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Das Epigramm ist bis auf den Schluss vollständig erhalten. Es behandelt einen Lapis lazuli, den ein Timanthes im Auftrag eines Demylos für Nikaie von Kos geschnitten hat. Der Sprecher, der den Stein und dessen Schenkung in der 3. Ps. beschreibt, bleibt anonym. Auffällig ist die ungewöhnliche Sprache des Epigramms, das den Steinnamen in einer nicht bezeugten Form sowie zwei hapax legomena aufweist.


23 Κώια ἔδ̣[εκτ’ ἐρατόν Austin 2001a, ed. pr. (Κῶια), ed. min. (vel ἔδ̣[εκτο φίλον? Cuypers, cf. Greg. Naz. AP 8.79.2)

Timanthes hat den sternenbesäten Lapislazuli geschnitten,

diesen Gold enthaltenden persischen, der nur zur Hälfte ein Stein ist,

für Demylos; im Tausch gegen einen zarten Kuss (empfing ihn) die dunkelhaarige

Nikaie aus Kos als Geschenk

V. 1

Τιμάνθ̣ηϲ: Während uns ein Steinschneider dieses Namens aus anderen Quellen nicht bekannt ist, sind zwei Maler mit Namen Timanthes bezeugt: neben einem Zeitgenossen von Zeuxis und Parrhasios (spätes 5., frühes 4. Jh.; DNO 1613–1627) auch ein wohl auf der Peloponnes |43|tätiger hellenistischer Maler (um 250/240; DNO 3512). – ἔγλυψε: Der terminus technicus für das Schneiden von Steinen erscheint hier zum ersten Mal im Erhaltenen der Lithika und ist in den folgenden Epigrammen prominent (vgl. die Einl. zur Sektion, S. 20f.). Theophrasts Klassifizierung des ϲάπφειροϲ als Ringstein (lap. 8) wird durch diverse archäologische Funde und Inschriften bestätigt (Blümner, H. 1920: Saphir, in: RE I A2, 2357). – τὸν ἀϲτερόεντα ϲάπειρον: Der Name bezeichnet nicht den Halbedelstein Saphir, sondern eine Form der Gesteinsart Lapis lazuli (Lasurstein). Es handelt sich wohl um ein semitisches Lehnwort (Blümner, H. 1920: Saphir, in: RE I A2, 2356f.), das hier in Form und Geschlecht von seinem üblichen Gebrauch abweicht: Zum einen ist das Wort sonst ausschließlich in der Form ϲάπφειροϲ belegt (Di Nino 2010, Anm. 4). Die Auslassung des φ an der vorliegenden Stelle hat offenbar metrische Gründe (ed. pr. 114). Zum anderen war das Substantiv bislang nur als Femininum belegt. Für einen vergleichbaren Fall der Verwendung des „falschen“ Genus bei Poseidipp vgl. 123.1: λάγυνοϲ. Das Attribut zu ϲάπειρον beschreibt den Stein metaphorisch als ἀϲτερόεντα (‚sternbesät‘) und vergleicht damit sein charakteristisches Aussehen in ähnlicher Weise mit dem eines klaren Nachthimmels wie später Philostrat (Vita Apollonii 1.25: κυανω-τάτη δὲ ἡ [ϲαπφειρίνη] λίθοϲ καὶ οὐρανία ἰδεῖν, „der [sc. sapphirische] Stein ist von einem äußerst dunklen Blau und wie der Himmel anzusehen“). Ϲάπ[φ]ειροι haben demnach eine an die Farbe des Himmels erinnernde (dunkel)blaue Kolorierung, die von goldgelben Punkten (vgl. χρ̣υϲίτην, ‚goldhaltig‘) wie von Sternen durchsetzt ist. Die goldgelbe Farbkomponente wird im vorliegenden Epigramm durch ἀϲτερόεντα und χρ̣υϲίτην (vgl. das folgende Lemma)gleich zweimal explizit hervorgehoben. Ähnlich betont die antike Fachliteratur die Prominenz des Goldtons im ϲάπφειροϲ, wenn sie ihn mit einem ähnlichen Stein vergleicht: Im κύανοϲ, der aus heutiger Sicht ebenfalls mit dem Lasurstein zu identifizieren ist, dominiert die dunkelblaue Grundfarbe, die bisweilen von Gold lediglich „bestäubt“ ist (vgl. Plin. nat. 37.119: „ihm wohnt bisweilen auch ein goldener Staub inne, nicht wie den sappiri; in diesen nämlich leuchtet das Gold in Punkten“; vgl. Caley-Richards 1956, 127f.). Unklar ist, ob das Epigramm die häufigere, ‚weibliche‘ oder die seltenere, ‚männliche‘ Form des ϲάπφειροϲ beschreibt und ob in diesem Fall das ungewöhnliche Maskulinum auf das imaginierte Geschlecht des Steins zurückzuführen wäre (zum Phänomen der geschlechtsspezifischen Differenzierung von Steinen v.a. anhand des Helligkeitsgrads ihrer Färbung in der petrographischen Literatur vgl. den Komm. zu 4.1). Die einzige explizite Unterscheidung findet sich bei Plinius nat. 37.120: Caeruleae et sappiri (…) quae sunt ex iis cyanei coloris, mares existimantur („Blau sind auch die sappiri; diejenigen unter ihnen, die kyanosfarben [d.h. etwa: dunkelblau] sind, werden als die männlichen angesehen.“). Demnach unterschieden sich die beiden Formen durch die Helligkeit ihrer Grundfarbe. Diese wird im vorliegenden Epigramm zwar nicht ausdrücklich thematisiert, kann aber wohl aus ἀϲτερόεντα erschlossen werden, das als Grundton die dunkelblaue, beinahe schwärzliche Farbe des Nachthimmels impliziert.

V. 2

χρ̣υϲίτην: Diese Charakterisierung beschreibt wie ἀϲτερόειϲ V. 1 die goldfarbenen Einsprengsel des Steins. χρ̣υϲίτην suggeriert noch stärker als ἀϲτερόεντα die farbliche Dominanz der Pyriteinschlüsse gegenüber dem blauen Grundton des Gesteins (vgl. Theophr. lap. 8; 23; 37 u. Plin. nat. 33.68; 33.161; 37.119f.). Im Gegensatz zu ἀϲτερόεντα ist χρυϲίτην wörtlich zu verstehen: Die goldgelbe Färbung hat man sich in der Antike tatsächlich mit der Existenz von Goldeinschlüssen erklärt; vgl. die petrographische Prosa, z.B. Theophr. lap. 23: ἡ ϲάπφειροϲ […] ἐϲτὶν ὥϲπερ χρυϲόπαϲτοϲ (ὥϲπερ bezieht sich hier auf -παϲτοϲ, das von πάϲϲω ‚hineinsticken‘, ‚darauf streuen‘ abgeleitet ist), und Plinius nat. 37.119. – Περϲικὸν: Die Lokalisierung des ϲάπ(φ)ειροϲ in Persien wird weder durch archäologische Zeugnisse noch durch die Angaben |44|der antiken Fachliteratur zu Steinen bestätigt.65 Plinius berichtet, dass „die besten sappiri bei den Medern“, also nördlich des urspünglich persischen Gebiets gefunden werden (optimae apud Medos, 37.120), nennt aber keine weiteren Gebiete. Möglicherweise zieht Poseidipp hier die ungefähre der korrekten Verortung des ϲάπειροϲ vor, um den persischen Kontext, der auch einige andere Epigramme der ersten Sektion kennzeichnet, hervorzuheben (vgl. auch den Komm. zu 4.5: Πέρϲην). – ἡμίλιθον: Der Neologismus (wörtlich: ‚Halb-Stein‘) bezeichnetnicht im pejorativen Sinn die moderne Kategorie ‚Halbedelstein‘ (vgl. die engl. Übers. der ed. min. „semi-precious stone“), sondern trägt der Annahme Rechnung, dass der ϲάπειροϲ aufgrund seiner Goldeinschlüsse nur zur Hälfte ein Stein ist. Das Attribut χρυϲίτην gibt also gleichsam die Erklärung für die Vorsilbe ἡμί- (vgl. das Lemma χρ̣υϲίτην). Die moderne Erklärung, dass es sich bei Lapis lazuli nicht um ein einziges Mineral mit entsprechender Härte und Dichte handelt, sondern um ein Mineralgemisch, das aus Lasurit, Sodalith, Calcit und Pyrit besteht und daher zu den Gesteinen zu zählen ist („roccia“, ed. pr. 114), kann, contra ed. min. und Di Nino 2010, 276f., nicht zur Deutung und Übersetzung von ἡμίλιθον herangezogen werden. Ebenfalls anachronistisch ist die ital. Übers. der ed. min. „pietra dura“.

V. 3

Δημύλωι·: Der Versanfang nennt offenbar denjenigen, der den ϲάπειροϲ bei Timanthes in Auftrag gegeben hat, um ihn der V. 4 genannten Nikaie von Kos zu schenken. Die Prosopographia Ptolemaica verzeichnet keine Person dieses Namens im hellenistischen Ägypten. In spätklassischer und frühhellenistischer Zeit ist der Name aber sowohl in einem Fragment der Komödie Καταψευδόμενοϲ des Sosipatros (fr. 1.2 Kassel-Austin = LGPN II 16579) als auch 14-mal inschriftlich bezeugt (LGPN I 41467,72168,72169,72170,72171, 72172,79893,16578; II 16581,16582,16583,16584,16585; Va 5490). – κυανόθριξ: Poseidipp hat das nur an drei weiteren, allesamt späteren Textstellen bezeugte Adjektiv „mit blauschwarzen Haaren“ (Antiph. AP 6.250.5; Orph. Arg. 1194 [1199]; App. Anth. VI.216.37) vielleicht für dieses Epigramm geschaffen. Der erste Bestandteil des Adjektivs verweist auf den Stein κύανοϲ, der in der antiken Fachliteratur als weniger goldhaltiges Pendant des hier beschriebenen ϲάπειροϲ behandelt wird, bzw. auf die Charakterisierung des ϲάπφειροϲ mit dem Adjektiv κύανοϲ (vgl. das Lemma τὸν ἀϲτερόεντα ϲάπειρον).

V. 4

Ν̣[ι]καίη Κώια: Der Name Nikaia ist reich bezeugt, allerdings nicht in der ionischen Form Νικαίη. Für das ptolemäische Ägypten verzeichnet die Prosopographia Ptolemaica 13 Stellen. Möglicherweise hat Poseidipp den Namen aufgrund seiner Bedeutung (‚Siegreiche‘) für die beschenkte Frau ausgewählt (vgl. Interpr.). – εδ̣[: Am Ende des Epigramms muss ein Verb wie ‚bekommen‘, ‚empfangen‘ o.ä. gestanden haben. Das deutlich erkennbare ε lässt auf ein Vergangenheitstempus schließen; in Verbindung mit dem folgenden schwach erkennbaren δ̣ ist eine Form wie ἔδ̣[εκτο bzw. ἔδ̣[εκτ’ (Austin 2001a) denkbar. Den Versschluss könnte ein auf δῶρον bezogenes Adjektiv bilden. Für die Verbindung von ἐρατόν, ‚liebenswert‘ (Austin) mit δῶρον finden sich Parallelen (Hom. Il. 3.64; Archil. fr. 1 West; AP 6.346.2 = FGE 495 (Ps.-Anacr.).

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