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VORWORT

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Ich begann mit der Arbeit an diesem Thema – Christentum und Gewalt – am Rande der Wüste. Das war in Marokko, 2001/2002. Anlass war ein in arabischer Sprache herausgegebener Sammelband, der dem Zusammenhang zwischen Gewalt und den „Buchreligionen“ nachging. Ich verfolgte für eine lokale Leserschaft einige thematische Strukturen in der longue durée des westlichen begrifflichen Umgangs mit Zwang.1 Angeregt wurde die Arbeit durch den Versuch, den damals bereits klar zu erkennenden Weg in den Irak-Krieg zu verstehen. Das unternahmen auch viele andere, ich jedoch als Mediävist. Und als solcher erkannte ich zu meiner Überraschung, dass ich einigen Wendungen in der Sprache des US-amerikanischen Präsidenten interpretatorischen Sinn abgewinnen konnte. So wurde manches z.B. deutlicher, wenn ich es neben die Briefe Papst Gregors VII. hielt. Als ich 2004 an der École Française de Rome einen Vortrag über „Gottes Rache“ hielt, in dem ich zeigte, dass es vorteilhaft wäre, die Quellen zum ersten Kreuzzug im Licht der Bibelexegese zu erforschen, wuchs das Unterfangen sich allmählich zu einem Buch aus. Die Frage lautete nun: Was können Charakterzüge, die für das westliche Christentum spezifisch sind (und die im Lauf der Zeit auf weniger religiöse, „post-christliche“ Kulturen des Westens übertragen wurden), zur Erklärung von massenhafter Gewalt im Westen beitragen? Im Verlauf der Lektüre dieses Buches wird deutlicher werden, dass es ein Gedankenexperiment ist, das sich auf Religion und Ideologie als „Bedingungen der Möglichkeit“ konzentriert und andere Faktoren, die bei der Gewalt mit im Spiel sind, beiseitelässt. Der Essay endet übrigens mit einem scharfen Blick auf den westlichen Bellizismus, dem gegenüber der Pazifismus in den Hintergrund rückte, der jedoch zugegebenermaßen durch diese Charakterzüge ebenfalls erklärt werden kann.

Hauptsächlich wurde diese Untersuchung zwischen 2004 und 2011 durchgeführt, als ich an der Stanford University lehrte, und während eines Forschungsjahrs in Yale 2005/2006. Einiges aus meinen Lehrveranstaltungen ging in die Forschung ein – insbesondere ein mit Amir Weiner unter dem Titel „Massenhafte Gewalt in der Geschichte“ veranstaltete Vorlesung und ein Graduiertenseminar über Säkularität, das von einer kleinen internationalen Konferenz zum Thema begleitet wurde.

Seit ich über diese Zusammenhänge nachzudenken begann, sind begriffsmächtige Untersuchungen erschienen, die sich mit der Gewalt im Mittelalter, einer für diesen Essay zentralen Periode, beschäftigen. Mit Vorrang zu erwähnen ist zum einen Norman Housleys großartiges Werk Religious Warfare in Europe 1400–1536 (Oxford 2002), das gerade veröffentlicht wurde, als ich mit meinen Forschungen begann (und das sehr viel nuancierter ist als dieser Text je sein kann). Zum anderen verschiedene Arbeiten von Jean Flori. Jay Rubensteins glänzend geschriebenes Buch Armies of Heaven (New York 2011) nahm ich zu spät zur Kenntnis, um vollständigen Gewinn daraus zu ziehen, doch gibt es vielerlei Konvergenzen zwischen seinem Werk und meinem über den Ersten Kreuzzug, was einfach daher rührt, dass wir beide in Berkeley bei Gerry Caspary studierten, der mittlerweile verstorben ist. Weiterhin sollten von den Büchern, die für diese Untersuchung von grundlegender Bedeutung waren, drei Arbeiten erwähnt werden, die sich, sämtlich von Denis Crouzet verfasst, mit den frühneuzeitlichen französischen Religionskriegen befassen. Crouzet verdanke ich Grundkonzepte und wunderbare Quellen.2 Wollte ich meine Dankesschuld an Crouzet und Housley detailliert darlegen, würde das die Anmerkungen überfrachten. Doch in fast allen Fällen, in denen ich Primärquellen benutze, die von Kollegen zitiert oder diskutiert wurden, habe ich diese Texte zu ihren ursprünglichen oder kritischen Editionen zurückverfolgt. Vielleicht finden manche Kollegen die Anmerkungen nicht ganz dem aktuellen Stand der Forschung entsprechend. Dafür gibt es zwei Erklärungen. Zum einen wächst die Bibligraphie beständig an. Zum anderen hörte ich 2009 im Großen und Ganzen damit auf, die ständig zunehmende Geschichtsschreibung zu konsultieren und konzentrierte mich stattdessen auf die Tätigkeiten des Konzeptualisierens und Schreibens. Im September 2011 war ich an die Universität Wien gewechselt, was zu verstärkter Lektüre deutschsprachiger Geschichtsschreibung führte. Doch verhinderten meine dortigen Pflichten die gierige Assimilation großer Mengen an Materialien, wofür Verlag, Tintenfische und Bäume gleichermaßen dankbar sein dürften.

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