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Trost und Tatkraft – Eine streitbare Israelin aus Großbritannien

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„Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.“ (Psalm 139, 3) In diesen Worten finden Menschen Trost. Auch in Situationen, in denen sie sich fragen: Warum lässt Gott dem Bösen seinen Lauf? Dass Gott das Unrecht wenigstens sieht, nährt die Hoffnung, dass er ihm irgendwann ein Ende setzen und Recht schaffen wird. Und gleichzeitig motiviert mich dieser Gedanke, dass Gott meine Wege sieht, dann auch dazu, das mir Mögliche zu tun.

Vor kurzem traf ich Ruth, eine jüdische Israelin, Jahrgang 1945, in deren Lebensgeschichte ich beides entdecken konnte: die Kraft der Hoffnung, dass es am Ende gut wird, und die Tatkraft, das ihr Mögliche zu tun.

Ruth ist eine unermüdliche Aktivistin, die für die Rechte der Palästinenser in Israel und den von Israel besetzten Gebieten in einem Maße eintritt, das manches europäische Engagement für Palästinenser in den Schatten stellt. Woher kommt diese Tatkraft?

Ruth ist in Großbritannien aufgewachsen. Sie war die einzige Jüdin in ihrer Schule. Mit elf Jahren wurde sie von ihrer Lehrerin vor die Klasse gestellt, und sollte erklären, warum die Juden den Heiland gekreuzigt haben. Noch heute spürt sie die beiden Stellen auf ihrer Stirn, die ihre Mitschülerinnen ständig befühlten, um zu spüren, ob ihr schon Hörner wachsen. Als sie mit achtzehn in London ein Zimmer suchte, scheiterte sie lange an der Regel der Vermieter „Keine Hunde, keine Schwarzen, keine Juden“. Sie entstellte ihren Zunamen, um nicht als Jüdin erkannt zu werden, bis sie das nicht länger aushielt und zwei Jahre später nach Israel auswanderte.

Das war in den fünfziger und sechziger Jahren des 20., nicht des 19. Jahrhunderts. Das war nicht in Nazi-Deutschland. Wenn Juden und Jüdinnen solche Erfahrungen in unseren Tagen schon in einem westeuropäischen Rechtsstaat machen, wie viel mehr in Staaten und Gesellschaften der ehemaligen Sowjetunion, Osteuropas oder der arabischen und muslimischen Welt.

Mir wurde einmal mehr klar, warum es den Staat Israel geben muss. Nicht nur die Erfahrung der Schoah, des Holocausts, sondern auch der banale alltägliche Antisemitismus treibt Juden aus aller Welt nach Israel. Wie Ruth sind Millionen nach Palästina gekommen, um wenigstens an einem Platz dieser Erde geschützt und ungestört einfach jüdisch leben zu können.

Nur hier ist Judentum Leitkultur. Nur hier kann man unkompliziert koscher essen, alle jüdischen Feiertage und den Schabbat halten. Nur hier ist die Landessprache Hebräisch. Nur hier können Jungen Kippa und Schläfenlocken tragen, ohne gehänselt zu werden. Nur hier können sie sicher sein, dass nicht über Nacht der Ritus der Beschneidung männlicher Säuglinge zum Straftatbestand der Körperverletzung erklärt wird.

Angesichts der vielfachen Leidensgeschichten können die Verfolgten heute schon darin, dass sie in diesem säkularen Rechtsstaat Zuflucht gefunden haben, ein Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk Israel sehen. Und in der Hoffnung, dass Gott es am Ende für alle gut machen wird, setzen viele wie Ruth alles daran, dass in diesem Staat Völkerrecht und Menschenrechte eingehalten werden.

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