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Fünf Mark für’s Falschparken

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Diesen guten Grundsatz zur Rechtfertigung aller krummen Touren in unserer ach so unperfekten Welt beherzigten zwei befreundete Jurastudenten, die für falsches Parken am Ende sogar noch Geld vom Staat bekamen. Man lernt aus diesem schönen Beispiel, dass von allen wichtigen und gesellschaftlich wertvollen Berufen, die der liebe Gott so erfunden hat, eine fundierte juristische Ausbildung noch immer das beste Hilfsmittel ist, um ein krummes Ding zum Erfolg zu führen.

Dabei fing die Geschichte mit meinem Schulfreund „Carlo“ und seinem Freund Jens eigentlich ganz harmlos an:

Einer der beiden – nämlich Carlo, auch „Karlchen“ genannt, der wahre Name soll hier lieber verschwiegen werden, denn heute ist Karlchen selbst ein ehrenwerter Rechtsanwalt und Notar und möchte ganz bestimmt nicht mit einem Dummejungenstreich wie diesem in Verbindung gebracht werden – fuhr zu einem hochwichtigen Bundesliga-Handballspiel seines Heimvereins THW Kiel. Da alle Parkplätze vor der großen Sporthalle entweder schon belegt waren oder Geld kosten sollten, stellte er sein Auto einfach unmittelbar vor den Halleneingang und damit ins Parkverbot. Es kam, wie es kommen musste: Als das Spiel vorbei war, steckte ein Knöllchen hinter einem der beiden Scheibenwischer. Einen ganzen „Heiermann“ (fünf Mark) sollte Carlo für falsches Parken an Vater Staat berappen. (Man sieht, die Geschichte spielt noch zu antiken, aber seligen D-Mark-Zeiten!)

Jeder normale Mensch hätte sich kurz geärgert, das Bußgeld überwiesen und die ganze Sache dann sofort ad Acta gelegt. Doch mein guter Freund Carlo war nun einmal ein hoffnungsvoller angehender Jurist. Also suchte er nach einem Ausweg – und fand einen.

Er tat deshalb erst einmal gar nichts und ließ die Zeit verstreichen, bis ihm vom Gericht per Post eine Vorladung zugestellt wurde. Zwanzig Minuten waren für die Verhandlung seiner Ordnungswidrigkeit angesetzt worden. In Begleitung eines Freundes und mit einem Stapel Akten unter dem Arm betrat Carlo den Gerichtssaal. Nachdem seine Personalien festgestellt waren, fragte der Richter:

„Warum haben Sie die Geldstrafe nicht gezahlt?”

Darauf Carlo: „Weil ich unschuldig bin!”

„Aber Sie sind doch der Halter des Fahrzeugs KI-TT 257?”

„Ja, der bin ich!”

„Aber dann ist die Sache doch sonnenklar: Sie müssen die Strafe bezahlen!”

„Nein, nein, Herr Richter, ich möchte gern einen Zeugen aufrufen!”

„Warum das denn, was wollen Sie damit bezwecken? Denken Sie, Sie sind hier bei einem Schwurgericht!?”

„Nein, Herr Richter, ich möchte nur meine Unschuld beweisen.”

„Ihre Unschuld!?”

„Ja, Herr Richter, das ist mein gutes Recht!”

Carlo kramte in seinen Akten, fand, was er suchte, und hielt ein bedrucktes Blatt Papier in die Höhe:

„Dieses höchstrichterliche Urteil vom 27. März 1957 mit dem Aktenzeichen...”

„Also gut, also gut, Sie haben ja Recht! Der Zeuge, den Sie benennen wollen, ist wohl Ihr unbekannter Begleiter dort?”

„Ja Herr Richter, das ist mein Freund Jens. Jens möchte eine Aussage zur Sache machen.”

Auch wenn sich die Verhandlung dadurch aus Sicht des Richters vollkommen unnötig in die Länge zog, blieb ihm nach geltendem Recht nichts anderes übrig, als meinem Freund Karlchen zu Willen zu sein. Nachdem Jens’ Personalien in den Gerichtsakten notiert worden waren, durfte er als Zeuge „zur Sache“ aussagen:

„Ich bin gefahren, Herr Richter!”

„Was, wie denn das?” Der Richter war echt verblüfft.

„Ich hatte mir das Auto von Carlo geliehen, weil ich mir das Handballspiel des THW Kiel ansehen wollte. Als ich das Auto vor der Sporthalle abgestellt habe, muss ich wohl das Parkverbotsschild übersehen haben.”

Langsam dämmerte dem Richter, was hier abgehen sollte: „Also gut”, sagte er und schloss mit Schwung den Deckel seiner Akten, „dann beende ich mit dieser Zeugenaussage, die den Angeklagten entlastet, die Verhandlung, das Verfahren wird eingestellt.”

Doch er hatte nicht mit meinem Freund Carlo gerechnet: „Einspruch, Herr Richter: Ich möchte, dass das Verfahren ordnungsgemäß zu Ende geführt wird. Mein tadelloser Leumund ist beschmutzt, ich fordere hiermit für mich einen formellen Freispruch!”

Statt der geplanten zwanzig Minuten dauerte das Verfahren am Ende zwei volle Stunden. Trotz ständigem heftigen Kopfnickens von Jens Seite, kostete es Carlo noch einige Mühe, den Richter durch Hinweise auf ähnlich gelagerte Präzedenzfälle dazu zu bewegen, diesen Pillepalle-Prozess um eine banale Ordnungswidrigkeit wie gewünscht formal korrekt zu Ende zu führen. Doch Ende gut, alles gut: Zum guten Schluss gab es für Carlo den gewünschten Freispruch erster Klasse, und für den angeblichen Parksünder Jens sogar noch fünf Mark Zeugengeld aus der Staatskasse oben drauf.

Das Ergebnis dieses Sensationsprozesses: Nach den Gerichtsakten war Jens der gesuchte und überführte Übeltäter und bekam dafür sogar noch ein finanzielles Handgeld aus der Staatskasse!

Allerdings hätte Jens, dem voll geständigen Parksünder sofort nach der Verhandlung ein neues Knöllchen wegen falschen Parkens ausgestellt werden müssen. Aber seit dem überaus schändlichen Verkehrsdelikt waren in der Zwischenzeit mehr als drei Monate vergangen, und damit war die Verjährungsfrist leider schon abgelaufen.

Doch selbst wenn es anders gewesen wäre, und man hätte Jens noch wegen Falschparkens zur Verantwortung ziehen können: Die fünf Mark, die er hätte haben müssen, um sein Knöllchen zu bezahlen, hatte er sich durch seine Zeugenaussage in dem Prozess ja schon verdient.

Fazit: Ein geständiger Sünder, aber keine Strafe, sondern stattdessen eine „ansehnliche“ finanzielle Belohnung vom Staat. Ja, es ist wahr, Jurist müsste man sein, dann schlägt man selbst aus der krummsten Tour noch Gewinn!

Wir haben alle mal klein angefangen

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