Читать книгу Die Industrielle Revolution - Rainer Liedtke - Страница 8

1.1 Ackerbau

Оглавление

Die traditionelle mittelalterliche Nutzung des Landes, eine arbeitsintensive Subsistenzwirtschaft mit niedriger Produktivität, veränderte sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts kaum. Wenn aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse eine Ernte schlecht ausfiel, konnte dies bedeuten, dass nicht einmal mehr genügend Saatkörner für das nächste Jahr vorhanden waren, weil diese ebenfalls verzehrt werden mussten. Die Folge waren zyklisch auftretende Hungersnöte, die wiederum Krankheiten und Seuchen den Weg ebneten, welche die Bevölkerung dezimierten. Es musste nach Möglichkeit eine Balance gehalten werden zwischen den Anteilen des Farmlandes für den Getreideanbau und für die Viehwirtschaft. Weidendes Vieh diente nicht nur zur Fleisch-, Milch- und Wollproduktion, sondern war auch Düngerlieferant für die Getreidefelder. Wurde viel Fläche für die Getreideproduktion benötigt, weil nur so ausreichende Erträge zur Ernährung der Bevölkerung erzielt werden

[<<12]

konnten, stand damit automatisch weniger Weidefläche zur Verfügung. Das war weniger problematisch in Bezug auf Fleischgewinnung, führte aber zu einem Mangel an Dünger, was wiederum die Fruchtbarkeit der Getreidefelder für das nächste Jahr beeinträchtigte. Dieser Teufelskreis konnte erst durch den Anbau neuer Sorten durchbrochen werden, und zwar nicht nur von Feldfrüchten für den menschlichen Genuss, sondern auch von Gräsern, die als Tierfutter dienten. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, teilweise nach Vorbildern aus den Niederlanden, wurden in England und Teilen von Schottland und Wales neue Grassorten eingeführt, die robuster waren, schneller wuchsen und dem Boden weniger Nährstoffe entzogen als die traditionell dort vorhandenen. Erfolgreiche Zuchtexperimente ersetzten schrittweise die natürlichen, seit Jahrhunderten vorhandenen Gräser.

Bei den Feldfrüchten bedeutete vor allem die Einführung von weißen Rüben, Klee und Raps einen wichtigen Durchbruch, denn diese konnten auch auf sehr nährstoffarmen Böden erfolgreich gedeihen und gaben der ausgelaugten Scholle sogar Nährstoffe zurück. Raps und Klee fanden als Viehfutter Verwendung, Rüben wurden von Vieh und Menschen verzehrt. Um 1760 hatten sich diese und einige andere „neue“ Sorten in England insgesamt durchgesetzt, was auch verdeutlicht, warum der Revolutionsbegriff für den agrarischen Wandel so problematisch ist. In einigen Regionen des Landes existierten schon im späten 17. Jahrhundert eifrige Rübenfarmer, aber es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis die Vorzüge dieser Frucht allgemein anerkannt wurden. Dies hing einerseits damit zusammen, dass es keine organisierte Unterweisung von Bauern gab, sondern diese einfach ihr Wissen von Generation zu Generation weitergaben. Andererseits war der Landbesitz so stark fragmentiert, dass es viele verschiedene Entscheider gab, die Neuerungen individuell einführten oder auch ablehnten.

Eine weitere wichtige landwirtschaftliche Veränderung war die Rotation von Feldfrüchten. Hier waren Innovationen vor allem mit einem Namen verbunden: Charles Townshend (1674 – 1738), ein Angehöriger des englischen Hochadels, der nach einer längeren politischen Karriere die letzten Jahre seines Lebens mit landwirtschaftlichen Experimenten auf dem Familienstammsitz zubrachte und dort Erfahrungen aus Flandern

[<<13]

adaptierte. Seine Beschäftigung mit der Rübe brachte ihm den Beinamen „Turnip Townshend“ ein. Die unter anderem von ihm entwickelte und popularisierte Innovation in der Feldbewirtschaftung, nach Townshends Heimat „Norfolk System“ genannt, beinhaltete eine Rotation von vier Früchten: Weizen, Gerste oder Hafer, Gras und Rüben. Im Unterschied zur traditionellen Dreifelderwirtschaft, die stets ein brachliegendes Feld erforderte, erlaubte dies die kontinuierliche Nutzung aller vorhandenen Ackerbauflächen, was die Erträge erhöhte. Zusätzlich sorgten die verwendeten Sorten durch gezielten Nährstoffentzug oder -zufuhr für eine effizientere Regeneration der Böden, die so auf die jeweils nachfolgende Fruchtsorte vorbereitet wurden. Dadurch standen nicht nur mehr Früchte für den menschlichen Verzehr zur Verfügung, sondern auch eine erhöhte Menge an Viehfutter, was vor allem die Wintersterblichkeit des Viehs verringerte.

Die Industrielle Revolution

Подняться наверх