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Maya und der Affe

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IM HINDUISMUS ERZÄHLT MAN VON MAYA, der Göttin der Illusion, der Personifikation der Täuschung. Sie ist eine trickreiche Naturgewalt, die uns Menschen dazu verdammt, im Zustand des Samsara zu leben. Das Wort »Samsara« bezeichnet die zyklische, repetitive Art und Weise, in der die materielle Welt zu funktionieren scheint (zum Beispiel der Zyklus der Jahreszeiten). Samsara wird von unserem blinden Glauben angetrieben, dass uns materielles Wachstum und hedonistisches Vergnügen langfristig befriedigen können (diese Aussage schwingt auch in jeder Werbung mit, die du siehst). Das Problem ist, dass nachhaltiges Glück niemals aus einer Welt kommen kann, in der die Dinge nur zeitlich begrenzt existieren. Deshalb führt Samsara zu den Frustrationen, Enttäuschungen und Tragödien, denen wir immer und immer wieder begegnen.

Maya wird von vielen gläubigen Hindus als Feindin angesehen. Das gilt besonders für die Vaishnavas, Mitglieder einer Sekte, die die Hingabe an Gott Krishna als das Ziel allen menschlichen Lebens verstehen. Für sie ähnelt Maya dem Teufel aus der Bibel: ein Vertreter der Versuchung, vor dem man ständig auf der Hut sein muss. Aber es gibt da ein Problem: Auch Maya ist Krishna hingebungsvoll ergeben, sie gibt nur lange vor, es nicht zu sein. Sie soll die Menschen dazu verleiten, mit viel Energieaufwand miteinander zu wetteifern und leichtsinnig allem Möglichen nachzujagen. Dabei erleben wir aber immer wieder Enttäuschungen und das verändert uns schließlich. Während wir uns mit Alter, Krankheit, Tod und menschlicher Missgunst konfrontiert sehen, jagen wir selbstsüchtigen und oberflächlichen Belohnungen bis zur Erschöpfung hinterher. Uns wird dabei immer klarer, dass wir Schmerz nicht vermeiden, uns nicht durchgehend gut fühlen können – und haben unsere Art zu leben schließlich satt. Wir fragen uns, ob das Leben eine tiefere Bedeutung hat und welche das sein könnte. Schlussendlich ist Mayas falsche Fährte hilfreich. Ihre Rolle ist es, uns in der materiellen Welt zu desillusionieren, damit wir höhere Ziele entwickeln können, was in der oben genannten Tradition bedeutet, sich Krishna ganz hinzugeben – das Symbol dafür, den Sinn des Lebens zu erreichen.

In der buddhistischen Tradition versteht man unsere ungeordneten und hartnäckigen Gedanken als Manifestation von Samsara. Genau wie bei Maya ist es das Wesen eines solchen Geistes – manchmal beseelt von kreativem Genie, manchmal in Form eines schmerzhaften inneren Kritikers, häufig auch nur angetrieben durch banales Geplapper – uns dazu zu bringen, nach nachhaltigen Methoden der Entspannung zu suchen. Wir versuchen es vielleicht mit Yoga, mit Selbsthilfebüchern, Reinigungskuren, Zwölf-Schritte-Programmen, höherem Verdienst, mehr Komfort, ausgiebigerem Urlaub oder auch Medikamenten, um das Problem in den Griff zu bekommen. Trotzdem stecken wir fest. Wenn wir Glück haben, wenden wir uns dann der Meditation zu.

Meditation spricht nicht nur die evolutionäre Ungleichheit zwischen unserer Biologie und unserer sozialen Welt an, sie tut dies auf poetische Weise.

Die wissenschaftliche Forschung zu Achtsamkeitsmeditation bestätigt, dass sie uns in vielerlei Hinsicht helfen kann: Sie beruhigt unsere Gedanken, mindert unsere Aggressivität, steigert unsere Fähigkeit, unsere Erfahrungen präzise zu erfassen, verstärkt die Selbstregulation unserer Gefühle und unseres Verhaltens, verbessert unser Sozialleben, verlangsamt den Alterungsprozess, verhindert Krankheiten, verlängert das Leben und beeinflusst sogar die DNA, die wir an die nächste Generation weitergeben.21 Die Tatsache, dass sich Menschen in der westlichen Welt gerade jetzt, in unserer schlimmsten Krise seit Menschengedenken, massenhaft der Meditation zuwenden, ist kein Zufall.

Natürlich gib es einen Unterschied zwischen säkularer Meditation rein als Methode der Stressreduktion und säkularer Meditation als einem Lebensweg. Achtsamkeit hat sich als Methode etabliert, die unmittelbar Wirkung zeigt, zum Beispiel durch einen niedrigeren Blutdruck oder die Steigerung des kreativen Outputs. Auch wenn ich diese Entwicklung und die steigende Zahl der Praktizierenden begrüße, muss man sagen, dass dieser Ansatz in die Kategorie »kurzfristige Lösung« gehört, die ich bereits erwähnt habe. Meditation als einen Lebensweg anzunehmen erfordert vielmehr, offen für die emotionale Reise und die Herzöffnung zu sein, die sie unausweichlich begleiten werden und die wiederum Einfluss nehmen auf unsere Ethik, unser Verständnis der Realität und unsere Rolle in Beziehungen und bei der Arbeit. Mit anderen Worten, wir können Meditation als einen Weg zu größerer Aufmerksamkeit verstehen oder sie als Möglichkeit nutzen, Empathie und ein radikal befreiendes, holistisches Verständnis zu kultivieren. Welchen Weg wählst du?

Unsere ungeordneten und hartnäckigen Gedanken weisen uns den Weg zur richtigen Methode. Wie Maya ist auch der Monkey Mind zugleich Anstifter und Verbündeter. Wir sehen uns mit der Ironie konfrontiert, dass der Monkey Mind uns zur Meditation auffordert, sie aber gleichzeitig erschwert. Wieso ist der Auslöser dafür, dass wir uns endlich hinsetzen und nach innen wenden wollen, gleichzeitig das größte Hindernis auf diesem Weg? Warum ist genau das, von dem wir uns befreien wollen, auch genau das, auf das wir prallen, sobald wir uns der Praxis zuwenden? Im Laufe dieses Buches werden wir diese Frage im Kontext der drei buddhistischen Meditationsformen22 untersuchen: Shamatha (friedvolles Verweilen), Maitri (liebende Güte), und die Meditation des Mitgefühls.

Wir werden feststellen, dass die Reaktionen und Überreaktionen unseres Gehirns bestimmten Zwecken dienen, die eng mit den Übungen verknüpft sind. Außerdem werden wir sehen, dass diese Übungen darauf ausgelegt sind, die wahren Auslöser unserer Überreaktionen zu finden, die wir jetzt noch nicht sehen können. Ausgehend von unserem hervorstechendsten Problem, unseren dauerbeschäftigten Gedanken, graben wir uns immer tiefer.

In Kapitel drei wenden wir uns Meditationsübungen zu, die sich mit Verkörperung (Embodiment) beschäftigen. Damit gehen wir den direkten Weg, um anfänglichen Hindernissen zu begegnen und sie zu überwinden. Aber zuvor möchte ich die Dynamik unserer inneren Welt näher betrachten und wie sie in unserer Außenwelt reflektiert wird. Wenn sich der Monkey Mind entschließt, ein DJ zu sein, der immer nur MADONNA spielt, ist das zwar ärgerlich, aber auch irgendwie witzig. Aber ein außer Kontrolle geratener Kopf kann ernsthafte Konsequenzen haben – für uns, unsere Beziehungen, unsere Gesellschaft und unseren Planeten.

Am Ende des nächsten Kapitels beginnen wir, uns Meditationsübungen anzuschauen, die auf dem Prinzip der Verbindung basieren: Sie dienen als Basis für Wachstum und Wohlbefinden und können die Gedanken im Kopf ein wenig leiser drehen. Ich werde vermitteln, dass wir im Grunde gut sind, so wie wir sind, eine Wahrheit, die wir gerne übersehen, weil sie uns näher ist als unsere eigene Haut. Wie wir gleich sehen werden, befreit sich unsere Psyche auf ganz natürliche Weise, wenn der Monkey Mind eine Heimat im Körper finden kann – im Soma, dem physischen System, das tief mit der Erde verbunden ist und von ihr unterstützt wird.

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