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Am Anfang war nur Adam

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Du, Adam, probier’ mal diesen roten Apfel hier: Weißt du was? Der schmeckt einfach köstlich!“

Eva


Kennen Sie die Schöpfungsgeschichte? Nein, ich wette, die kennen Sie nicht! Jedenfalls nicht die volle Wahrheit. Denn warum der liebe Gott überhaupt auf die keineswegs besonders nahe liegende Idee gekommen ist, so etwas Verrücktes wie Mann und Frau zu erschaffen, genau hierüber lässt die Bibel den interessierten Leser leider ziemlich im Unklaren.

Immerhin stellt das Buch der Bücher zum ewigen Ärgernis aller überzeugten Feministinnen zweifelsfrei fest, dass Adam vor Eva geschaffen wurde. Und weil sie angeblich die ersten waren, die die jungfräuliche Erde bevölkern durften, kommen viele Männer nach einem oberflächlichen Studium des Alten Testaments zu dem falschen Schluss, seien sie automatisch auch die Krone der Schöpfung. Weit gefehlt: Den Mann im Allgemeinen und Adam im Speziellen kann man bestenfalls als einen ersten, vergeblichen Versuch Gottes werten, ein Wesen zum Leben zu erwecken, das in der Lage ist, die Welt zu hegen, zu pflegen und nachhaltig zu bewirtschaften. Einen fleißigen und willfährigen Hausmeister sozusagen. Falls Gott selbst mal nicht vor Ort sein sollte. Weil er sich um irgendeine andere, weit entfernt gelegene Galaxis kümmern muss.

„Pass du mir gut auf Mutter Erde auf“, könnte er mit erhobenem Zeigefinger zu Adam gesagt haben: „Ich bin dann mal weg!“

Aber was war nur ein paar wenige Lichtjahre später, als Gott wieder in unserer Milchstraße vorbeikam, um bei der angeblichen Krone seiner Schöpfung nach dem Rechten zu sehen? Sie ahnen es sicher schon: Nichts war! Adam saß einfach nur stumpf vor seiner Höhle. So als ob nichts geschehen wäre. In ein Bärenfell eingewickelt, nagte er gelangweilt an einer halbgaren Wildschweinkeule herum und schien auf die Erfindung des Fernsehens und den Beginn der ersten Bundesliga-Saison zu warten.

„So wird das nix mit ‚Mutter Erde’!“, schüttelte Gott enttäuscht seinen bärtigen und grau behaarten Kopf und fuhr fort:

„Hier muss unbedingt wer her, der den ganzen Laden ein bisschen aufmischen und etwas Schwung in die Weltgeschichte bringen kann.“

Gesagt, getan: Plötzlich stand Eva zwischen dem erstaunt dreinblickenden Adam und dem ihn wärmenden Feuer, stemmte die Fäuste in ihre unbekleideten Hüften und schnaubte ihren total abgeschlafften Göttergatten aufs Höchste entnervt an:

„Was ist hier los, Adam? Du sitzt einfach nur dumm rum und lässt den lieben Gott einen guten Mann sein? Dabei gäbe es jede Menge zu tun! Schau dich doch einmal um: Wie sieht es bloß in deiner Höhle aus? Was müssen meine zurzeit noch ungeschminkten Augen sehen? Keine Gardinen vor den Fenstern? Kein Teppich auf dem Fußboden? Keine Möbel, um es sich einmal ein bisschen bequem zu machen? Und dein Bärenfell, mein Gott, das ist ja vollkommen verschnitten: Sitzt um die Hüften ganz und gar nicht! Mann, Mann, Mann, du kannst von Glück sagen, dass du der einzige weit und breit bist, sonst wäre ich hier schon längst über alle Berge auf Nimmerwiedersehen verschwunden!“

Just von diesem Moment an, als Eva erschien, hatte Gott keinen Grund mehr, sich um Adams Arbeitseifer irgendwelche Sorgen zu machen. Denn sofort nach Evas erster „Gardinenpredigt“ fing er an, unter ihrer peinlich genauen und unnachgiebigen Aufsicht zu schuften und zu werkeln, dass es eine wahre Lust war. Nur damit er ihr und seinen beiden leider ziemlich streitsüchtigen Söhnen Kain und Abel ein trautes Heim bieten konnte. Das – damit seine Eva auch wirklich zufrieden war – außerdem natürlich viel schöner sein musste als all die vielen anderen Nachbarhöhlen.

Wir haben alle mal klein angefangen

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