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II: 1,6–8 – Philister

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1,6Die II. Strophe des Völkergedichts wendet sich gegen die Philister. Dieses Volk, das am Ende des 2. Jahrtausends in die südliche Levante eingewandert ist, war politisch nie in einem Flächenstaat, sondern immer in Stadtstaaten organisiert. Dies schlägt sich in unserem Text darin nieder, dass er zunächst in Vv. 6–7 nur von Gaza spricht. Diese südlichste der Philisterstädte wurde 734 von Tiglatpileser III. erobert und zu einem assyrischen Außenhandelsplatz gemacht, blieb aber als selbstständiger Vasallenstaat bestehen.36 In V. 8 kommen dann mit Aschdod, Aschkelon und Ekron weitere Philisterstaaten hinzu. Aschdod wurde im Jahr 711 von den Truppen Sargons II. erobert und in eine assyrische Provinz verwandelt.37 Auffällig ist, dass der fünfte Stadtstaat, der von Gat, hier nicht erwähnt wird. Das mag daran liegen, dass Gat schon im 9. Jh. von den Aramäern zerstört wurde und danach nur zusammen mit Aschdod politisch aktionsfähig war.38 Im weiteren Amostext können dann allerdings auch allein Aschdod (3,9) oder Gat (6,2) für die philistäischen Nachbarn von Israel und Juda stehen. Im Völkergedicht benennt erst der letzte Halbvers die Philister als Volk.

Nach V. 6 besteht das Verbrechen Gazas darin, „dass sie Bevölkerungen geschlossen verschleppt haben, um sie an Edom auszuliefern“. Der Hintergrund der Vorwürfe bleibt weitgehend unklar. Sind Auslöser Grenz- und Gebietsstreitigkeiten? Kam es im Zusammenhang mit der Aktion Tiglatpilesers III. gegen Gaza zu lokalen Konflikten zwischen Philisterstädten und Israeliten (oder Judäern)? Belegt ist diesbezüglich nichts. In Ez 16,57 und Ez 25,15–17 ist von philistäischen Feindseligkeiten im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch Judas nach der Eroberung Jerusalems 586 die Rede. Aber Verschleppungen werden da nicht genannt.

Möglicherweise spielen die Vorwürfe von Am 1,6 auch gar nicht „auf Verschleppungen im Rahmen von Gebietserweiterungen“ an, „sondern eher an Sklavenfangzüge in kleineren Grenzorten“.39 Dann ist ohnehin kaum zu erwarten, dass es von den Vorfällen historisch überprüfbare Nachrichten gibt. Es ist nicht einmal klar, ob bei denjenigen, die da an die Edomiter ausgeliefert werden, an Bewohnerinnen und Bewohner judäischer oder aber israelitischer Ortschaften gedacht ist. Geographisch ist beides denkbar. Allerdings kommen auch nur Juda oder Israel infrage, da, wenn die Verschleppten an Edom ausgeliefert werden, sonst keine Nachbarn bleiben. Wie bei den Verbrechen an Gilead in der Damaskusstrophe kann man also daran denken, dass die Philister deshalb kritisiert werden, weil sie sich speziell an Juda oder Israel vergangen haben.

Wie in der Damaskusstrophe ist das, was den Philistern vorgeworfen wird, in seinem Charakter ambivalent. Denn sowohl Deportationen als auch der Verkauf versklavter Menschen gehören zur Normalität damaliger Auseinandersetzungen. „The sale of human booty on the slave market was a well-known practice that became a profitable by-product for the victors in war.”40 Und dessen, dass sie große Bevölkerungsmengen verschleppt hätten, rühmen sich sowohl assyrische Großkönige wie Sargon II. (721–705 v. Chr.) und Sanherib (704–681 v. Chr.) als auch Kleinfürsten wie Azitawada und dessen Vater Panamuwa in ihren nordsyrischen Herrschaften.41 Es ist eine Frage der Perspektive, ob Derartiges als Ruhmestat oder als Verbrechen qualifiziert wird.

1,7Die Strafdrohung mit dem von Jhwh ausgehenden Feuer richtet sich gegen die Stadtmauer von Gaza, die hier wie der Riegel von Damaskus (1,5) als pars pro toto der Stadtbefestigung genannt ist. Wieder sind mit den Palästen Gazas die Sitze der (Stadt-)Herrscher Ziel der Strafe.

1,8In der Entfaltung der Stafdrohung (V. 8) werden dann im Parallelismus weitere philistäische Stadtherrscher genannt, diesmal von Aschdod und Aschkelon. Bis auf die genannten Städte ist V. 8a sprachlich identisch mit V. 5aβ.γ. Die dritte der vier Halbzeilen im Formelement 5 spricht eine Drohung gegen eine weitere Philisterstadt, nämlich Ekron, aus. Und wie in der Damaskusstrophe ist mit der letzten Halbzeile die Klimax erreicht, indem nun nicht mehr von einzelnen Städten, sondern vom „Rest der Philister“ die Rede ist. Der Sachverhalt ist ähnlich wie beim „Volk von Aram“ in V. 5. Mit dem „Rest der Philister“ können kollektiv alle gemeint sein, die der Katastrophe vorläufig entkommen sind (so häufig, vgl. 2 Kön 21,14; Jes 14,30; 15,9 u. ö.). Der Ausdruck kann sich aber auch im engeren Sinn auf „das geschlagene Heer“ beziehen,42 ohne dass das ein Gegensatz zur Katastrophe für alle Philisterinnen und Philister wäre.

Im letzten Formelement ist der Gottesname um das Wort אדני (ʾadōnāj) ergänzt, das eigentlich die Ersatzlesung für das Tetragramm darstellt (woraus bei Luther 1545 der „Herr HERR“ wurde). Diese feierliche Verstärkung, wohl als ʾadōnāj ʾælōhîm, „der Herr Gott“ zu lesen, erscheint im Amosbuch sehr häufig (3,7.8.11.13; 4,2.5; 5,3.16; 6,8; 7,1.2.4.5.6; 8,1.3.9.11; 9,5.8), mit unserer Stelle also 21 Mal. In den Völkersprüchen allerdings steht sie nur in 1,8.43

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