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Blinde sehen!

Dass wir uns recht verstehen: Ja, ich bin blind und ja, Kari ist auch blind.

Ich bin blind, weil mich irgendwer in den Kopf geschossen hat, und die Kleine ist langsam erblindet nach einer Krankheit an der Leber.

Aber, und da kann ich nur für mich reden, es gibt hier keine Schwierigkeiten für uns. Falsch: Ich kann schon für uns beide reden, denn ich weiß ja aus Erfahrung, wie die Kleine bei uns zu Hause herumwirbelt, wenn das kindliche Temperament mit ihr durchgeht …

Soll ich euch was verraten? Ich weiß ganz genau, wie meine (na ja – bitte sehr: unsere) Großen aussehen.

Also, allein schon am Geruch würde ich sie unter Tausenden wiedererkennen. Jedes Lebewesen hat ja seinen persönlichen Duft, der ihn unverwechselbar macht. Unsere Gerüche harmonieren offenbar, denn wir passen eindeutig zusammen.

Natürlich mache ich mich jeden Tag erneut vertraut, denn sie könnten ja auch die Kleidung gewechselt haben. So bin ich immer am Puls der Zeit!

Im Übrigen sagen ihre Stimmen und Stimmfärbungen viel, viel, viel mehr aus als das, was Augen wahrnehmen können.

Ein Mensch kann lächeln, aber seine Stimme verrät möglicherweise schon, dass er im nächsten Moment gefährlich werden könnte. Da habe ich wohl so meine Erfahrung(en), ich weiß es nicht – nicht mehr …

Jedenfalls sind meine/unsere beiden für mich sehr, sehr, sehr schön und gut. Man sieht ja wirklich nur mit dem Herzen gut. Der Klang ihrer Stimmen gibt mir Liebe, Geborgenheit und Schutz vor der tosenden Welt.

Ich bin blind? Jaja – stimmt schon. Aber soll ich jemandem sagen, wo wie was in der Wohnung steht?

Pah – ihr würdet euch wundern. Ich kenne jede einzelne Ecke unserer Wohnung, da ich mich als gscheiter Manndi natürlich bestens informiert habe.

Auch kenne ich die Stellen, wo ich nicht wild sein sollte, weil etwas brechen könnte. Außerdem weiß jeder, dass ich ohnehin ein ganz Behutsamer bin. Man hat ja so seinen Ruf im Lauf der Monate … Ich scheppere doch nicht mutwillig den Ort kaputt, an dem ich daheim bin!

Nein, nein, ich bewege mich ganz geschmeidig und behutsam um jede Ecke, jede Kante. Selbst wenn die Kleine und ich spielen – und wir spielen seeehr lebhaft – dann passen wir doch genau auf, wohin wir springen und toben. Da haben wir, glaube ich, einen großen Vorteil allen Sehenden gegenüber, weil unsere Antennen ungleich weiter ausgefahren sind.

Was ich also sagen wollte: Wir sind blind UND wir sehen. Wir sehen mit Ohren und Nase und dem siebten Sinn. Können das Menschen? Können das sehende Vierbeiner?

Letztere nur im Ansatz, und die Menschen haben das wohl fast vergessen – oder es ist ihnen aberzogen worden. Schade, schade, denn ich freue mich über jeden Zweibeiner, mit dem ich sofort auch ohne viele Worte reden kann! Das ist doch viel wichtiger als die Schwemme von Wörtern, die gar nichts aussagen.

Zum Beispiel: Herrli ist unendlich lieb zu mir (so ein Herrli habe ich bestimmt noch nicht erlebt). Frauli ist auch unendlich lieb zu mir, UND sie weiß immer sofort, was ich meine oder brauche. Dabei hatte sie noch nie einen Hund als Gefährten (nur Wellensittiche), aber einen blinden Mann. Aber, um nicht abzuweichen, wer glaubt, ein Blinder sei nur blind und sehe nichts, der irrt gewaltig.

Meine Kleine, Kari, und ich –, wir sind blind UND wir sehen unsere Welt in allen erdenklich wohlklingenden Farben, ganz besonders bei uns daheim!!!

Pax erzählt

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