt als erstes Epi-Zentrum dafür, dass hier COVID-19 von einem tierischen Wirt auf den Menschen überspringen konnte. Eine neue Studie der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ der renommierten britischen Verlagsgruppe Nature Research vom Juni 2021 über illegalen Handel mit lebenden Wildtieren in China belegt, dass die Zustände im HSM offenbar tatsächlich ideal waren für die Übertragung. Dort fand man COVID-19 im Januar 2020 auf diversen Oberflächen, auch gab es infizierte Mitarbeiter und der HSM musste geschlossen werden. Mit ihren Ergebnissen widerspricht die neue Studie manchen der Aussagen vom Februar 2021 der WHO-Mission vor Ort in Wuhan, die den Auslöser der Coronavirus-Pandemie erforschen sollte.

im Wuhan Institute of Virology oder im Wuhan Center of Disease Control and Prevention

Ist COVID-19 etwa doch über einen Laborunfall entwichen, von aussen ins Labor gelangt oder könnte sich ein Labor-Mitarbeiter bei Feldforschungen angesteckt haben?

Doktor Shi Zengli, Virologin und Leiterin des zweiten in Frage kommenden Epi-Zentrums, dem Wuhan Institute of Virology (WIV), dem einzigen Sicherheitslabor in China der höchsten Stufe 4, erklärt den Verdacht nach ihren Kontrollen als unbegründet. Shi sieht den Ausbruch als Strafe der Natur und meint damit die Tradition ihrer Landsleute, die so ziemlich alles verspeisen, was um sie herum kreucht und fleucht. Der Übername von Doktor Shi ist aber auch bekannt: „Batwoman“, da sie häufig auf Fledermaus-Expeditionen in Höhlen unterwegs ist.

Es gibt Spekulationen, dass Coronaviren aus Fledermäusen im WIV genetisch verändert wurden und dabei für Menschen gefährliche und leicht übertragbare Viren entstanden. Solche Experimente werden „Gain-of-Function“-Forschung genannt. Sie sind keine neue Erfindung und werden betrieben, um zum Beispiel zu erkennen, wie die Bestandteile der Virushülle beschaffen sein müssen, damit sich das Virus gut an menschliche Zellen anbindet oder nicht mehr von menschlichen Antikörpern erkannt wird.

Die Möglichkeit der Ansteckung bei Feldforschungen mit Fledermäusen eines Labor-Mitarbeiters vom dritten in Frage kommenden Epi-Zentrum, dem Wuhan Center of Disease Control and Prevention (WCDC), steht sowohl bei der amerikanischen Regierung als auch bei der WHO im Raum. Dann wäre es aber kein Laborunfall, sondern eine Zoonose.

Das Feld ist abgesteckt: Die Labortheorie gilt als sumpfiges Terrain. Im Kern geht es bei sogenannten Hochsicherheitslaboren um die eine Frage, ob es – auch in guter Absicht – sinnvoll ist, ein Gefahrenpotenzial zu riskieren, dass es in der Natur noch gar nicht gibt und um die andere Frage, ob es sinnvoll ist, dieses Wagnis in Mega-Millionenmetropolen zu suchen?

Die Ursprungsklärung ist zum geostrategischen Kampfplatz zwischen den USA und China verkommen. Es geht um Deutungshoheit sowie Macht mit der WHO als Fussnote, weil bis anhin gegenüber der Weltgesundheitsorganisation keine Daten der relevanten Versuche offengelegt wurden. Das liegt auch an der geringen Autorität der Organisation, die sich wegen ihrer inneren Schwächen während der Pandemie eher als Teil des Problems denn als Teil einer Lösung gezeigt hat. China verlangte im Sommer 2021, die WHO möge die Rolle des Hochsicherheitslabors der amerikanischen Armee für Biowaffen, Fort Detrick in Frederick, untersuchen, statt erneut nach Wuhan zu reisen.

Wirtsspektrum erkennen

Für Epidemiologen ist es wichtig, das Wirtsspektrum von COVID-19 zu erkennen, um künftige Pandemien in ihren Anfängen besser kanalisieren zu können.

Es gilt frühzeitig Viren zu identifizieren, die fähig sind, sich auch direkt an eine menschliche Zelle anzudocken, ohne dass ein Zwischenwirt notwendig ist. Was wiederum zur Frage führt: War die optimale Anpassung eine natürliche Entwicklung – oder wurde im Labor nachgeholfen? Der fehlende Nachweis von COVID-19 im Tierreich belegt selbstverständlich nicht die Laborthese. Man muss auch bei der Pandemie-Ursache beweisen, was geschehen ist – und nicht, was nicht geschehen ist. Das gelingt nur mit einer tadellosen Untersuchung. Bis auf weiteres fehlen zwei wesentliche Eckdaten: der mögliche Zwischenwirt und der Patient null (Patient zero), das heisst der Ersterkrankte.

Beim verwandten SARS-CoV-1 ist als Ursprung mit höchster Wahrscheinlichkeit auch die Fledermaus eingekreist. Der Marderhund und die Schleichkatze sind als Zwischenwirte in der südostchinesischen Provinz Guadong belegt.

Beim verwandten Virus MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome) wurden als Ursprung ebenfalls die Fledermaus und das Dromedar als Zwischenwirt auf der Arabischen Halbinsel festgestellt.

Alle bisher erkannten Coronaviren befallen die Atemwege und die Lunge.

Der Name Corona (Latein Kranz) wurde im Labor vergeben. Die im elektronenmikroskopischen Bild grob kugelförmigen Viren fallen durch einen markanten Kranz blütenblattartiger Fortsätze (Spikes) auf, der an eine Sonnenkorona erinnert.

Zunahme zoonotischer Infektionskrankheiten

Für die Zunahme zoonotischer Infektionskrankheiten gibt es verschiedene Gründe. Allgemein lässt sich sagen, dass die Nähe von Mensch und Tier dafür verantwortlich ist.

Einerseits dringt der Mensch, angefeuert durch seine exorbitante Vermehrung (aktuell 8 Milliarden Menschen gegenüber 250 Millionen zu Jesu Zeiten), immer weiter in den Lebensraum von wilden Tieren ein, schafft Zerstörung durch direkte Bejagung und Nahrungskonkurrenz durch eingeschleppte Arten. Andererseits werden Regenwälder im grossen Stil gerodet, um Rohstoffe zu gewinnen oder neue Flächen für die Nutztierhaltung zu schaffen. Wenn Rinder immer näher dort grasen, wo der Lebensraum von Wildtieren beginnt, kommt es zu verstärkten Kontakten der Tiere untereinander sowie zwischen Wildtier und Mensch. Erreger schaffen es dadurch, sich aus ihren historischen Verbreitungsgebieten wegzubewegen.

Bei der globalen Regulierung und Überwachung des evolutionären Drucks müssten auch bestimmte Nutztier- und Wildtier-Populationen eingeschlossen werden. Die Regulierung und Überwachung des Wildartenhandels sowie der Wildtierfarmen und Wildtiermärkte gehören ebenso dazu. Anzuerkennen ist die ernährungsrelevante Rolle des Verzehrs von Wildfleisch, der bereits heute strengen veterinärmedizinischen Auflagen unterliegt, die aber Geld kosten. Ein besseres Monitoring neu auftretender Pathogene ist zweifellos eine globale Aufgabe, und die Weltgemeinschaft muss deshalb eine einheitliche Front bilden, namentlich dort, wo Mensch und Wildnis zusammentreffen.

Die nationalen und internationalen Umsiedlungen von Flora und Fauna bedeuten zusätzliche Probleme. Der globalisierte Waren-, Pflanzen-, Tier- und Menschenverkehr vermischt Krankheitsstämme. Oft ist das Immunsystem von Tier und Mensch diesen vorher unbekannten Krankheitserregern hilflos ausgeliefert, wie wir aus der Entdeckerliteratur seit dem 16. Jahrhundert wissen. Die Infektionskette muss aber nicht (mehr) unbedingt vom Eindringling zum Indigenen stattfinden oder vom Tier zum Menschen, sondern kann auch umgekehrt beginnen oder in beide Richtungen verlaufen. In diesem Zusammenhang sind auch die seit den Entdeckungsfahrten eingeschleppten Pflanzenarten zu nennen, die Neophyten, die sich invasiv überall verbreiten und die heimische Biodiversität bedrohen.

Neben den Zerstörungen des Naturgeschehens durch den Menschen sind die Massentierhaltung und die Tierfütterung mit Tiermehl weitere Verbreitungswege von Krankheitserregern. So zeigt sich beispielsweise, dass die Mücke der Gattung Anopheles als Wirt und Vektor vom Erreger der Malaria, dem medizinisch bedeutenden Einzeller und Parasiten Plasmodium, immer weiter gen Norden wandert. Malaria-Parasiten entwickeln sich in zwei verschiedenen Wirten: in der Mücke und in Säugern, einschliesslich des Menschen. Die in den Tropen und Subtropen gefürchtete Malaria kann nur von Mensch zu Mensch durch den Stich einer infizierten weiblichen Anopheles-Mücke übertragen werden.

Mücken sind die gefährlichsten Tiere der Welt – und sie kommen näher. Mücken sind gigantische Überlebenskünstler: ein Erfolgsmodell, auf allen Kontinenten ausser der Antarktis vertreten, seit 100 Millionen Jahren. Mücken haben vermutlich bereits Dinosaurier gestochen. Neben der Anopheles-Mücke übertragen auch andere Stechmücken wie die Buschmücke oder Tigermücke gefährliche Tropenkrankheiten, darunter das Dengue-Fieber, Gelbfieber, West-Nil-Fieber oder das Zika-Virus.

Bei einer mechanischen Übertragung ist der Vektor nur äusserlich mit einem Erreger kontaminiert. Ein Beispiel dafür ist die Schweinepest.

Faktoren, die entscheidend dafür sind, wie schnell ein Krankheitserreger um sich greifen kann, sind zum Beispiel die Anpassungsfähigkeit und Vermehrungsrate des Erregers, die evolutionäre Entwicklung, die Übertragungswege, die Menge an Zwischenwirten und Vektoren sowie die Anfälligkeit der Bevölkerung, die unter anderem durch Armut oder Wohlstand bestimmt wird.

COVID-19 keine Influenza – Gleichgültigkeit und Panik

Mark Honigsbaum, Medizinhistoriker der City University London, moniert in seinem Buch „Das Jahrhundert der Pandemien“ das Festhalten an wissenschaftlichen Paradigmen, die eine Antwort auf Pandemien erschweren und das Schwanken zwischen Gleichgültigkeit und Panik erleichtern.

Bei der Spanischen Grippe herrschte der Glaube an ein Bakterium als Erreger, sie wurde aber von Influenza-Viren verursacht. In Teilen hat das Influenza-Paradigma die Antwort auf COVID-19 stark geprägt. Die epidemiologischen Modelle basierten auf Influenza, aber COVID-19 ist keine Influenza. Es gibt Ähnlichkeiten sowie wichtige Unterschiede. Die Inkubationszeit ist deutlich länger, und die Verbreitung erfolgt in Clustern über Superspreading Events. Dazu kommen die Krankheitshäufigkeit und etwa doppelt so hohe Tödlichkeit auf der ganzen Welt.

Im Gegensatz zur Pandemie der Spanischen Grippe, die gegen Ende des Ersten Weltkriegs fast zwei Jahre lang die Welt fest im Griff halten sollte und vor allem unter der jüngeren Generation wütete, rafft COVID-19, vermutlich seit Spätsommer 2019, die ältere Generation dahin.

Inwieweit COVID-19 dramatische Effekte für die Menschheit bereithält, werden wir erfahren. Die Mutation des Virus war zu erwarten, dass aber Mutationen im Dutzend kommen mit gefährlicheren Escape-Varianten, die den Verlauf der Pandemie stark beeinflussen, ist überraschend. In Wissenschaftskreisen gilt es als höchst unwahrscheinlich, dass das ausdauernde und zähe Virus je wieder aus der Welt verschwinden wird. Bei der zunehmenden Zahl von Mutationen können Veränderungen aufeinandertreffen, die sich gegenseitig stabilisieren. Wir laufen also einem beweglichen Ziel hinterher.

Eine der Lehren aus der Sozialgeschichte von Pandemien ist, dass Seuchen die Schwachen aufspüren, dass sie auf die Kluft innerhalb unserer Gesellschaften hinweisen. Armut liefert aus, Reichtum schirmt ab. Da ist auch die Impfdiplomatie nur ein Tropfen auf dem heissen Stein. Einen Teil des wirtschaftlichen Schadens in den Entwicklungsländern tragen in der globalisierten Welt automatisch auch die Länder mit hohem Lebensstandard. Die Konsequenzen des mit der Pandemie verbundenen wirtschaftlichen Niedergangs sind unabsehbar sowohl für einzelne Branchen als auch insgesamt für den Mittelstand. Besonders hart betroffen ist die Unterschicht mit der absoluten Mehrheit unter uns: den Armen und den Ärmsten der Armen. Sehr viele hat die Pandemie an den Rand ihrer Existenz gebracht.

Ausbruch der Spanischen Grippe nicht auf der iberischen Halbinsel

Die Spanische Grippe brach im Frühjahr 1918 aus – allerdings nicht auf der iberischen Halbinsel, sondern im mittleren Westen der USA. Ihren Namenszusatz erhielt sie, weil die ersten Nachrichten über die rätselhafte Krankheit aus dem neutralen Spanien ohne Kriegszensur kamen und damit seinem König Alfons XIII. als einem der ersten betroffenen Patienten zu unerwartetem internationalen Ruhm verhalfen.

Das für die Spanische Grippe verantwortliche Virus H1N1 ging vermutlich von Hühnern oder Schweinen auf den Menschen über. Als Patient null wird meistens der amerikanische Koch Albert Gitchell genannt, der sich im Armee-Stützpunkt Fort Riley in Kansas aufhielt und im März mit Fieber krankmeldete. Bald darauf erkrankten in der Militärbasis Hunderte von Männern. Im Zuge von US-Truppentransporten über den Atlantik an die Westfront in Frankreich erreichte die Seuche Europa und forderte bis 1920 weltweit 50 Millionen Tote, die hinter den 10 Millionen Gefallenen im Ersten Weltkrieg 1914–1918 verborgen blieben. Erst COVID-19 hat die Grippetoten aus dem Dunkel der Geschichte ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgeholt.

Vom Sinn des Lebens in der globalisierten Welt

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