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Das lückenhaft erhaltene Epigramm beschreibt in seinem ersten Teil einen Stein mit der Gravur einer Trinkschale (φιάλη) und scheint im zweiten Teil, in dem der Sprecher eine „Herrin“ apostrophiert, darzustellen, wie der Stein einer Frau beim Symposion übergeben wird. Die Wortwahl am Schluss des Epigramms klingt an die epische, insbesondere homerische Sprache an.


10 ἄνθραξ] Austin 2001a, ed. min. φι̣ά̣λ[η καταλάμπει Austin 2001a : φι̣ά̣λ[ην ὁ λιθουργὸϲ ed. min. : φι̣ά̣λ[η τιϲ ἐγλύφθη De Stefani 2003 11 ἔγλυφε]ν ed. min. : ἀνδράϲι]ν vel πᾶϲιν ἀ]ναρπ̣άζει De Stefani 2003 12 χάλκα]ν̣θ’ εἰϲ Austin 2001a, ed. min. : χάλκα]ν̣θ’ εἷϲ Lapini 2004c καί̣[ν’ ἀγαπῶϲα Austin 2001a, ed. min. : και̣[νὰ φιλοῦϲα Lapini 2007 13 εὔφρω[ν̣ et τ̣[όνδε] δ̣έ̣[χου Austin 2001a, ed. min.

Dieser glänzende […], in dem eine Trinkschale […]

[…], zieht des Blickes feuchte (Lichter)

[…] dreimal gewunden in der Gestalt. Du aber […]

[…] beim Mahl, Herrin […]

V. 1

] α̣ὐγάζων ὅδ’: Das hier offenbar in intransitiver Bedeutung gebrauchte Partizip (‚glänzend‘) das den ersten Beleg für den Topos des ‚Glanzes‘ in den Lithika darstellt (vgl. die Einl. zur Sektion und insbesondere 8.6: αὐγαῖϲ sowie 16.5: τὸ διαυγέϲ) und das wahrscheinlich deiktisch gebrauchte Demonstrativum dürften sich auf den Stein beziehen, dessen Erwähnung am zerstörten Anfang des Epigramms zu vermuten ist. Da für die Ergänzung der Lücke keines der generischen Wörter in Frage kommt – λᾶαϲ ist zu kurz; λίθοϲ fällt aus metrischen Gründen aus – dürfte dort der Name einer konkreten Steinart, z.B. ἄνθραξ (‚Rubin‘ bzw. ‚roter Saphir‘; vgl. Blümner 1884, 234), gestanden haben (Austin 2001a). – ἐν ὧ‹ι› φι̣α̣λ[: ist der Beginn eines Relativsatzes, der sich auf den offenbar zuvor genannten, im überlieferten Text in αὐγάζων ὅδ’ erkennbaren Stein bezieht und diesen als Intaglio ausweist. Das Gravurmotiv kann aufgrund der sicher erkennbaren Buchstabenfolge φιαλ als φιάλη identifiziert werden. Das Wort ist hier in seinem nachhomerischen Sinn gebraucht und bezeichnet analog zu κέραϲ (‚Trinkhorn‘) im vorangehenden Epigramm eine ‚Trinkschale‘ (für mit Trinkgefäßen gravierte Steine vgl. den Komm. zu 2.1). Da der Rest des Relativsatzes zerstört ist, muss offen bleiben, durch welche Kasusendung φι̣α̣λ zu ergänzen ist: Die „Trinkschale“ ist entweder Subjekt (vgl. Austin 2001a: ἐν ὧ‹ι› φι̣ά̣λ[η καταλάμπει, „auf dem eine Trinkschale leuchtet“; De Stefani 2003: ἐν ὧ‹ι› φι̣ά̣λ[η τιϲ ἐγλύφθη, „in den eine Trinkschale geschnitten wurde“) oder Objekt (vgl. ed. min.: ἐν ὧ‹ι› φι̣ά̣λ[ην ὁ λιθουργὸϲ/ἔγλυφε]ν, „in die der Bildhauer eine Schale geschnitten hat“). Von diesen Vorschlägen zur Vervollständigung des Relativsatzes erscheint der zuletzt genannte (ed. min.), der sich über die Versgrenze erstreckt und auch die Lücke am Anfang des folgenden Verses füllt, am attraktivsten: Er integriert nicht nur, wie De Stefanis Vorschlag, eine Form des terminus technicus γλύφειν (zu dessen Bedeutung in den Lithika vgl. die Einl. zur Sektion, S. 20f.) in den Text, sondern zusätzlich den Steinschneider, der auch an allen anderen Stellen, |34|an denen der Indikativ von γλύφειν in den Lithika vorkommt, genannt wird (5.1; 7.3f.; 14.2; 15.4). Anstelle der allgemeinen Berufsbezeichnung (ό λιθουργός), die Poseidipp auch 15.7 verwendet (vgl. 14.2 ό χειροτέχνης), wäre auch der Name eines bestimmten Steinschneiders denkbar (vgl. 2.2 Κρονίου, 5.1 Τιμάνθης, 7.3 Κρονίου, 15.4 Λυγκείου).

V. 2

: Die beste Ergänzung des Versanfangs scheint ἓγλυφε]ν (‚er schnitt‘, ed. min.) als Prädikat des Relativsatzes, der V. 1 beginnt (έν ώ‹ι› φιαλ̣[, vgl. das vorangehende Lemma). – ἁρπ̣άζει βλέμματοc ὐγ̣ρ̣α̣ φ̣[άη: Subjekt von ἁρπάζει ist vermutlich der zu Beginn des Gedichts evozierte Stein: Er ‚reißt‘ etwas weg, nämlich βλέμματος ύγρά φ[ (‚des Blickes feuchte […]‘). Als Bezugswort von βλέμματος und ύγρά scheint nur φ[άη („Lichter“) in Frage zu kommen (ed. pr. 111), das für die „Lichter“ der Augen (Pind. Nem. 10.40: φάος ομμάτων) und bereits bei Homer auch für die „Augen“ selbst bezeugt ist. In Verbindung mit ύγρά ist φάη jedoch nicht belegt: ύγρός kommt nur zur Beschreibung des Blicks bzw. des Blickens vor: Anacreont. 15.21: ύγρον βλέμμα sowie AP 7.27.3 (Antip. Sid.): ύγρά δέ δερκομένοιςιν έν ὄμμαϲιν („in den feucht blickenden Augen“) und 16.306.3 (Leon. Tar.): λίχνοιϲιν έπ’ ὄμμαcιν ύγρά δεδορκώc („mit lüsternen Augen feucht blickend“) vom Blick des Anakreon (vgl. ed. pr. 111). Da auch die Junktur βλέμματοϲ φάη bislang nicht bezeugt ist, bleibt der Ausdruck βλέμματος ύγρά φάη dunkel. Vermutlich kombiniert die ungewöhnliche Formulierung die genannten Verwendungen der einzelnen Wörter und bezeichnet in poetischer Periphrase die feucht blickenden Augen‘ bzw. den ‚feuchten Blick‘ des Betrachters, den der Stein auf sich ‚zieht‘ (vgl. das Lemma ].θεις τριέλικτα φύην·). Bemerkenswert ist das gewaltsame Moment von ἁρπάζει, durch welches angedeutet wird, dass sich der Betrachter des Anblicks nicht erwehren kann. Eventuell drückt sich die Anziehung auch in der Beschreibung des Betrachterblicks aus, die durch ύγρά in der Bedeutung ‚schmachtend‘, ‚sehnsüchtig‘ (Hymn. Hom. Pan 33: πόθος ύγρός, „sehnsüchtiges Verlangen“) erotisch konnotiert sein könnte (Rampichini u.a. 2008, 93).

V. 3

].θειϲ τ̣ριέλικτα φύηυ: Das Adjektiv τριέλικτοc (‚dreifach gewunden‘, ‚dreifach gedreht‘, ‚geflochten‘), das in ganz verschiedenen Kontexten gebraucht werden (vgl. ed. pr. 112) und auch schlicht ‚dreifach‘ heißen kann (vgl. ed. pr. 112), beinhaltet an der vorliegenden Stelle sicher nicht nur den numerischen Aspekt, sondern auch den der ‚Windung‘: Der folgende Akkusativus respectus (φύην, ‚in der Gestalt‘) zeigt an, dass das sächliche Adjektiv die Form eines Objekts charakterisiert. Vor dem Adjektiv ist möglicherweise die Präposition εις erkennbar, die im Anschluss an ἁρπάζει im vorangehenden Vers zu dem als τριέλικτα beschriebenen Gegenstand, ‚auf‘ den der Stein den Blick des Betrachters lenkt, gehören könnte. Da der V. 1f. eingeschobene Relativsatz die Gravur des Steins hervorhebt, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei dem von εις abhängigen und durch τριέλικτα charakterisierten Gegenstand um einen Teil der eingravierten Trinkschale handelt, der den Blick des Betrachters auf sich zieht (vgl. das Lemma ὰρπ̣άζει βλέμματος ύγ̣ρ̣ά̣ φ̣[). Möglicherweise handelt es sich um die Randverzierung der φιάλη in Form einer Blumengirlande, wie sie in Theokrit eid. 1.30 beschrieben wird: In diesem Sinne konjiziert Austin 2001a χάλκανθα (zur Bedeutung ‚Goldblumen‘ und zur Identität von χάλκανθον mit χρυςάνθεμον und έλίχρυςος vgl. Diosk. mat. med. 4.57f.; vgl. auch Theophr. hist. plant. 9.19.3; ed. pr. 112). – ςυ δέ κα. [: Die erhaltenen Wörter (‚du aber‘) leiten emphatisch die Apostrophe der V. 4 genannten „Herrin“ (πότνια) ein, bei der es sich um die Frau handeln dürfte, die mit dem Stein beschenkt wird. Der stark zerstörte Text gibt über eine Schenkung zwar keine Auskunft; nennt aber immerhin zwei Komponenten dieses Topos |35|(‚Stein‘, ‚Frau‘), der aufgrund seiner Wiederkehr in 4–7 auch in den ersten drei Gedichten der Sektion zu erwarten ist (vgl. den Komm. zu 1.4).

V. 4

]. ἐν δαίτη‹ι›: Die Buchstabenfolge gibt die tatsächliche oder imaginierte Situation der mutmaßlichen Schenkung des Steins an. Bei δαίτη handelt es sich bei Homer um die „metrische Wechselform“ (LfrgE) zu δαίϲ in seiner häufigsten homerischen Bedeutung „Festmahl“ (vgl. LfrgE B.1). Am zerstörten Versanfang könnte das prädikative εὔφρω]ν̣ (‚wohlwollend‘, ‚gnädig‘) vielleicht die Gemütshaltung der apostrophierten Frau bei der Annahme des Steingeschenks (vgl. das folgende Lemma) einfordern. – πότνια .[….]δ̣ε̣[: Das letzte erhaltene Wort des Epigramms („Herrin“) führt offenbar die im vorangehenden Vers durch ϲὺ δὲ begonnene Apostrophe fort und verrät, dass die angeredete Person weiblich ist. Es dürfte sich um die Frau handeln, die den anfangs beschriebenen Stein als Geschenk erhält (vgl. das Lemma ϲὺ δὲ κα. [und ed. pr. 112). Mit dieser Annahme wäre die Anrede durch πότνια, das seit Homer als „titelähnliche Bezeichnung“ für Göttinnen reserviert ist (LfgrE; ed. pr. 112; Rampichini u.a. 2008, 93), auf zweierlei Weise vereinbar: Der Sprecher könnte damit die Wertschätzung ausdrücken, die er der sterblichen, aber für gottgleich erachteten Person entgegenbringt (vgl. z.B. die Anrede der Geliebten bei Paul. Sil. [6. Jh. n. Chr.], AP 5.254,270,286; Rampichini u.a. 2008, 93f.). Ausgehend von dem Gebrauch von πότν(ι)α bei Poseidipp ließe sich die Anrede aber auch auf die vergöttlichte Arsinoë II. beziehen (Rampichini u.a. 2008, 93): Neben der einmaligen Verwendung zur Apostrophe Thessaliens (71.4: πότνια Θεϲϲα̣λ̣ία) bezeichnet es in zwei der ersten vier Epigramme der Anathematika, in denen die zu Lebzeiten vergöttlichte Königin figuriert, Arsinoë II. (vgl. 36.6 die vokativische Nebenform πότνα; 39.3: πότνιαν). Die enge Verbindung dieser Weihepigramme zum vorliegenden Gedicht unterstreicht 38, in dem Arsinoë offenbar eine φιάλη (38.2) geweiht wird. Die Vermutung, dass Arsinoë an der vorliegenden Stelle apostrophiert wird, erscheint daher nicht abwegig, kann aber nicht bewiesen werden. Auf den Vokativ folgte vielleicht die Aufforderung, den Stein als Geschenk anzunehmen (τ̣[όνδε] δ̣έ̣[χου, ‚nimm diesen hier an‘).

Der Neue Poseidipp

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