Читать книгу Geheilt statt behandelt - Prof. Dr. Harald Prof. Dr. Schmidt - Страница 35
Ungebildet = Minus 10
ОглавлениеMenschen mit höherer Bildung haben in England eine bis zu sechs Jahre längere Lebenserwartung; in den USA sogar neun Jahre. Mit Bildung korreliert natürlich auch Einkommen. Die wohlhabendste Schicht der 50-Jährigen hat noch eine weitere Lebenserwartung ohne chronische Krankheiten von 31 Jahren; in der ärmsten Gruppe sind es nur 22 Jahre, also bis zu neun Jahre weniger. Als Begründung wird ein gesünderer Lebensstil vermutet. Die Möglichkeit eines leichteren Zugangs zu medizinischen Leistungen fällt in England als Begründung weg.
Diese Daten sind eins zu eins auf Deutschland übertragbar.4 Auch hier haben die oberen Einkommensklassen eine um mehrere Jahre höhere Lebenserwartung als die unteren, und zwar über alle Altersgruppen und Geschlechter hinweg. Männer mit niedriger Bildung und Einkommen sterben zehn Jahre, Frauen acht Jahre früher als gut gebildete Männer und Frauen. Betrachtet man nur die gesunde Lebenserwartung, das heißt die Lebensjahre, die in sehr gutem oder gutem allgemeinen Gesundheitszustand verbracht werden, macht der Unterschied zwischen der niedrigsten und höchsten Einkommensgruppe sogar 13 Jahre bei Frauen und 14 Jahre bei Männern aus. Und diese Erkenntnis ist keineswegs neu. Schon 1847 beschrieb der Armenarzt, Medizinalreformer und -statistiker Salomon Neumann den Kern des Problems so: „Wohlstand und Bildung drücken sich zählbar – und dies ist eine amtliche Tatsache – in den Gesetzen der Sterblichkeit aus.“5
Diese Abhängigkeit der Gesundheit und Lebenserwartung von der Bildung beginnt schon in der Kindheit. Ein höherer Bildungsgrad von Müttern beschert ihren Kindern ein längeres Leben.6 Hatte eine Mutter ab den 1940er-Jahren mindestens einen Realschulabschluss, haben ihre erwachsenen Kinder ab 65 Jahren eine im Durchschnitt zwei Jahre höhere Lebenserwartung als Kinder, deren Mütter damals höchstens einen Volksschulabschluss hatten. Besser gebildete Mütter achten wahrscheinlich auf eine gesündere Lebensweise ihrer Kinder, was eine ausgewogene Ernährung, Rauchverhalten, Alkoholkonsum und Bewegung betrifft.