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Das Epigramm, dessen Text in der Mitte vertikal von einer größeren Lücke durchzogen wird, behandelt einen funkelnden Stein, vermutlich einen Beryll, der in eine Kette eingefasst und einer Frau namens Nikonoe geschenkt wird. Auffällige Parallelen verbinden das Gedicht mit dem folgenden Epigramm 7, in dem die Beschenkte ebenfalls Nikonoe heißt.


24 δ[οκίμωι μεγαλύν]εται ed. pr., min. : λαμπρύν]εται Austin 2001a : καλλύν]εται Livrea 2002 : ποικίλλ]εται Ferrari 2005 fort. Ἥρων ed. min. 25 ἶριν Gutzwiller 2003 (def. Ferrari 2005) [ὑπὸ Κρονίου ed. pr., min. : [ἀπ’ ἠελίου Gutzwiller 2003 (def. Ferrari 2005) 26 β[ηρύλλιον· εὖ] ed. pr., def. Prioux 2006 28 ὑπῆλθ[ε, χάριϲ καιν]ή, ed. pr., min. (vel ὄψιϲ τερπν]ή, Austin 2001a) : ὑπῆλθ[ε δέρην, κούρ]η, Gutzwiller 2003 : ὑπῆλθ’ [αὐτῆϲ ἤδ]η Ferrari 2005 29 π[αρθένου Luppe in ed. pr., min. : π[οικίλον Gutzwiller 2003

Durch diesen Stein […] allen […] Heros,

er zieht eine gemalte Iris […]

dieser funkelnde (kleine Beryll; gut) aber wurde er eingefasst,

der Würfel der Nikonoe, (in eine) goldene (Kette),

und als Geschenk kam er herab […] auf der Brust

zu liegen, der Brust […] süßer Glanz.

V. 1

τῶιδε λίθωι πᾶϲιν δ[………….]εται: Der Nominativ am Versende und die nach der Lücke erhaltenen Buchstaben lassen auf ein Prädikat im Medium oder Passiv schließen. Wahrscheinlich stand dort ein Verb wie μεγαλύν]εται (‚rühmt sich‘, ed. pr.) oder λαμπρύν]εται (‚prunkt mit‘, Austin), von dem τῶιδε λίθωι als instrumentaler bzw. kausaler Dativ abhängt und Heros als zeitweiliger stolzer Besitzer des Steins ausgewiesen wird. Die verbleibende Lücke vor der Verbform könnte z.B. durch das auf τῶιδε λίθωι bezogene Adjektiv δ[οκίμωι ausgefüllt gewesen sein (ed. pr.), das in Verbindung mit πᾶϲιν den Stolz des Heros begründet („er rühmt sich dieses bei allen angesehenen Steins“). – Ἥρωϲ: ist vermutlich der (Auftraggeber und) Schenker des Steins. Da der Name weder literarisch noch inschriftlich und auch auf Papyri nicht sicher bezeugt ist (ed. pr. 114), handelt es sich vielleicht um eine Verschreibung des häufig vorkommenden Namen Ἥρων (ed. pr. 114). Unwahrscheinlich ist, dass Ἥρωϲ das Gravurmotiv |47|des Steins bezeichnet und sich auf den göttlichen thrakischen Reiter aus Kallim. epigr. 24 Pfeiffer = 60 Asper (hierzu Roussel 1921, 266–274; vgl. auch Epigr. Gr. 841 Kaibel) bezieht (für diese Deutung vgl. Livrea 2002, 69f. und Ferrari 2005, 185f.). Eine solche Darstellung stünde in Konkurrenz zu der Verzierung bzw. dem Effekt, der durch γραπτὴν Ἶριν bezeichnet ist (vgl. das zugehörige Lemma).

V. 2

ἕλκει: Das Verb, dessen Subjekt der im nächsten Vers offenbar genannte Stein (τὸ μαρμαῖρον β[ηρύλλιον) ist, meint nicht analog zu φορεîν in 8.3 (Δαρεîον φορέων ὁ καλὸ̣[ϲ] λ̣ί̣θο̣ϲ) das „Tragen“ einer Gravur (so ed. pr. 114), sondern ist wie in 17.3, wo es sich auf die charakteristische Fähigkeit eines Magneten bezieht, wörtlich zu verstehen (vgl. auch 72.1). Im vorliegenden Vers „zieht“ der Stein die Verzierung des Steins (γραπτὴν Ἶριν) heran (zum Sinn s. das folgende Lemma). – γραπτὴν Ἶριν [: Damit ist offenbar ein Bild gemeint, das den Stein schmückt. Da die erste Gedichtgruppe der Lithika-Sektion ausschließlich von gravierten Steinen spricht, überrascht das Adjektiv γραπτὴν (‚gemalt‘) an der vorliegenden Stelle. Auszuschließen ist, dass γραπτήν wörtlich aufzufassen ist und auf eine tatsächliche Bemalung des Steins hindeutet. Möglich wäre, dass γραπτήν für γλυπτήν steht (ed. pr. 114) und die Götterbotin Iris als Intagliomotiv bestimmt; als Ergänzung der folgenden Lücke würde sich in diesem Fall die von γραπτήν abhängige Angabe des Steinschneiders ὑπὸ Κρονίου („die von Kronios ‹gemalte›“) anbieten (ed. pr.). Gegen diese Annahme sprechen aber diverse Stellen, an denen die beiden bzw. abgeleitete Wörter in Opposition zueinander erscheinen (vgl. Gutzwiller 2003, 44–45), und die Formulierung, dass der Stein die Gravur „zieht“ (ἕλκει, vgl. das vorangehende Lemma). Plausibler ist die verbleibende Möglichkeit, dass sich γραπτήν auf den temporären Effekt einer wie gemalt erscheinenden Gravur bezieht. Als Motiv kommt dafür dann nicht die Göttin Iris, sondern ein ‚Regenbogen‘ (ἶριϲ) in Frage, den der Stein ‚von der Sonne her zieht‘ (ἀπ’ἠελίου). Gutzwillers Ergänzung der auf γραπτὴν ἶριν folgenden Lücke orientiert sich an der wörtlichen Bedeutung von ἕλκει und nennt die Sonne als Quelle des Regenbogens, den der Stein aktiv zu sich heranzieht. Denkbar ist, dass Poseidipp hiermit die prismatische Lichtbrechung meint (vgl. Livrea 2002, Gutzwiller 2003, Ferrari 2005), die Plinius der kristallartigen iris zuschreibt (nat. 37.136f.): Dieser Stein zerstreue im Freien die auf ihn fallenden Strahlen und erleuchte die in der Nähe befindlichen Objekte. Wenn er im Haus von Sonnenstrahlen getroffen werde, werfe er auf die umliegenden Wände die Form und Farben eines Regenbogens (sub tecto percussa sole species et colores arcus caelestis in proximos parietes eiaculatur). ἕλκει scheint zwar zu implizieren, dass der Regenbogen nicht ein Effekt auf externen Objekten, sondern eine temporäre Erscheinungsform des Steins selbst ist; es ließe sich in Verbindung mit ἀπ’ ἠελίου aber auch als Verweis auf die tatsächliche Quelle des Regenbogens verstehen: Der Stein vermag ihn nur mithilfe der Sonne an die Wand zu projizieren. Problematisch ist, dass Poseidipp im vorliegenden Epigramm nicht von ἶριϲ, sondern vermutlich von βηρύλλιον spricht (vgl. das Lemma τοῦτο τὸ μαρμαῖρον β[), für den Plinius in seiner Beschreibung des Steins keine derartige Wirkung anführt. Alternativ zu der Deutung des „gemalten Regenbogens“ als eines prismatischen Lichteffektes könnte ἕλκει vielleicht auch bedeuten, dass der Stein selbst, wenn er von der Sonne beschienen wird, in den Farben eines Regenbogens schillert. Wenngleich eine derartige Wirkung in der griechischen Fachliteratur über Steine nicht bezeugt ist, erscheint sie bei einer farblosen Beryllvarietät möglich. Ein Argument dafür, den Regenbogen eher als den einer Gravur ähnelnden Effekt auf einem Stein denn als Effekt des Steins auf etwas anderem aufzufassen, könnte aus der Position des Gedichts in der Gruppe der Epigramme 1–15, die gravierte Steine beschreiben (vgl. Einl. zur Sektion, S. 21), gewonnen werden. Während ein Stein, der einen Regenbogen in seiner Umgebung hervorruft, eher im zweiten Teil der Lithika |48|zu erwarten wäre (vgl. Einl. zur Sektion, S. 23), passt ein auf den Stein „gemalter Regenbogen“ deshalb in die Reihe der Intaglio-Beschreibungen, weil er als Gravur erscheint. Im Gegensatz zu einer Gravur ist das Regenbogenbild nicht dauerhaft in den Stein gearbeitet, sondern eine temporäre Illusion, die aber dennoch, weil sie regelmäßig wiederkehrt, konstitutiv für das Steinkunstwerk ist. Urheber des Bildes ist nicht ein Steinschneider, sondern die Natur. Diese Deutung erscheint insbesondere im Vergleich mit 7, das einen von Kronios gravierten Stein beschreibt, attraktiv, da sie die beiden benachbarten, ansonsten parallel gebauten Gedichte in ein interessantes Spannungsverhältnis setzt.

V. 3

τοῦτο τὸ μαρμαῖρον β[ηρύλλιον: Im Anschluss an das deiktische Demonstrativpronomen, das offenkundig wie τῶιδε in V. 1 auf den Stein hindeutet, wird dieser durch μαρμαῖρον als ‚glitzernd‘ bzw. ‚funkelnd‘ charakterisiert (zum Topos des Glanzes in den ersten 16 Epigrammen der Lithika vgl. die Einl. zur Sektion, S. 22). Da der Stein in V. 1 bereits unspezifisch durch λίθωι benannt ist, dürften sich das Demonstrativpronomen und das attributive Partizip auf eine folgende konkrete Bezeichnung des Steins beziehen. Die einzige in Frage kommende Ergänzung des vor der Lücke erhaltenen β dürfte das Diminutiv β[ηρύλλιον sein, das einen kleinen Beryll bezeichnet (ed. pr.). Von diesem Stein kennt Plinius acht verschiedene, sich in ihrer Farbe unterscheidende Formen (nat. 37.76–77), darunter die goldfarbenen (chrysoberylli). – ] δ’ ἐπ̣ε̣δήθη: πεδάω (‚binden‘, ‚befestigen‘) bezeichnet wie δέω bzw. ἐνδέω (11.2), ἀρτάω (8.2) und ϲφίγγω (4.5; 7.4; 12.2) die Einfassung des Steins in ein Schmuckstück. Die Erwähnung des Dekolletés der Nikonoe, auf dem der Stein „zum Liegen kam“, legt nahe, dass es sich bei dem Schmuckstück der Nikonoe um eine Halskette handelt. Die verbleibende freie Versposition nach β[ηρύλλιον wird sinnvoll durch εὖ gefüllt, das die Qualität der Einfassung lobt (ed. pr.)

V. 4

Νικο̣νόηϲ: Nikonoe heißen auch die Protagonistinnen von 7 und eines Epigramms des hellenistischen Dichters Hedylos (AP 6.292). Mit der vorliegenden ionischen Endung (vgl. Ν̣[ι]καίη Κώια im vorangehenden Epigramm) ist der Name für die hellenistische Zeit sonst nicht bezeugt; für die Form Νικονόα finden sich drei inschriftliche Belege, die auf ungefähre Zeitgenossinnen Poseidipps verweisen (LGPN IIIb 15207, IV 32076,32077). – χρύϲε̣[ον εἰϲ κάθε]μα: Das Versende kann mit großer Sicherheit vervollständigt werden (ed. pr.), da eine goldene Halskette als Schmuckstück der Nikonoe auch im folgenden Epigramm 7, das mehrere Parallelen zu dem vorliegenden aufweist, genannt wird. Für goldene Schmuckstücke in den Lithika vgl. neben Epigramm 7 auch 4, 8 und eventuell 12.

V. 5

ὑπῆλθ[ε ………]η: Das Prädikat (‚kam‘) bezeichnet die Bewegung des geschenkten Steins hin zum Dekolleté der Nikonoe, auf dem er als Teil einer Kette zu liegen kommt. Für die sich anschließende Lücke ist bisher keine befriedigende Ergänzung vorgeschlagen worden. Gutzwillers Konjektur ὑπῆλθε δέρην, κούρ]η („er kam unter den Hals, Mädchen“) versucht, der normalen Bedeutung von ὑπέρχεϲθαι Rechnung zu tragen. Die Apostrophe der Nikonoe gleich nach ihrer Erwähnung im Genitiv (V. 4) ist jedoch nicht vorstellbar, und Austins Vorschläge (χάριϲ καιν]ή, „ein neues Vergnügen“ oder ὄψιϲ τερπν]ή, „ein reizender Anblick“) führen zu einer kaum akzeptablen Doppelung, da das Epigramm mit einer vergleichbaren Apposition (ἡ]δ̣ὺ ϲέλαϲ) endet (vgl. das folgende Lemma).

|49|V. 6

π[……. ἡ]δ̣ὺ ϲέλαϲ: Das erhaltene Versende ist eine Apposition zu κύβοϲ (V. 4) und beschreibt die Wirkung des Steins auf dem Dekolleté der Frau als ‚süßen Glanz‘. Für die Lücke, die der Apposition vorausgeht, bietet sich Luppes π[αρθένου („der Jungfrau“) an (in ed. pr.). Ein weiteres Attribut, wie es Gutzwiller vorschlägt, ist nicht sinnvoll und würde zudem zu der mehr als unschönen Verbindung κατὰ μαϲτὸν ϲτηθέων führen.

Der Neue Poseidipp

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