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2.1 WARUM ICH POLITIKWISSENSCHAFT STUDIERTE – EINE ART PLÄDOYER

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Es gibt viele gute und ein paar weniger gute Gründe, sich für ein Studium der Politikwissenschaft zu entscheiden. Ob Du lediglich besser über Politik Bescheid wissen willst als Dein Vater, in jeder Diskussion mit Freunden die stichfestesten Argumente hervorholen möchtest oder einfach nur verstehen willst, warum sich Völker immer noch bekriegen, kann Dich zu unterschiedlichen Schwerpunkten in Deinem Studium leiten. Das grundsätzliche Interesse ist demnach vielleicht vorhanden, aber beim Gedanken an die Berufsaussichten kommt bei Dir Unsicherheit auf. Du fragst Dich, ob und mit welchem Ziel Du dieses für den Arbeitsmarkt vermeintlich irrelevante Fach überhaupt studieren solltest. Diesen Unschlüssigen kann vielleicht mein persönliches Plädoyer für Politikwissenschaft eine Inspiration sein. Politisches Interesse ist Grundvoraussetzung, politische Ambitionen nicht unbedingt. Solltest Du eine Karriere in der Politik anstreben, ist vielleicht ein Jurastudium und der leidenschaftliche Einsatz für die Partei Deines Vertrauens der zielführendere Weg.

Trotz einiger Vorurteile und der verbreiteten Meinung, dass man als Politikwissenschaftler nichts Handfestes studiert oder die Chancen auf dem Arbeitsmarkt eher schlecht sind, kann ich aus voller Überzeugung schreiben, dass ich das Fach immer wieder studieren würde.

Viele Studenten – und dazu zählte ich auch – machen sich während des Studiums einfach noch sehr wenig Gedanken darüber, in welche berufliche Richtung sie nach dem Abschluss tatsächlich einmal gehen möchten. Und ja, es stimmt: Es gibt viele Absolventen, die das Studium mit dem diffusen Gefühl, »alles und irgendwie nichts zu können«, beenden. Ebenfalls richtig ist, dass viele Absolventen sich durch eine jahrelange Durststrecke von zahlreichen Praktika und Traineeprogrammen kämpfen, bevor sich ein bestimmter Job deutlich herauskristallisiert, der nicht nur gefällt, sondern sogar ein wenig Geld zum Leben abwirft.

Deshalb ist es hilfreich zu wissen, dass die Analyse und die Erforschung von Politik in der Politikwissenschaft stets im Vordergrund stehen. Mittels wissenschaftlicher Methoden werden politische Phänomene von allen Seiten und unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt untersucht. Dadurch wird der Politikwissenschaftler mit vielseitigen Fähigkeiten für mehrere Branchen interessant. Für einen Personalmanager ist es bereits eine wichtige Information, dass ein erfolgreicher Absolvent vor ihm sitzt, der es gelernt hat, sich über längere Zeiträume auf komplexe Fragestellungen einzulassen und imstande ist, selbstständig Lösungswege für diese zu erarbeiten. Das Studium gibt erhebliche analytische Fähigkeiten mit, die später in verschiedenen Disziplinen hilfreich sein können und es Dir ermöglichen, eigenverantwortlich Problemstellungen zu lösen und Herausforderungen zu bewältigen. Dieses Basis-Set an Skills ist bereits ein elementarer Wert für den späteren Werdegang im Berufsleben.

Auch wenn Dir während des Studiums vielleicht niemals der Gedanke kommt, dass Du eines Tages eventuell als PR-Manager, Unternehmensberater, empirischer Sozialforscher oder Journalist tätig sein wirst, ist es mit den Fähigkeiten eines Politikwissenschaftlers durchaus möglich, in genau solchen Berufen irgendwann arbeiten zu können. Für andere Richtungen, beispielsweise das Lehramt als Politiklehrer, ist es ratsam, möglichst früh die entsprechende Entscheidung zu treffen, um alle notwendigen Kurse und Fächer absolviert zu haben.

Zudem gibt es viele Berufe, von denen Du eventuell bis dato noch nicht weißt, dass sie existieren. Viele spannende Tätigkeiten stehen Dir nach Abschluss Deines Politikstudiums offen, beispielsweise für Parteien, Stiftungen, Institutionen, Dach- oder Lobbyingverbände.

Damit wird auch schon deutlich, dass es weniger dem Studienfach geschuldet ist, wenn nach dem Studium womöglich eine längere Phase von Praktika und Traineeprogrammen beginnt. Sie mag der Grund sein, warum Sozialwissenschaftlern das Image von Langzeitstudenten mit realitätsfernen oder esoterischen Fähigkeiten aufgedrückt wird, die Wahrheit ist aber wesentlich weniger düster. Politikwissenschaftler kämpfen nach dem Abschluss vielmehr mit der Qual der Wahl als mit orientierungslosem Hippiedasein. Eine erschlagende Vielfalt an Berufsmöglichkeiten und denkbaren Lebenswegen eröffnet unbekannte Welten und ungeahnte Perspektiven, von denen viele erst einmal ausprobiert werden wollen. Während Mediziner oder Lehrkräfte ihr Studium auf die bereits getroffene Berufswahl ausrichten, gehen Politikwissenschaftler von ihrem Grundinteresse aus und lassen sich auf einen Findungsprozess während des Studiums ein. Entsprechend ist dieser Ratgeber aufgebaut.

Falls Du es eilig hast, kommt es also nicht ausschließlich auf die Studienfachwahl an, sondern darauf, ob Du Dich vor und während des Studiums bereits mit Deiner Zukunft auseinandergesetzt hast. Ein Politikwissenschaftler hat nach dem Studium viele Fähigkeiten und hat als Akademiker genügend Chancen, in verschiedensten Bereichen erfolgreich einen Einstieg zu finden. Je früher Du für Dich interessante, unterschiedliche berufliche Richtungen testest und gegebenenfalls Schwerpunkte in Deinem Studium setzt, umso einfacher ist letztendlich auch der Start ins Berufsleben nach dem Studium – Du musst einfach wissen, was Du willst.

Um an dieser Stelle aber den Druck direkt etwas zu mindern, kann ich ergänzend sagen, dass ich im Laufe des Studiums überhaupt noch keine Idee hatte, welchen Beruf ich danach ausüben werde. Den meisten Kommilitonen ging es da ähnlich, die verbreitete Meinung war quasi aus der Schulzeitlogik mitgenommen und übertragen worden: Je besser ich studiere, desto einfacher wird sicherlich auch die abschließende Suche nach einem passenden Job. Wichtig war für mich seinerzeit also nicht die Zeit nach dem Studium, sondern das Studium und seine Inhalte als solche. Wer die berüchtigte und – zu Unrecht – viel verspottete Orientierungsphase nach dem Studium vermeiden möchte, kann während der Semesterferien Praktika in politischen Einrichtungen absolvieren, als freier Mitarbeiter in einer Redaktion arbeiten, in seiner Freizeit bloggen, als studentische Aushilfskraft in Gremien, Verbänden oder Stiftungen ein paar Brötchen dazuverdienen oder bei einer PR-Agentur die Nase hineinhalten. Dies sind wohlgemerkt nur einige Beispiele Deiner Möglichkeiten. Letztendlich musst Du herausfinden, welcher Beruf aus der Fülle der Möglichkeiten nach dem Studium zu Dir passt – und im Gegensatz zum Arzt kannst Du ihn, wenn er Dir nicht mehr gefällt, notfalls immer wieder ändern. Dennoch gilt, Politikwissenschaftler werden zwar als Generalisten nach wie vor beruflich geschätzt, die tatsächlichen Jobangebote verlangen aber immer weniger nach Universalgenies. Eine Spezialisierung auf bestimmte Themen- und Fachgebiete ist zunehmend von Vorteil, dies gilt für fast alle Branchen, in denen Politikwissenschaftler aktiv sind. Damit ist eine Orientierung Deines Studiums im Sinne Deiner persönlichen Interessen nicht nur eine Möglichkeit, Deinen individuellen Präferenzen gerecht zu werden und Dein Studium für Dich interessanter zu gestalten, sondern auf dem Arbeitsmarkt ausdrücklich gewünscht.

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