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2. Freiheitsrechte

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Schrifttum: Neumann, Sozialstaatsprinzip und Grundrechtsproblematik, DVBl. 1997, 92; Papier/Shirvani, Der Einfluss des Verfassungsrechts auf das Sozialrecht, in: SRH, § 3, Rn 42 ff, 120 ff; Rüfner, Sozialrecht in der Rechtsprechung des BVerfG, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart, Bd. 16, 1994, S. 25; Söllner, Die Wahrung der Grundrechte als gemeinsame Aufgabe von Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht, in: Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S. 43.

Die Freiheitsrechte haben auf verschiedene Weisen Bedeutung im Sozialrecht.

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a) In ihrer Funktion[14] als Abwehrrechte sichern die Grundrechte Freiheiten gegen staatliche Eingriffe. Unter diesem Aspekt kann verlangt werden, dass Eingriffe nicht erfolgen; wenn sie geschehen sind, dass sie beseitigt werden.

Beispiele: (1)

In dieser Funktion haben Grundrechte im Sozialrecht zB Bedeutung erlangt, wenn sich Versicherungspflichtige gegen ihre Pflichtmitgliedschaft in der Sozialversicherung gewandt haben[15]. Einschlägig ist hier nicht die negative Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), sie schützt allein vor privatrechtlichen Zwangszusammenschlüssen[16]. Die Verfassungsmäßigkeit öffentlich-rechtlicher Zwangsmitgliedschaften ist an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen, sie verstieß jedoch in den vom BVerfG geprüften Fällen nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. (2) In seiner Funktion als Abwehrrecht ist weiter etwa Art. 12 GG bedeutsam, wenn die Zulassung als Leistungserbringer der Krankenkassen (Zulassung als Vertragsarzt, Vertragszahnarzt etc) beschränkt werden soll. Bedeutung hat dies im Zusammenhang mit dem Bestreben, im Interesse der Kostendämpfung im Gesundheitswesen die Zahl der Anbieter, namentlich der Ärzte, zu begrenzen oder die Zulassung sonst wie zu steuern (Rn 229). (3) Art. 14 GG ist in seiner Funktion als Abwehrrecht im Hinblick auf sozialrechtliche Rentenansprüche und Rentenanwartschaften bedeutsam. Sozialrechtliche Rechtspositionen können Eigentumsschutz genießen. Seit seiner Entscheidung zum Versorgungsausgleich erkennt das BVerfG an, dass Rentenansprüche und Rentenanwartschaften durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind. Voraussetzung für den Eigentumsschutz sozialrechtlicher Rechtspositionen ist nach der Rechtsprechung des BVerfG, dass es sich um eine vermögenswerte Rechtsposition handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist. Sie muss dabei im Zusammenhang mit einer eigenen Leistung stehen, darf also nicht ausschließlich auf einem Anspruch beruhen, den der Staat in Erfüllung seiner Fürsorgepflicht durch Gesetz einräumt[17].

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b) In ihrer objektiv-rechtlichen Funktion sind die Grundrechte objektive Wertentscheidungen[18]. In dieser Funktion sind sie für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts, also auch des Sozialrechts, durch Rechtsprechung und Verwaltung bedeutsam. Die Grundrechte wirken in dieser Funktion auch auf die Gestaltungen durch den Gesetzgeber ein. Sie verpflichten den Staat auf den Schutz der Grundrechte und setzen Maßstäbe für die Gestaltung des Rechts.

Beispiele:

Unter diesem Gesichtspunkt sind im allgemeinen Verfassungsrecht anerkannt etwa die Schutzfunktion des Staates gegenüber werdendem Leben[19] oder Anforderungen an die organisatorische Gestalt der Universitäten und des Rundfunkwesens[20]. Das gesamte Sozialrecht dient der Sicherung eines menschenwürdigen Daseins und der freien Entfaltung der Persönlichkeit; die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber, zB bei Mitwirkungspflichten und Sanktionsregelungen im Grundsicherungsrecht (Rn 527), muss den Schutzauftrag des Staates gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG beachten[21].

Einklagbare Ansprüche und genaue Verpflichtungen des Gesetzgebers lassen sich unter diesem Gesichtspunkt regelmäßig nicht herleiten. Die Klage eines Einzelnen könnte auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Freiheitsrechte, ähnlich wie im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip dargelegt, nur Erfolg haben, wenn der Staat seine diesbezüglichen Aufgaben in ungewöhnlichem Maß missachten würde. Insoweit können Freiheitsrechte auch im Sozialrecht in Verbindung mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung oder sogar zu Leistungsansprüchen führen (dazu sogleich 3.).

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