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2.4 Transportwesen

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Auch der stärkste Binnenmarkt und die günstigsten Rohstoffvorkommen hätten nicht zu einer frühen britischen Industrialisierung geführt, wenn Investitions- und Gebrauchsgüter nicht durch eine leistungsfähige Transportinfrastruktur bewegt worden wären. Die Entwicklung des Transportwesens bestimmte den Verlauf der Industriellen Revolution maßgeblich mit und wurde gleichzeitig von ihr vorangetrieben. Bis zum frühen 18. Jahrhundert waren die einzelnen Gemeinden für den Bau und die Erhaltung von Straßen zuständig. Um Handel und Wirtschaft auf regionaler Ebene gezielt zu fördern, wurden 1707 per Gesetz die ersten turnpike trusts geschaffen, die mit dem Aufbau eines zunächst noch sehr lückenhaften, zusätzlichen Netzes von gebührenpflichtigen, durch Mautstationen mit Schlagbäumen (turnpikes) gesicherten Straßen begannen. Meist kontrolliert durch lokale Honoratioren, waren die Trusts verpflichtet, die eingenommenen Gebühren in die Erhaltung der Straßen zu investieren. Um 1750 existierten rund 150 verschiedene Trusts, die typischerweise nur eine Straße von einigen Dutzend Kilometern Länge pflegten. Mit der Frühindustrialisierung kam es zu einer

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raschen Verdichtung des Netzes, so dass 1830 über eintausend Trusts fast 30.000 Kilometer Straße betrieben. Das Netz war zweifellos wichtig für die Beförderung von Personen, Nachrichten und leichteren Gütern, eignete sich mangels Transportmitteln jedoch kaum zur Bewegung schwerer Lasten. Dafür kam im 18. und frühen 19. Jahrhundert nur der Transport zu Wasser infrage, der in Großbritannien durch natürliche Gegebenheiten sehr begünstigt wurde. Einerseits erlaubte die Insellage, relativ viele Güter durch Küstenschifffahrt zu befördern. Obwohl stark vom Wetter abhängig, war dieser Transportweg zumindest für einige Regionen, darunter Nordwestengland, das südwestliche Schottland und auch die irische Ostküste, von herausragender Bedeutung. Andererseits eröffneten eine ganze Reihe schiffbarer Flüsse Wassertransportwege im Binnenland. Um aus diesen aber ein Transportnetzwerk zu machen, war der Bau zahlreicher Kanäle nötig, die sich im wenig bergigen England, dem südlichen Schottland und Südwales vergleichsweise leicht anlegen ließen und zunächst häufig Flüsse miteinander verbanden. Ein auf Treidelpfaden laufendes Pferd konnte auf dem Wasser eine Last ziehen, die zwanzig Mal schwerer war als im Straßentransport. Die große Zeit des Kanalbaus war das halbe Jahrhundert zwischen 1770 und 1820, motiviert vor allem durch die Notwendigkeit, Kohle über weite Distanzen zu transportieren. Viele Kohlefelder ließen sich erst durch einen Kanal erschließen. Der Wasserweg war auch im Winter benutzbar, wenn zahlreiche Straßen durch Schlamm oder tiefe Spurrillen unpassierbar waren, da das britische Wetter – auch dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber vielen kontinentaleuropäischen Nationen – nur selten strengen Frost brachte. Andererseits war der Bau von Kanälen nicht nur zeitraubend, sondern auch deren Instandhaltung teuer, vor allem wenn Schleusen benötigt wurden. Fast immer standen private Investoren mit stark beschränkten Partikularinteressen hinter Kanalbauprojekten. Häufig waren es Landbesitzer, die so versuchten, ihre Bodenschätze für die Industrie zu erschließen. Dennoch existierte um 1830 ein relativ dichtes, auf die Industriegebiete des Landes konzentriertes Netz von Wasserwegen, ohne das die britische Industrialisierung undenkbar gewesen wäre.

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Die Industrielle Revolution

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