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|16|BIN ICH ZU JUNG, UM MICH ZU BINDEN?

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F DU BIST ANFANG ZWANZIG UND ÜBERGLÜCKLICH IN DEINER BEZIEHUNG, HAST DICH NIE ZUVOR SO GELIEBT GEFÜHLT. DEIN FREUND DENKT OFFENBAR EBENSO, HAT ER DICH DOCH GEFRAGT, OB DU DEN REST DEINES LEBENS MIT IHM VERBRINGEN WILLST. DU WÜRDEST MIT FREUDEN JA SAGEN UND WILLST IHN GANZ SICHER NICHT VERLIEREN, ABER DU BIST JUNG UND HAST NOCH NICHT VIEL VON DER WELT GESEHEN. EIN TEIL VON DIR FÜRCHTET, DU KÖNNTEST NIE DIE ERFAHRUNG MACHEN, EINE EIGENSTÄNDIGE PERSON ZU SEIN. SOLLST DU ALLES FESTZURREN ODER DIE NOTBREMSE ZIEHEN UND DIR ZEIT LASSEN, DICH SELBST ZU FINDEN?

„Ich stelle eine allgemeine Regel auf, Harriet: Wenn sich eine Frau im Zweifel ist, ob sie einen Mann erhören soll oder nicht, dann soll sie ihm unbedingt einen Korb geben. Wenn sie noch zögern kann, ob sie ja sagen soll, dann soll sie klipp und klar nein sagen. In den Stand der Ehe sollte man nicht unentschieden und mit schwankenden Gefühlen eintreten. Als Freundin, und als die Ältere von uns beiden, hielt ich mich für verpflichtet, Ihnen dies zu sagen. Aber glauben Sie nicht, dass ich Sie beeinflussen möchte!“

EMMA

A Emma Woodhouse mag ihre Freundin in die falsche Richtung lenken, aber ihr eigentlicher Rat ist gut. Wenn du Zweifel in deinem Herzen trägst, den Antrag dieses reizenden Mannes zum jetzigen Zeitpunkt anzunehmen, so solltest du ablehnen, ihm aber nur sagen (und es ist mir wichtig, das zu betonen), dass du ihn nicht vom Fleck weg heiraten kannst.

|17|Die Art und Weise, wie du ihm das beibringst, gilt es vorsichtig abzuwägen. Du könntest es bedauern, wenn du alles kaputtmachst, und selbst wenn ein neuer Mr. Wonderful auftauchen sollte, wirst du den Rest deines Lebens mit der Frage „Was wäre, wenn?“ verbringen. Jane Austen stand ihrer Nichte, Fanny Knight, beratend zur Seite. Fanny (deren Mutter gestorben war) vertraute sich ihr in Herzensangelegenheiten an. Jane liebte sie innig und sagte ihr in einem Brief: „Du bist unvergleichlich, unwiderstehlich. Du bist die Freude meines Lebens.“5

Jane tat ihr Bestes, um ihr Rat zu geben, sorgte sich aber, sie könnte ihre Nichte in die falsche Richtung beeinflussen, und ihre Briefe zeigen ihr Schwanken, für oder gegen den fraglichen jungen Mann zu sein. Vielleicht dachte Jane daran, als sie die Arbeit an Überredung aufnahm; sie war sich dessen bewusst, dass, was immer sie Fanny sagen würde, dies lebensverändernde Folgen haben konnte: „… was eine Meinung oder einen Rat angeht“, schrieb Jane 1814, „… bin ich sicher, dass sich diesem Brief keiner entnehmen lässt, der etwas wert wäre“. Aber dieser Brief (und nicht nur er) wird nun seit Generationen zitiert. Janes Rat ist grundsolide: „… nichts kommt dem Elend gleich, ohne Liebe gebunden zu sein – an den einen gebunden zu sein und sich zu dem anderen hingezogen zu fühlen, das ist eine Strafe, die Du nicht verdient hast.“


Der Rat von Jane ebenso wie der ihrer Romanfiguren ist dieser: Sag nicht „ja“, bevor du dir nicht wirklich sicher bist. Selbst wenn die Frage von Mr. Darcy kommt, solltest du dir dein „Ja“ vorbehalten, bis alle Zweifel verflogen sind.

|18|Eine von Janes Sorgen war, Fanny habe noch nicht genug vom Leben gesehen und nicht genügend junge Männer kennengelernt, um zu beurteilen, ob der Verehrer der Richtige war – vielleicht bist du in derselben Situation: „Der arme, liebe Mr. J. P.! Oh, meine liebe Fanny! Dein Fehler ist der von tausenden Frauen. Er war der erste junge Mann, der für Dich Gefühle hatte. Darin lag der Reiz, und ein machtvoller dazu.“6


Und: „Wenn ich bedenke, wie wenige junge Männer Du etwas näher zu Gesicht bekommen hast; wie sehr Du fähig bist (ja, ich denke noch immer, Du bist sehr fähig dazu), ernsthaft verliebt zu sein; und wie voller Versuchungen die nächsten sechs oder sieben Jahre Deines Lebens sein werden (es ist die Spanne im Leben, in der sich die stärksten Bindungen entwickeln). Ich kann Dir angesichts Deiner gegenwärtigen Gleichgültigkeit nicht wünschen, dass Du Dich in ehrenvoller Weise an ihn bindest.”

|19|Hüte dich davor, diesem Mann dein Jawort zu geben, nur weil er der Erste ist, der dir etwas bedeutet. Wenn er dich wirklich liebt, wird er dir zugestehen, die Frage aufzuschieben. Tut er das nicht, könnte das ein unterschwelliges Signal sein, dass er ein Tyrann ist. Mr. Darcy fragt Lizzy Bennet ein zweites Mal. Captain Wentworth fragt Anne Elliot (schließlich) ein zweites Mal. Colonel Brandon wartet den richtigen Augenblick ab, bis er weiß, dass Marianne Dashwood für die Frage bereit ist.

Du solltest behutsam erklären, dass du noch nicht bereit bist, dein „Ja“ zu geben, dass du länger gemeinsam (betone das „gemeinsam“) das Leben kennenlernen und dann erst heiraten möchtest. Das sollte dir die nötige Zeit für eine Entscheidung verschaffen.

„Meine liebe Lizzy, ich würde dir ja – ich wünsche dir von Herzen alles Glück –, aber, verzeih die Frage, bist du überzeugt, dass du mit ihm glücklich werden wirst? … Liebst du ihn wirklich genug? Tu alles, was du willst, nur heirate nicht ohne wirkliche Liebe! Bist du sicher, dass dein Gefühl dich nicht trügt?“ „Wirklich und wahrhaftig, Jane!“

STOLZ UND VORURTEIL

Aber sei bei alledem vorsichtig! Du solltest nicht den Fehler begehen, den Anne Elliot erst machte – gib die Beziehung nicht komplett auf, sonst könntest du ihn auf immer verlieren. Es braucht Jahre, bis Captain Wentworth über seinen verletzten Stolz hinweg ist.

Janes Rat wäre der, dass du nicht auf den Rat eines anderen hören solltest – nur auf dein eigenes Herz: „… Du darfst Dich in nichts von meiner Meinung abhängig machen; Deine eigenen Gefühle und keine sonst sollten etwas so Wichtiges entscheiden … Ich wage nicht zu sagen ‚Beschließe, seinen Antrag anzunehmen‘. Das Risiko ist zu groß für Dich, es sei denn, Deine eigenen Empfindungen veranlassen Dich dazu.“7

Als Robert Martin Harriet Smith zum zweiten Mal um ihre Hand bittet, sagt sie sofort ja. Sie braucht Emma nicht zu fragen und ist sich sicher. Vielleicht gibt es da draußen irgendwo irgendjemanden, der einen Roman mit dem Titel Harriet schreibt …

Jane Austens Ratgeber für moderne Lebenskrisen

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