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Patriotinnen oder Vaterlandsverräter?
ОглавлениеDie Frauen von Machsom Watch sind israelische Patriotinnen. Eben deshalb setzen sie sich für die Menschenrechte in ihrem Lande ein. Das gilt für die Soldaten von „Das Schweigen brechen“ genauso. Sie bleiben Reservisten der israelischen Armee und sind nicht etwa Kriegsdienstverweigerer geworden. Am Rande zu der für Palästinenser verbotenen Zone in Hebron treffen wir eine jüdisch-israelische Gruppe, die für die Rechte der Palästinenser eintritt. Sie heißt „Juden gegen Siedler“ und kooperiert mit palästinensischen Aktivisten.
Wir als Ausländer sind also Zeugen eines innerisraelischen Konfliktes. Wenn wir uns in diesem Konflikt auf die eine Seite stellen – und das von Fall zu Fall zu tun, scheue ich mich nicht –, haben wir sorgfältig darauf zu achten, dass in unserem Munde nicht aus der innerisraelischen Kritik eine generelle Kritik an Israel von außen wird. Das genau ist der Punkt, an dem ich mich von vielen deutschen „Solidaritätsgruppen für Palästina“ unterscheide, die ich für „die falschen Freunde Palästinas“ halte.
Ich übertrage dabei auf die politische Situation, was ich in der Biblischen Hermeneutik gelernt habe, die den Antijudaismus überwinden hilft: Innerjüdische Kritik in der Bibel (z. B. der jüdischen Propheten im Alten Testament oder der des Juden Jesus im Neuen Testament) darf nicht zur Kritik Israels durch Nichtjuden werden, sondern ist von Christen als Selbstkritik und als Kirchenkritik zu hören. So versuche ich nach wie vor, für Palästinenser einzutreten, ohne zu einem Gegner Israels zu werden.
Natürlich werden solche Gruppen und Personen, die für die Rechte der Palästinenser eintreten, von der gesamten politischen Rechten in Israel als „Vaterlandsverräter“ eingestuft. Ich halte diese Bezeichnung für eine Ehre. Für mich sind es die wahren Patrioten. Bekamen nicht auch Willy Brandt und andere von der deutschen Rechten dieses Etikett angehängt? Und welche Wirkung hatte der Kniefall dieses „Vaterlandverräters“ in Warschau für den Friedensprozess in Gesamteuropa!
Jüdische Nationalisten gibt es übrigens auch in Nes Ammim. Am Schwarzen Brett hatte jemand die Ankündigung unserer Fahrt in die „besetzten Gebiete“ handschriftlich in „befreite Gebiete“ korrigiert. Ein Hotelgast? Ein Angestellter? Ein Mieter? Ein Freiwilliger?