Читать книгу Vom Sinn des Lebens in der globalisierten Welt - Petra Barg - Страница 12

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DIE DATENGESTEUERTE GESELLSCHAFT

Nicht nur die Pandemie bestimmt die neue Marschtabelle als Weckruf an alle um 5 nach 12.

Der parallel dazu rasch vorwärtsschreitende Eingriff in unseren Alltag durch die Automatisierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sowie multimediale weltweite Vernetzung ist dabei, viele Massenjobs in Zukunft obsolet werden zu lassen. Betroffen sind fast alle Branchen, auch wenn von unterschiedlicher Geschwindigkeit und Intensität auszugehen ist. Die Leistungen in fast jedem Metier von geistiger Maschinenarbeit, Künstliche Intelligenz genannt, sowie von Robotik und Sensorik werden den Personalbedarf bei Routineaufgaben, einem Drittel der Tätigkeiten, drastisch reduzieren.

Maschinelles Lernen ermöglicht, Zusammenhänge in grossen, komplexen Datenmengen zu erkennen, was Menschen aufgrund der grossen Zahl an zu verarbeitenden Daten unmöglich ist. Wir werden künftig nicht nur mit Menschen konkurrieren, sondern auch mit Maschinen. Nicht anfällig für die Digitalisierung sind mit Blick auf die menschliche Interaktion einige Teilbereiche wie Leistungen in Führung, Koordination, Navigation, Überwachung und Verteidigung, in Beratung, Forschung, Lehre und Rechtsprechung, in Betreuung, Pflege, Service und Transport, in Handwerk, Kunst und Kultur oder in der Natur sowie im Sport. Die ältesten Gewerbe der Welt, die Piraterie, das Söldnertum und die Prostitution, werden sich ebenfalls gemäss ihren Traditionen behaupten.

Die Künstliche Intelligenz trägt zur Automatisierung der Big-Data-Analyse bei, denn sie ist lernfähig und entwickelt sich selbstständig weiter. Es muss nicht mehr Zeile für Zeile programmiert werden. Algorithmen können Schrift, Sprache und Muster fast so gut erkennen wie der Mensch oder viele Aufgaben sogar besser lösen, beispielsweise die ärztliche oder kriminaltechnische Diagnose. Einschneidende wirtschaftliche Konsequenzen sind die Folge durch massive Verdrängung heutiger Arbeitsplätze in nicht allzu ferner Zukunft. Supercomputer sind in der Lage, menschliche Fähigkeiten bald in vielen Bereichen zu übertreffen. Superintelligenz bedeutet eine ernst zu nehmende Gefahr für die Menschheit.

Remote Work – Distanzarbeit

Fest steht, dass nach der Automatisierung von Organisation und Produktion nun die Automatisierung des täglichen Lebens folgt – mit erheblichen gesellschaftlichen Veränderungen wie dem Einpendeln der Remote Work. Unter dem Begriff „Remote Work“ – „Distanzarbeit“ ist nicht nur das Home Office oder der Coworking Space zu verstehen, sondern die Arbeit von jedem beliebigen Platz der Erde aus.

Eine vollständige Rückkehr ins Büro und zu Geschäftsreisen nach Corona scheint nicht realistisch, denn sowohl die Mitarbeiter als auch die Führungskräfte haben flexible Arbeitsformen mit weniger Ortsverschiebungen zu schätzen gelernt. Damit die Produktivität und das Wohlbefinden nicht leiden, soll einer starken Firmenkultur mit dem Erhalt von Gemeinschaft, Verbundenheit und Zugehörigkeit erste Priorität eingeräumt werden.

Die persönlichen Begegnungen mit internen und externen Interessengruppen bleiben wichtig und können nur teilweise durch virtuelle Event- und Meeting-Plattformen ersetzt werden. Ein erfolgreich geführtes Unternehmen verlangt Korpsgeist als Mannschaft mit Compassion & Impact in einem Vertrauensverhältnis nach innen und aussen.

CYBERANGRIFFE, RANSOMWARE, SABOTAGE UND UNTERWELT

In Zukunft werden jene Länder führend sein, die eine gute Balance zwischen Wirtschaft, Staat und Bürgern herstellen und einplanen, dass die Digitalisierung nicht nur die Effizienz komplizierter Prozesse steigert, sondern gleichfalls die Verwundbarkeit durch absichtliche Ereignisse wie Cyberangriffe, Ransomware und Sabotage. Aber auch unabsichtliche Ereignisse wie Pannen oder Stromausfälle können die Infrastruktur samt Kommunikation grossflächig lahmlegen mit schwerwiegenden Folgen wie dem Ausfall der Notfallnummern, weil redundante nationale Datensysteme fehlen.

Beim internationalen Datenverkehr laufen 95 Prozent über Seekabel. Im Juli 2021 informierte das einzige Schweizer Weltblatt, die Neue Zürcher Zeitung, seine Leser, dass die digitalisierte globale Wirtschaft auf über 400 Seekabeln basiert mit einer Länge von rund 1,3 Millionen Kilometern. Sie liegen auf dem Meeresgrund und verbinden Kontinente und Staaten schneller als die Datenkommunikation per Satellit. An sicheren Kabeln hängt je länger, desto mehr das Schicksal Europas im digitalen Zeitalter und unter zunehmendem Handlungsdruck ist vom Kontinent verlangt, diese offene strategische Flanke zu schliessen.

Beschäftigen werden uns auch die nicht zu unserem Besten technisch hervorgebrachten Zonen des Unbeobachtbaren mit ihrem rasanten Wachstum. Allen voran das Darknet, in dem sich das Verbrechen neue Möglichkeiten schafft.

BEISPIEL SINGAPUR – DER STAAT ALS OBERSTER INNOVATOR

Als Musterschüler einer datengesteuerten Gesellschaft gilt heute der zwar autokratische, aber innovations- und sicherheitsorientierte, aus einem Sumpf erschaffene Insel- und Stadtstaat Singapur (Sanskrit für Löwenstadt) in Südostasien. Bereits vor Jahrzehnten nahm Singapur den ersten Rang unter den erfolgreich geführten Staaten ein. Als sein Vorbild für Macherqualität und Wirtschaftskraft gilt die Schweiz.

Auch 2021 erscheint Singapur auf den vorderen Plätzen als bester aussereuropäischer Staat auf dem 5. Rang des renommierten „IMD World Competitiveness Ranking“ (herausgegeben vom International Institute for Management Development in Lausanne) mit der Schweiz auf dem ersten Platz. Aufs Podest schafften es auch Schweden und Dänemark. Deutschland belegt den 15. Platz, Österreich den 19. Platz. Es fällt auf, dass es primär Kleinstaaten sind, die bei der Wettbewerbsstärke international überzeugen.

Singapur ist Mitglied im Commenwealth of Nations und einer der vier asiatischen Tigerstaaten neben Hongkong, Taiwan sowie Südkorea. Es ist das einzige Land in Asien mit einem AAA-Länderrating der grossen Credit Rating Agencies, der besten Bonitätsnote, die beispielsweise auch Deutschland und die Schweiz auszeichnet.

Im „Index Menschlicher Entwicklung der Vereinten Nationen“ belegt Singapur den 11. Rang in der Ländergruppe „Sehr hohe menschliche Entwicklung“, die von Norwegen und der Schweiz angeführt wird. Der Index bewertet nicht nur die wirtschaftliche Leistung und Standortattraktivität, sondern auch den Bildungsstand, die Kriminalität sowie das Gesundheitswesen und die Lebenserwartung.

Was seinerzeit als staatliches Programm für Recht und Ordnung sowie Terrorismusabwehr anfing, beeinflusst heute die Einwanderungspolitik, den Immobilienmarkt und die Lehrpläne der Schulen. Priorität haben für Singapur als Handelsdrehscheibe, Finanzzentrum und Hotspot des Tourismus unternehmerische Ziele wie moderne Infrastruktur und ein deregulierter Wirtschaftsmarkt. Was sonst nicht angedacht werden sollte, funktioniert hier: der Staat als oberster Innovator. Singapur wird als Einkammer-System geführt – vom Parlament orchestriert.

KULTURDIPLOMATISCHER WERTEKOMPASS VON KONFUZIUS

Zwei vorbildliche Lösungsansätze sind entsprechend dem kulturdiplomatischen Wertekompass von Konfuzius verantwortlich für das harmonische, multikulturelle Zusammenleben in Singapur: Erstens, sowohl die engen Interaktionen zwischen Menschen verschiedenen Glaubens zu ermöglichen, als auch gleichzeitig jedem den rituellen Freiraum für seine eigene Religion zu gewährleisten. Zweitens, ethnische Quoten für die Häuser festzulegen, um die Führerschaft einer Kulturgruppe in der sozialen Dichte der Wohnblocks und religiös motivierten Extremismus zu unterbinden.

CAPABILITIES & SKILLS

Als für alle gleich geltenden Bildungsstandard hat Singapur beschlossen, gestern zu lernen, was morgen verlangt wird. Die Stichwörter dazu heissen „Kompetenzen und Fertigkeiten“, die durch Ausbildung, Training und Umschulungen zu erreichen oder Höherqualifizierungen zu verbessern sind. Berufsbildung muss mit den Entwicklungen nicht nur Schritt halten, sondern die Veränderungen antizipieren.

Im Vordergrund stehen die Kompetenzen des Gewusst-wie, Know-how, Savoir-faire als immaterielles, stilles Wissen aus Aufmerksamkeit und Erfahrung sowie die Zuversicht, dass der Fortschritt gewinnt. Auch wenn es in der Regel nie so gut kommt wie erhofft, aber auch nicht so schlecht wie befürchtet. Keine Situation wird besser, wenn wir negative Gedanken und Gefühle hineintragen.

Für die notwendige Weiterentwicklung sind Fertigkeiten unabdingbar in Fächern wie Analyse, Entscheidungsfindung, Urteilskraft sowie Kommunikation, Lösungsorientierung, Pragmatismus, Qualitätssuche, Stresstoleranz und Zieltreue, um das Richtige richtig zu tun. So wichtig die Digitalisierung des Unterrichts als Unabhängigkeit vom Ort ist, sie kann dem Lernverständnis und der Sinnentnahme schaden. Die pädagogische Interaktion muss menschlichem Zugriff vorbehalten bleiben und kann nicht von Robotern geleistet werden.

FRÜHER AUSBEUTUNG, HEUTE NUTZLOSIGKEIT

In Wissenschaftskreisen aus Historie und Ökonomie ist von der „Generation Nutzlos“ die Rede, auf die in Zukunft keine Massenjobs mehr warten, die möglicherweise im wirtschaftlichen Sinne nicht mehr gebraucht wird. In früheren Zeiten drohte Ausbeutung, heute Nutzlosigkeit. Die Männer werden bei der Schwer- und Schwerstarbeit im Vorteil bleiben aufgrund ihrer höheren Körperkraft. Wir haben keine Ahnung, wie die Veränderungen in der Arbeitswelt genau aussehen werden und wann mit ihnen zu rechnen ist.

Vom Sinn des Lebens in der globalisierten Welt

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