Читать книгу Das Theater in mir - Ralf Michael Pape - Страница 19
ОглавлениеAktion und Reaktion
Holger hielt ein Glas Weißwein in der Hand und sprach mit Daniela über Timo, ihren 5-jährigen Sohn. Sie hatten es sich auf der Terrasse hinter ihrem Haus gemütlich gemacht und blickten in den schönen Garten. Die Kinder waren bereits im Bett. Es war angenehm warm, und Holger fühlte sich gut.
Seine Wut über den Streit mit Tanja hatte sich schnell gelegt, und er war sicher, dass sich auch Tanja wieder beruhigen würde.
„Wir haben doch beide nur Vorteile von unseren Treffen“, dachte er.
Dann konzentrierte er sich wieder auf das Gespräch mit seiner Frau.
„Ich finde, wir sollten Timo in einer Musikschule anmelden. Der musische Aspekt ist wichtig für die Entwicklung unserer Kinder. Das sollten wir fördern.“
Daniela hatte alles, was sie immer wollte. Einen Mann, der gut verdiente und zwei wundervolle Kinder, um die sich fast ihr gesamtes Leben drehte.
Sie wusste nicht mehr, ob sie sich jemals bewusst dafür entschieden hatte, aber sie folgte einem inneren Instinkt und ließ ihrem Mann alle Freiheiten, damit er zufrieden war und es keine Komplikationen in der Beziehung gab. In ihrem Umfeld gab es viele Trennungen und Trennungskinder, dass wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Nichts sollte ihr gemeinsames Glück gefährden, und Männer brauchten eben ihre Kumpels, ihren Sport und auch mal ein paar Bier in einem Club. Ohne dass sie es je ausgesprochen hätten, glaubte sie fest an das eheliche Treueversprechen. Für sie war dies ein wichtiges Fundament ihrer Beziehung, und sie hielt sich daran.
Nur wenn Daniela sich ausnahmsweise eine Pause gönnte und nichts tat, außer zu atmen, in diesen Momenten drückte und zwickte es in ihrem Bauch. Je länger dieser Zustand andauerte, desto unwohler fühlte sie sich. Dann nämlich kamen sie, die leisen Stimmen in ihrem Kopf, die ganz blöde Fragen stellten:
„Wann hast Du ihn zuletzt sagen hören, dass er Dich liebt?“
„Weißt Du, wann Du zuletzt einen Orgasmus hattest?“
„Er hätte alle Möglichkeiten, fremd zu gehen. Bist Du sicher, dass er treu ist?“
„Ich will endlich auch wieder ein eigenes Leben haben.“
In solchen Situationen schaltete Daniela das Radio ganz laut und begann zu putzen. Das machte sie nicht wirklich zufriedener, aber es übertönte zumindest diese doofen, inneren Stimmen, bis die Kinder aus dem Kindergarten kamen und sie sich wieder in ihrer Routine einrichten konnte.
„Hast Du schon eine Musikschule im Auge?“
Holger war es recht, dass Daniela sich so intensiv mit ihren Kindern beschäftigte. Er tat alles, damit das auch so blieb. Finanziell ging es ihnen gut, also konnte er ihr bei solchen Themen problemlos entgegenkommen.
„Nein, noch nicht. Es wäre schön, wenn du auch mal etwas für deine Kinder tust. Kannst du dich nicht darum kümmern?“.
„Wann soll ich das denn noch machen?“
Er holte tief Luft und wollte gerade mit Nachdruck argumentieren, dass dies ja wohl ihre Aufgabe wäre, da kam ihm Daniela, um des lieben Friedens willen, zuvor.
„Ich glaube, der Sohn von Maria geht auf eine Musikschule. Ich werde sie fragen.“
Der kleine Testballon war es ihr wert, aber sie hatte auch keine Lust, sich den Abend verderben zu lassen.
Sein Handy lag auf der Bank direkt neben ihm, als die Nachricht von Tanja kam. Er sah es nur aus den Augenwinkeln und hoffte, dass Daniela es nicht bemerkt hatte. In diesem Moment war er froh, dass er sein Handy wie meistens auf lautlos geschaltet hatte.
„So eine dumme Kuh, wir hatten doch ganz klar vereinbart, dass wir uns nicht schreiben, weil das viel zu gefährlich ist.“
Er war plötzlich angespannt. Was war so wichtig, dass sie ihm trotzdem schrieb?
Holger musste seine Gedanken ordnen.
„Was hatte Daniela zuletzt gesagt? Ach ja, sie würde sich selbst um die Musikschule für Timo kümmern.“
„Ich danke dir, Schatz, dass du dich darum kümmerst und bin schon gespannt, welches Instrument Timo auswählen wird,“
Dann nahm er unauffällig sein Handy und stand auf.
„Mir fällt gerade ein, dass ich noch ein kurzes geschäftliches Telefonat erledigen muss. Bin gleich wieder da“.
Er ging ins Arbeitszimmer und las die Nachricht von Tanja. Sein Herz pochte laut. Holger fühlte sich eingeengt und unter Druck gesetzt.
„Was erlaubt sich diese blöde Kuh?“
Seine Gedanken wirbelten durcheinander. Er las die Nachricht ein weiteres Mal, und sein Ärger stieg weiter an. Er musste einfach antworten, sonst wäre er vermutlich geplatzt, wie eine Seifenblase, die nach einem schillernden Rundflug auf einen Stein trifft.
„Es ist ungeheuerlich, dass du mir weitere Affären andichtest. Ich dachte, wir wären uns darin einig, dass wir keine gegenseitigen Verpflichtungen haben, sondern nur hin und wieder ein paar schöne Stunden miteinander verbringen. Wenn du das in dieser Art und Weise nicht mehr kannst oder willst, ist das für mich OK.“
Er las seine Zeilen nicht noch einmal durch.
„Nachricht wurde gesendet“.