Читать книгу Das große Praxisbuch Ernährungsmedizin - Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich - Страница 14
Vier wichtige Punkte
ОглавлениеBevor wir dazu kommen, wie Sie durch Ihre Ernährung langfristig das Beste für Ihre Gesundheit tun können, möchte ich Ihnen vier Punkte ans Herz legen, die mir ganz besonders wichtig sind:
1. In diesem Buch finden Sie keine »Guru-Empfehlungen«, sondern wissenschaftlich fundierte Ernährungsmedizin. Als Forscher, der der wissenschaftlichen Redlichkeit verpflichtet ist, gebe ich Ihnen nur Empfehlungen, die sich auch am Menschen als wirksam erwiesen haben – schließlich sind Sie weder ein Zellhaufen in einer Petrischale noch eine Labormaus. Aus meiner wissenschaftlichen Erfahrung kann ich Ihnen versichern: Sehr viele Effekte, die wir im Labor oder an Versuchstieren sehen, lassen sich an Menschen nicht bestätigen.
2. Gesunde Ernährung ist entspannt und lecker! Essen ist mehr als die Zufuhr von Energie und Nährstoffen – Essen ist Genuss, Sinnlichkeit, kulturelle Identität und Gemeinschaft. Stressen Sie sich also nicht damit, immer und überall zu 100 Prozent gesund essen zu müssen. Mit einem derartigen Perfektionismus ebnen Sie den direkten Weg zu Unglück und Essstörungen. Außerdem hemmen zu strikte Regeln die Motivation und sind damit kontraproduktiv. Im Alltag sinnvoller ist das sog. Pareto-Prinzip: Mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes können Sie bereits 80 Prozent der Ergebnisse erzielen. Oder umgekehrt: Um die letzten 20 Prozent der »ungesunden« Lebensmittel auf Ihrem Speiseplan zu ersetzen, brauchen Sie 80 Prozent des Gesamtaufwandes.
3. Es gibt keine »gesunden« oder »ungesunden« Lebensmittel. Zwar ist es langfristig nicht gesundheitsförderlich, jeden Tag zwei Liter Cola statt zwei Liter Wasser zu trinken. Aber ist ein Glas Cola deshalb ungesund? Sicher nicht. Denn entscheidend ist das Wort »langfristig«. Ein einzelnes Glas Cola ist so wenig »ungesund« wie eine einzelne Tafel Schokolade oder eine einzelne Tüte Chips. Wenn Sie solche Lebensmittel aber jeden Tag konsumieren, wird das langfristig sicher gesundheitsschädlich sein. Hier gilt das Motto: Die ernährungsmedizinischen Probleme entstehen nicht zwischen Weihnachten und Neujahr, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten. Wenn Sie die Woche über vollwertig und gesund essen, spricht nichts gegen den Braten und die Sahnetorte am Sonntag.
4. Gesunde Ernährung ist individuell. Damit eine gesunde Ernährung langfristig umgesetzt werden kann, muss sie an Sie persönlich angepasst sein. Nutzen Sie diese Spielräume! Wenn Sie keine Walnüsse mögen, dann essen Sie keine Walnüsse, obwohl Sie gelesen haben, dass sie viele Omega-3-Fettsäuren enthalten. Greifen Sie stattdessen lieber zu Mandeln oder Cashews. Wenn Sie Olivenöl nicht mögen, dann zwingen Sie sich nicht, Olivenöl auf jeden Salat zu geben. Damit verderben Sie sich nur den Geschmack auf Salate. Auch Raps-, Walnuss- oder Leinöl sind gesundheitsförderlich.
GUT ZU WISSEN
Personalisierte Ernährungsempfehlungen
Bahnbrechende Studien der Arbeitsgruppe von Prof. Eran Segal am Weizmann-Institut haben seit 2015 gezeigt, dass die Stoffwechselreaktionen von zwei Menschen, die eine identische Testmahlzeit essen, komplett unterschiedlich sein können. Die Zukunft der Ernährungsmedizin wird darin liegen, aufgrund von Stoffwechselanalysen vorherzusagen, welches Lebensmittel für wen am »gesündesten« ist. An der Modellierung solcher »Nutritypen« wird weltweit fieberhaft geforscht. Die Idee dahinter ist, dass Sie aufgrund Ihrer persönlichen Datenanalyse eine Liste an individualisierten Ernährungsempfehlungen erhalten.
Dies steht nicht im Widerspruch zu allgemeinen Ernährungsempfehlungen, wie sie auch in diesem Buch gegeben werden. Denn trotz individueller Unterschiede gibt es Lebensmittel, die bei praktisch jedem Menschen eine gesundheitsförderliche Wirkung haben. Diese Lebensmittel bilden die Grundprinzipien einer gesunden Ernährung (siehe >), die zukünftig durch personalisierte Empfehlungen optimiert werden können.